Das muss man sich erst einmal trauen, das alte Jahr enden zu lassen, wie es der Deutschlandfunk getan hat: Mit einer weiteren Zuhörerbeschimpfung. Der Sender hat ebenso wie Spiegel-Online am 31. Dezember 2019 behauptet, die Empörung über die „Umweltsau“ (später auch „Nazisau“) des WDR sei laut Analyse „von rechts“ gekommen. Nun ist daran eigentlich nichts zu bemängeln, es wäre verwunderlich gewesen, wenn sie sich auf linke Kreise beschränkt hätte, aber das Widerliche ist hier die Tendenz, wenn der Deutschlandfunk damit die üblen Beleidigungen und den Altersrassismus und die Hetze gegen alle alten Menschen legitimiert und den WDR-Intendanten Tom Buhrow, der sich zuletzt dafür entschuldigt hatte, in besagtem Artikel auffordert, diese Entschuldigung quasi zurückzuziehen bzw. als Ausrutscher zu werten.
Das Jahr endete also, wie es begonnen hatte: Mit einer Hetze gegen Menschen, die noch klaren Verstandes sind, die sich nicht weiter öffentlich(-rechtlich) und regierungskonform beschimpfen lassen wollen und unter anderem die sozialen Netzwerke nutzen, denjenigen Bescheid zu stoßen, die dafür verantwortlich sind, dass sich die Gräben in der Gesellschaft immer weiter vertiefen.
Diese ziemlich dilettantische Publikumsbeschimpfung des Deutschlandfunks basiert im übrigen auf einer als Analyse bezeichneten Untersuchung, die laut Sender dem Spiegel vorliegen soll. Der Hauptvorwurf, der wohl Kritiker von „Umweltsau“ und „Nazisau“ diskreditieren soll, lautet, die Auswertung der Analyse hätte nahegelegt, dass „die Empörung maßgeblich von rechten Social-Media-Accounts befeuert wurde.“
Angeblich hätten die Tweets zu der Satire zunächst kaum Beachtung gefunden. Das allerdings die Empörung darüber schon Stunden nach Veröffentlichung des WDR-Films zum „Lied“ zum „Shitstorm“ wurde, scheint den „Analysten“ wurscht zu sein. Und was ist das überhaupt für eine lächerliche Aussage: Wäre demnach hier eine Nichtbeachtung ein Indiz dafür gewesen wäre, dass es eben keine rechte Internet-Verschwörung gegen den WDR gegeben hätte? Ist das nur albern oder schon hochnotpeinlich, wenn hier allen Ernstes der Eindruck erweckt werden soll, es handle sich um eine Verschwörung von rechts?
Der „Shitstorm“ sei erst richtig losgebrochen, als erste reichweitenstarke Accounts, „die sich dem rechten Spektrum zuordnen ließen, darauf angesprungen seien.“ Wie selbstentlarvend aber ist das, wenn die Autoren des Deutschlandfunks hier eigentlich nichts anders erzählen, als den überaus positiven Umstand, dass es noch Menschen gibt, die sich empören, wenn etwas so gründlich schief läuft wie beim WDR. Die sind aber jetzt böse Nazis und gehören in Zukunft weg? Dieses „rechte Spektrum“ (gehört die CDU abzüglich Merkel eigentlich auch schon dazu und die FDP um Lindner, die Jungen Liberalen auch?) darf zwar noch irgendwie existieren, aber doch bitte keine Aufmerksamkeit mehr bekommen und und schon gar nicht die Themen setzen.
Weil das beim Deutschlandfunk nun aber alles so entsetzlich dünn und konstruiert ist und wohl auch, um einen weiteren „Shitstorm“ dieses Mal gegen den Deutschlandfunk zu vermeiden, kommt die Relativierung zum Schluss des Artikels. Da wird schnell noch ein Journalist zitiert, der mal klar stellt, dass es keine Verschwörung gegeben habe – „hinter Empörungswellen von Rechten stehe nicht unbedingt eine ausgefeilte Strategie“ – es wäre eher so eine Art Schwarmintelligenz („Masse- und Netzwerkeffekte“).
Ist das nicht herrlich? Da bremst ein Zeuge dieser seltsamen Anklage die These der Verschwörungstheorie innerhalb derselben gleich einmal aus. Aber es gäbe schon ein „rechtes Ökosystem“, sagt der Zeuge weiter, um nun wiederum sich selbst zu relativieren und um nicht der sein zu müssen, der diese wunderbare Verschwörungstheorie des Deutschlandfunks zerstört hat. Ein rechtes Ökosystem? So etwas gibt es? Aber was sollte daran negativ sein? Beziehungsweise was wäre daran verwunderlich? Allerhöchstens doch, dass so ein Pflänzchen innerhalb eines linken und linksradikalen Dschungels überhaupt eine Überlebenschance hätte. Was ist eigentlich rechts? Die CSU? Die CDU ohne Merkel und Entourage? Und was ist böse daran? Der Deutschlandfunk weiß das offensichtlich besser als alle anderen.
Und dann heißt es in besagtem Artikel weiter, dass es doch die etablierten Medien waren, die eigentlich für die Verbreitung der Empörung gesorgt hätten auf die wiederum Politiker aufgesprungen wären. Sicher auch das, aber zunächst einmal sind hier der WDR selbst mit einem Mitarbeiter („Nazisau“) aufgesprungen und der Intendant mit einer großspurigen – und wie wir heute leider wissen – scheinheiligen Entschuldigung. Ein weiterer Zeuge des Deutschlandfunks warnt gleich mal die etablierten Medien für 2020, wenn er denen vorwirft, sie würden „eine „trolllastige Kommunikation“ in den sozialen Medien häufig für wahre Empörung“ halten.
Wenn man also denkt, es geht kaum schlimmer, kommt der Deutschlandfunk daher und machst sich unwidersprochen gemein mit der These, es gäbe eine wahre und eine unwahre Empörung. Die einzig wahre und legitime Empörung ist dann wahrscheinlich analog zur Merkel-Neujahrsansprache nur noch die von kleinen Mädchen über einen menschengemachten Weltuntergang, der uns kurz bevorsteht.
Ein weiterer Blogger wird zitiert, der sich gegenüber den Deutschlandfunk-Nachrichten ebenfalls überrascht zeigt, „wie einfach es der (kleinen) rechten Blase erneut gemacht wird, ihre Narrative mit den bekannten Strategien digital weit zu verbreiten.“ Es ist so lächerlich, dass es zum Himmel stinkt. Aber es geht hier nicht nur um Lächerlichkeiten, bedenklich ist hier vielmehr die Dreistigkeit, mit der an Verschwörungstheorien gestrickt wird, nicht etwa im hintersten Winkel irgendeines linksradikalen Darknet, sondern schon direkt beim Deutschlandfunk.
Am schönsten der Schluss, wenn auch noch eine „Umweltsau“ – jedenfalls dem Alter nach – vorgeführt wird, die also vielleicht Abbitte leistet für ihre Sauereien: Der Uralt-FDPler und frühere Bundesinnenminister Baum wirft dem WDR-Intendanten vor, er hätte als Opfer einer Empörung („eines Shitstorms“) nun den Fehler gemacht, „eine legitime Satire als Fehler zu bezeichnen und sich dafür zu entschuldigen.“
Baum wer? Jedenfalls nicht jener Baum, der beispielsweise der ZEIT zur Seite gesprungen wäre, als die Wochenzeitung sich dafür entschuldigen musste, dass eine Autorin es wagte, kritisch über die Seenotrettung im Mittelmeer zu schreiben. Ist er nämlich nicht. Darüber empörten sich andere.
Und der Intendant des WDR wittert also Morgenluft und Tom Buhrow spricht von einer Kontroverse, „die anfangs nur den Sender betroffen habe.“ Geht es eigentlich noch perfider, wenn es jetzt so aussehen soll, als wäre Oma als „Umweltsau“ nur ein interner Witz gewesen im Intranet, also im internen Netz für WDR-Mitarbeiter, der nur von bösen Nazis ans Licht und hin zum Shitstorm gezerrt wurde?
Nein. Der Kommentator vom Westfalenblatt hat recht: „(…) Und heute? Muss es wieder „Wehret den Anfängen!“ heißen? Was bedeutet es, wenn die Großmutter als „Umweltsau“ bezeichnet wird, SUV-Fahrer von Klima-Aktivisten an der Weiterfahrt gehindert und grüne Hausnummern für „nachhaltige Lebensweise“ verteilt werden? Eine Gruppe der Gesellschaft (Großeltern und SUV-Fahrer) wird von einer anderen Gruppe (selbsternannte Klimaschützer) als schädlich definiert und stigmatisiert. Das sind Ansätze von Faschismus, nicht mehr und nicht weniger. Wer solche Vorfälle als harmlos abtun will, hat von der Entwicklung dieser Gesellschaft nicht viel verstanden, will es nicht verstehen oder begrüßt diese Entwicklung. Der WDR muss diesen Skandal vollständig und transparent aufklären. Wie konnte es zu diesem Lied kommen? Wer hat es geschrieben? Und wer ist für Aufnahme und Ausstrahlung verantwortlich? Da reicht keine läppische Twitter-Botschaft. Und auch keine Entschuldigung des Intendanten.“
Ebenfalls dieser Kommentar in der Morgenpost: „(…) Dreist ist, was wir in sozialen Netzwerken dieser Tage immer wieder erleben: Dass Kritik allzu pauschal als „Angriff von rechts“ abgetan wird. Übrigens gern von jenen Menschen, die sonst nicht müde werden zu betonen, es gebe im Land selbstverständlich Meinungsfreiheit, man müsse aber eben auch Widerspruch aushalten. Richtig. Dann muss man bitte aber auch den Widerspruch aushalten, wenn er sich gegen das eigene Anliegen richtet.
Es zeigt doch eher, dass Kritikern die Argumente ausgehen, wenn legitimer Widerspruch als „rechts“ und „AfD“ diffamiert wird. Auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) kritisierte den WDR und musste sich als „rechter Troll“ beschimpfen lassen. Was soll das? (…)“
Buhrow sagt, was jetzt zu erleben sei, würde Erschreckendes über den Zustand in unserem Land sagen. Zur Sicherheit sei es hier erwähnt: Buhrow meint nicht, wofür er sich entschuldigt hat, er meint den Protest dagegen. Er sollte sich schämen – noch über den Jahreswechsel hinaus.