Gerade erst hatte der Moderator Thomas Gottschalk im Windschatten eines viel größeren Shitsturms ein paar Brocken abbekommen, als er sich in einer nur von Herkunftsdeutschen besetzten Talkshow für die Beibehaltung des Begriffs „Zigeunersauce“ ausgesprochen hatte und u.a. davon erzählte, dass er sich mit schwarzbemalten Gesicht mal als Jimmy Hendrix verkleidet mit den Problemen von Rassismus beschäftigt hätte.
Diesen Auftritt empfanden manche als Ärgernis. Aber anstatt sich für den Moment mit polarisierenden Äußerungen zurückzuhalten, nahm sich der 70-Jährige auf der in Deutschland gerade stark angesagten Plattform „Clubhouse“, einer Audio-App mit Talkshow-Anleihen, die Öffentlich-Rechtlichen vor, jene per Zwangsgebühren finanzierte Institution, die Gottschalks Prominenz ebenso wie seinen Wohlstand ermöglicht hat. Die Zuschauer und Zuhörer nehmen solches dankbar an.
Und schon brach es aus dem bisher zwar für seine mitunter flapsige Schnauze, aber doch nicht für Brandreden bekannten Prominenten heraus – eine Brachialkritik am öffentlich-rechtlichen Fernsehen:
„Wir senden uns hier in einem Verwaltungsmoloch zugrunde, wo die Anstalten sich gegenseitig nicht das Schwarze unter den Nägeln gönnen. (…) Ich bin der Meinung, dass es jetzt Corona-Stäbe gibt, die schon Angst davor haben, dass die Seuche in den Griff zu kriegen ist, weil dann sämtliche Krisenstäbe eingestampft werden. Sowas können sie.“
„Sie sind ja nicht mal in der Lage ihre eigenen Programme zu promoten, ins Fenster zu stellen, weil dann der MDR sagt: Moment, wir senden gegen den SWR im Dritten. Die treten sich gegenseitig auf die Füße, da ist kein Gesamtmanagement dahinter. (…) Ich bin voll heiligem Zorn, was die Chancen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens betrifft und wie wenig daraus gemacht wird. Und wenn man jetzt nach 50 Jahren sagt, wir lernen ja dazu – dann muss ich sagen, das hat wirklich gedauert.“
Und weil es so schön war, sprach Gottschalk dem Zwangsgebührenfernsehen im Verlauf der Clubhouse-Runde gleich mal fast ganz dessen Existenzberechtigung ab, die Zukunft der ARD sei Radio, da gäbe es noch „geniale Beiträge“ und „unglaublich tolle Features“. Das sei im übrigen auch der „öffentlich-rechtliche Auftrag“.
Aber wir dürfen nicht undankbar sein: Erst so einer eigentlichen Illoyalität ist es ja zu verdanken, wenn mal ein paar Wahrheiten gesagt werden. Und in diesen lauten Wahrheiten ist Thomas Gottschalk dann wieder der Mann von der Straße, für den er so lange den Samstagabend-Unterhalter gegeben und die große weite Welt – freilich auf Gebührenzahlerkosten – nach Gelsenkirchen ins Wohnzimmer gebeamt hatte.
Weniger als eine halbe Stunde später um 19:38 Uhr war der Spuk vorbei und Gottschalk wieder aus dem Clubhouse entschwunden. Der neuen App dürfte es jedenfalls genutzt haben, mal sehen, ob es da demnächst in den Pausen Gummibärchen regnet.