Die Sea-Watch-4 des EKD-Chefs Heinrich Bedford-Strohm operiert seit ein paar Tagen und unter großem, Spenden generierendem Mediengetrommel vor der libyschen Küste. Sie lockt offensichtlich nicht nur Schlepper und ihre maroden Schlauchboote auf die offene See, auch weitere Organisationen fühlen sich animiert vom Treiben des unter deutscher Flagge fahrenden Schiffes, so wie das kleinere private Schiff „Louise Michel“.
Mittlerweile sollen sich bereits über zweihundert Menschen an Bord der Sea-Watch-4 befinden. Aber noch ist Platz, das Schiff soll für deutlich mehr Passagiere ausgelegt sein. Der Twitter-Account der privaten Sea-Watch-Organisation ist rege aktiv und meldet allerlei Bewegungen und Aktionen des Schiffes.
Aber was jetzt durch die medienbewusste, Spenden sammelnde Nichtregierungsorganisation (NGO) via Twitter erzählt wird, ist zum einen eine sehr traurige und Mitgefühl verlangende Geschichte, aber auch eine, die wütend machen kann, so man sich genauer überlegt, wie sie eigentlich zustande gekommen ist. Die Betreiber des Schiffes und ihr Initiator Bedford-Strohm haben eine hohe Verantwortung übernommen und jetzt möglicherweise bereits Schuld auf sich geladen:
Ignorieren wir mal die Gefahr so einer Operation auch für das bergende italienische Team – so etwas gehört ja zu deren täglichem Geschäft im viel trainierten Job – und fragen, warum der Afrikaner als Notfall und unter diesem ungewöhnlichen Aufwand in ein Krankenhaus gebracht werden muss.
Warum?
Die Sea-Watch-NGO teilt per Twitter und samt Foto der betroffenen Person auf der Rettungsbahre mit, warum der junge Mann schnellstens und auf diesem ungewöhnlichen Weg ins Krankenhaus verbracht werden muss: „Er hat schwere Treibstoffverbrennungen und wurde vom #MSF Team an Bord behandelt, muss nun jedoch in ein Krankenhaus an Land.“
Ganz klar muss in so einer Situation schnell gehandelt werden. Und der junge Mann hätte ganz sicher in Libyen nicht die gleichen Möglichkeiten einer Behandlung gehabt, er hat also Glück, dass die Sea-Watch vor Ort war und ihm jetzt helfen konnte.
Aber das ist leider nur die halbe Wahrheit. Denn die via Twitter so mitteilsamen selbsternannten „Seenotretter“ die im Auftrag des Bischofs aus Deutschland vor der libyschen Küste unterwegs sind, teilen auch mit, warum dieser Mann in dieser lebensbedrohlichen Situation ist. Dort heißt es:
„Treibstoffverbrennungen kommen häufig bei Menschen, die das Mittelmeer in Schlauchbooten überqueren, vor. Die chemischen Verbrennungen entstehen durch die hoch ätzende Mischung aus Benzin & Salzwasser. Solche Wunden sind oft schmerzhaft & mit hohem Infektionsrisiko verbunden.“
Ja, das klingt furchtbar. Ja, das wünscht man niemandem. Und ja, da muss sofort geholfen werden, so man Hilfe leisten kann.
Aber die entscheidende Frage ist hier eine ganz andere! Und die Antwort darauf ist mit einem hohen Empörungspotential ausgestattet. Tatsächlich nämlich sind diese massiven Verletzungen (Verbrennungen) nicht Folge etwa irgendwelcher Verfolgungen in Libyen selbst, vor denen die Seeleute des Bischofs die Geschunden nun etwa gerettet hätte.
Und da diese Schlauchboote mit einem Motor aufs Meer gefahren werden – es ist schon passiert, das diese Motoren aus Kostenersparnisgründen von einem Begleitboot auf hoher See wieder demontiert und für das nächste Schlauchboot verwendet wurden – da diese Schlauchboote also motorangetrieben waren und ggf. Sprit nachgefüllt werden musste direkt an Bord, kam es zu Berührungen mit der Haut der Passagiere, die Haut wurde zusätzlich mit Salzwasser kontaminiert und es kam also zu den schweren Verätzungen auf dem Weg über das Meer im Schlauchboot zur Sea-Watch-4.
Fakt ist nun: Es wäre zu diesen mitunter lebensbedrohlichen Verletzungen (Infektionsrisiko) samt aufwendiger möglicherweise riskanter Bergung (je nach Wetterlage) ohne die Anwesenheit des Schiffes des Bischofs überhaupt gar nicht gekommen. Auch das gehört zur Wahrheit des sich für ihre „Seenotrettungen“ gerne selbst bejubelnden Sea-Watch-4-Teams und ihre Bischofs dazu. Es muss eben neben der zu befürchtenden Zunahme der Zahl Ertrinkender offensichtlich sogar noch mit einer Anzahl Verletzter und Schwerverletzer unmittelbar durch diesen Menschentransfer gerechnet werden.