Sarajuddin Rasuly hält sich nicht zurück mit seinen Aussagen über seine früheren Landsleute. Er ist in Afghanistan geboren, lebt aber seit vierzig Jahre zunächst in Deutschland und dann in Österreich und ist dort mittlerweile eingebürgert. Über die Lage in Afghanistan informiert er sich zwei mal jährlich auf Reisen dorthin. Der promovierte Politikwissenschaftler wird in Österreich regelmäßig als Sachverständiger vor Gericht eingeladen. Er spricht die afghanischen Landessprachen Dari, Farsi, Paschtu und Usbekisch fließend. Zuletzt gab er österreichischen Zeitungen ein Interview, das über die Grenzen des Landes hinaus für Aufmerksamkeit sorgte.
Trauriger Anlass für diese klaren Worte war der Tod eines jungen Mädchens, das von mehreren Afghanen erst vergewaltigt, dann erstickt und an der Straße abgelegt wurde wie ein Gegenstand – Bundeskanzler Sebastian Kurz hatte sich dazu wütend geäußert und Konsequenzen angekündigt.
Rasuly ist sich im Gespräch mit TE sicher, dass es die Deutschen und Österreicher auch in Zukunft mit den Afghanen nicht leicht haben werden. Die Bemühungen müssten noch mehr gesteigert werden, auch diese Gruppe zu integrieren. Er erzählt, dass die meisten Afghanen als Analphabeten kommen und viele von ihnen schon unterwegs kriminell geworden sind. Seiner Erfahrung nach sind die Afghanen häufiger kriminell als andere Migranten, sie können sich viel schlechter anpassen. Will man dagegen etwas tun, wäre das sehr viel Arbeit.
Rasuly gilt als einer der profundesten Afghanistan-Kenner in Österreich. Es wurde ein sehr ausführliches Gespräch, in dem auch nach eineinhalb Stunden noch lange nicht alle Fragen beantworten waren. Es besteht Gesprächsbedarf.
Rasuly berichtet über seine Erfahrung mit Deutschen und Österreichern – er studierte zunächst in Deutschland und kam erst später nach Österreich. So ist ihm aufgefallen, dass Deutsche ihre Freunde viel öfter nach Haus einladen, während man sich in Österreich mit seinen Freunden lieber in öffentlichen Café-Häusern treffe. Die Österreicher hätten sehr lange im Zustand der Glückseligen gelebt, die Zuwanderung war für sie eine noch größere Herausforderung als für die Deutschen, „sie mussten sich an die fremden Gesichter erst gewöhnen.“
Rasuly spricht über junge Afghanen, die Straftaten begehen. Das Benehmen dieser Männer gegenüber österreichischen Behörden sei oft schlecht. Diese Respektlosigkeit ärgert ihn sehr. Die jungen Leute verstehen einfach nicht, dass sie beispielsweise für ein paar Gramm Haschisch in Untersuchungshaft kommen. Aber in Afghanistan sei das noch viel schlimmer, wenn man in die „Fänge der Gerichte“ kommt.
Die Afghanen sind mit großen Vorstellungen nach Europa gekommen, auch aufgrund der Erzählungen der Schlepper über das, was sie dort alles haben würden. Sie würden sofort anerkannt, sie bekämen Wohnungen, Geld, Mädchen, berichtet Rasuly. „Dann dauert es aber Monate, bis überhaupt das Asylverfahren abgeschlossen ist, oft mit negativem Ergebnis. Gegenüber den vollkommen überzogenen Vorstellungen ist es für viele, als seien sie in der Wüste gelandet.“
In diesen Kursen säßen verschiedene Kulturen zusammen, einige hätten Abitur, andere sind Analphabeten, dass müsse man unbedingt besser trennen, wenn man damit erfolgreicher sein will, sagt Rasuly. „Der Syrer, der Gebildete, der drei Sprachen kann, der wird in drei Monaten schon die ersten Seiten lesen können, der Afghane hingegen sitzt dann immer noch im Alphabetisierungskurs. Die Sprache aber ist das Hauptmerkmal der Integration.“
Und die häufigen Vorfälle mit Messern? Auf der Balkanroute oder der ukrainischen Route oder der Afrikaroute, so Rasuly, müssten afghanische Migranten lernen, sich mit einem Messer zu schützen – und dann legen sie es nachher nicht mehr ab. „Es ist eine leicht zu tragende, leicht zu habende Waffe. Wenn man Straftäter bei Gericht fragt, warum sie zugestochen haben, sagen manche, sie wollten das Opfer nicht verletzen, sie wollten ihm nur ein bisschen Angst machen mit dem Messer. Das höre ich oft. Aus der anfänglichen Schutzfunktion ist eine tödliche Waffe geworden.“
Rasuly erzählt von Straßen in Serbien, also auf der Zuwanderungsroute nach Europa, auf denen sich junge männliche Afghanen prostituieren, um ihre Schlepper bezahlen zu können. „Wer damit den Schlepper nicht bezahlen will, der muss Diebstahl begehen. Und mit der Zeit kommen sie auch mit Drogen in Berührung. Da kommt dann die Beschaffungskriminalität hinzu.“
Er erinnert aber auch an die, die „brav sind und gut angekommen“, wie er sagt, aber auch diese Leute würden weiter in ihren Kulturen, in ihren eigenen vier Wänden und Traditionen leben. Integrationsbemühungen dürften da nicht aufhören. Diese Migranten müssten noch mehr mit der österreichischen Kultur Bekanntschaft machen, hier zu stoppen wäre ein Fehler. „Ich habe den Begriff Toleranz gelernt. Das kennen die Orientalen nicht. Auch der beste und bemühteste Orientale, der schon fünf Jahre hier ist, kennt das nicht. Er muss das aber lernen hier.“
Rasuly erinnert während des Gespräches mehrmals an den Jahrzehnte andauernden Krieg in Afghanistan, der das Aggressionspotential der Afghanen so stark hat ansteigen lassen. Die Leute seien „streitsüchtig“. Und: Afghanistan hat mindestens zehn Millionen Abhängige von harten Drogen wie Opium und Heroin. Selbst die Taliban sorgten da mittlerweile „für eine gewisse Ordnung, dass die Leute nicht machen können, was sie wollen.“
Wenn diese Leute dann nach Europa kämen, würden sie nicht verstehen, dass hier auch eine Ordnung herrscht. „Sie verstehen lange nicht, wie das alles hier funktioniert, sie verstehen nur, dass sie frei sind.“ In dem Land aus dem sie kommen, in Afghanistan „tragen 70 Prozent der Frauen Vollverschleierung, fast 28 Prozent Kopftuch, nur etwa zwei Prozent der Frauen in der höheren Gesellschaft lassen in gepanzerten Autos und in modernen Hotels das Kopftuch ganz fallen. „Einige junge Afghanen würden hier sehr schnell ihre Scheu verlieren, erzählt Rasuly, „Aber sie können nicht mit dieser Freiheit umgehen. Sie brauchen eine Weile, zu verstehen, dass Frauen hier kein Freiwild sind, sondern selbstbewusste Menschen, die sich zu verteidigen wissen, mit den Mitteln des Rechtsstaats, aber auch mit der Gleichberechtigung und der Emanzipationsfrage.“
Was konkret sollte, so fragen wir, getan werden, um die zu integrieren, die hier sind und denen keine Abschiebung droht: „Es muss über die Sprache gehen. Und gerade für Menschen aus so unterentwickelten Ländern wie Afghanistan sollte man Sonderprogramme gestalten und diese über einen längeren Zeitraum anwenden, damit sie lernen können. Wenn sie sich dann verständigen können, ist es wichtig, im Anschluss schnell einen Ausbildungsplatz anzubieten.“
Erst Gesetzesverschärfungen und eine Reihe von Abschiebungen hätten in Österreich dafür gesorgt, dass weniger Afghanen kriminell wurden. Anders gehe es nicht. Die jungen Afghanen würden jetzt schneller versuchen, Deutsch zu lernen, eine Berufsausbildung zu finden und eine Arbeit.
Ja, es hätte sich grundsätzlich schon etwas geändert im Vergleich zu früheren Jahren. Aber die Muslime dürften die Europäer nicht mit einem Fundamentalismus aus den Moscheen heraus belasten, sagt Rasuly: „Es muss verhindert werden, dass hier Terrorzellen gegründet werden. Es werden sehr viele junge Menschen in den Moscheen zum IS ausgebildet. Wenn die Menschen erst einmal hier angekommen sind, kann man sie nicht so schnell wieder los werden. Sie leben hier, sie bleiben auch hier. Ihre Kinder wachsen hier auf, sie werden Deutsche, sie werden Österreicher. Und man kann diese Leute nicht einfach von hier wegtreiben.“
Das ermordete Mädchen Leonie ist in Österreich – ganz anders als bei solchen Gewalttaten in Deutschland – ein zentrales Thema, zu dem sich von Bürger bis Bundeskanzler viele mit klaren Worten der Forderung nach Folgen äußern.
Diese Diskussion bleibt auf der Tagesordnung und verschwindet nicht wieder schnell wie in Deutschland. Auf der parteipolitischen schon allein deshalb, weil Migration für die Neue Volkspartei von Sebastian Kurz ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal in der türkis-grünen Koalition ist.