Die gesetzliche Krankenversicherung DAK-Gesundheit hat jetzt erstmals aus ihrem schon seit Jahrzehnten jährlich erscheinendem Gesundheitsreport einen Psychreport entkoppelt, der von jetzt an ebenfalls jährlich erscheinen soll. Ein Grund: Zu gravierend waren wohl die Auffälligkeiten der psychischen Erkrankungen in den vergangenen zehn Jahren.
Bei DAK-Gesundheit sind 5,6 Millionen (Stand März 2020) Menschen versichert, also hat eine solche Erhebung Aussagekraft. TE hatte zuletzt schon Alarmierendes berichtet über Depressionen als Folge der Corona-Maßnahmen-Politik auf Basis eines „Deutschland-Barometer Depression 2021“, erstellt von der Stiftung Deutsche Depressionshilfe auf Basis einer Befragung von über 5.000 Personen. Jetzt also von der DAK eine Auswertung auf Basis der Daten einer der größten gesetzlichen Krankenversicherungen des Landes.
Die erste Erkenntnis hier: Die Zunahme der psychischen Erkrankungen ist schon seit Jahren ein Thema. Besorgniserregend ist neuerdings die durchschnittliche Falldauer, die sich von 2019 auf 2020 deutlich erhöht hat um 4,4 Fehltage. 2020 lag die Falldauer bei einer psychischen Erkrankung auf dem Allzeithöchststand von 39 Tagen. „2020 gab es (…) eine deutliche Zunahme der Fallzahlen bei den langen und länger dauernden Krankschreibungen.“
Um welche psychischen Erkrankungen handelt es sich 2020 im Speziellen? Die DAK registriert insbesondere eine „Dominanz der Fehltage durch neurotische Störungen (z.B. Ängste) und affektive Störungen (z.B. Depressionen).“
Deutlich überpräsentiert sind hier Frauen, ihr Krankstand liegt 2020 fast durchgehend um zwei Drittel über dem ihrer männlichen Kollegen. Besonders betroffen sind hier die im Gesundheitswesen tätigen Frauen. Nach Bundesländern verzeichnen das Saarland, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Hamburg die meisten Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen.
Die DAK-Gesundheit hat auch die letzten zwanzig Jahre unter die Lupe genommen, was die Verschiebungen der Kranktage nach Krankheiten insgesamt betrifft. So sind Erkrankungen des Kreislaufsystems gefolgt vom Verdauungssystem am erfolgreichsten zurückgedrängt worden, während psychische Erkrankungen stark zugenommen haben.
Schauen wir uns exemplarisch Bayern an, dann sind die Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund von psychischen Erkrankungen auf je 100 Versicherte von 221,1 (2019) auf 228,9 (2020) angestiegen. Hier sind die Krankschreibungen (auf 100 Versicherte) allerdings von 6,3 in 2019 auf 5,8 in 2020 gesunken, letztere sind aber viel länger krankgeschrieben als noch im Vorjahr 2019, die Fehltage sind im Ganzen angestiegen.
So ergibt sich folgendes Bild: Betrachtet man die Entwicklung der psychischen Erkrankungen von 2010 bis 2020, ist ihr Anstieg tatsächlich erschreckend. Der Anstieg von 2019 auf 2020 in den DAK-Erhebungen ist verglichen mit dem Barometer der Depressionshilfe eher moderat.
Als Grund dafür könnte man mutmaßen, dass eine Reihe von psychischen Erkrankungen, die von belastenden Arbeitsituationen herrühren, ausfallen, bzw. eine Reihe von Erkrankten gar keine Krankschreibung mehr benötigt oder meint im Home-Office oder in der Kurzarbeit diese nicht mehr zu benötigen. Noch einmal aussagekräftiger und möglicherweise noch alarmierender dürfte daher der Psychreport im kommenden Jahr werden. Für die Beurteilung der Entwicklung der psychischen Erkrankungen unter dem Eindruck der Pandemie ist der Fokus der DAK im Psychreport 2021 auf die letzten zehn Jahre sogar eher hinderlich, hier sind die Auswertungen der Deutschen Depressionshilfe tatsächlich erste Wahl.
Sollten Sie das Gefühl haben, dass Sie Hilfe benötigen, kontaktieren Sie unbedingt die Telefonseelsorge. Unter der kostenfreien Rufnummer 0800-1110111 oder 0800-1110222 bekommen Sie Hilfe von Beratern, die Ihnen Hilfe bei den nächsten Schritten anbieten können. Hilfsangebote gibt es außerdem bei der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention. Im Netz gibt es – Beispielsweise bei der Stiftung Deutsche Depressionshilfe – auch ein Forum, in dem sich Betroffene austauschen können.