Tichys Einblick
Im alten Gewerbe

Prostituierte unter Corona-Arbeitsverbot: gestrandet, mittellos, untergetaucht, vergessen

Wie sieht die Situation von hunderttausenden Prostituierten ohne Einnahmequellen aus? Ein Gespräch mit der Pressesprecherin der Braunschweiger Polizei ergibt dann allerdings, dass Prostitution in Deutschland seit Ende Mai per Gerichtsurteil sogar wieder erlaubt ist. Allerdings „ausschließlich als Hausbesuch“.

Wissen Sie, wieviele Männer täglich zu einer Prostituierten gehen? Das Familienministerium nannte mal eine Zahl für Deutschland, die rein rechnerisch und bezogen auf die hier infrage kommende Alterskohorte deutlich zu viel sein muss: Da ist von 1,2 Millionen Männern pro Tag die Rede. Eine Zahl, die schon seit Jahrzehnten kursiert, ohne irgendwann deutlich nach unten korrigiert worden zu sein. Und das bezogen auf geschätzte 400.000 anschaffende Prostituierte.

Aber selbst da ist man sich nicht so sicher, es gibt auch Organisationen und Institutionen, die von nur 200.000 Frauen sprechen, die dieser Tätigkeit angeblich nachgehen. Umgesetzt werden soll dabei jährlich eine Summe im zweistelligen Milliardenbereich. Übrigens fast ausschließlich im Bargeldverkehr. Auch das eine interessante Komponente der aktuellen Diskussion um die Abschaffung der Prostitution, die gerade eine Reihe von Abgeordneten der Koalition aufgebracht haben. Wenn man den Bargeldverkehr irgendwann verbietet, hätte man auch maximale Einsichten über Huren und Freier.

Aber darum soll es hier nicht gehen. Auch nicht darum, ob Prostitutionsverbote wie beispielsweise in Schweden, wo Freier unter Strafe gestellt werden, Huren aber nicht, einen Kriminalitätsanstieg verursacht haben. Und wenn ja, welchen. Und wo sich Fälle von Erpressungen gegenüber den Freiern mehren sollen, von einer mutmaßlichen Zunahme der Beschaffungskriminalität von drogensüchtigen Ex-Huren ohne Einnahmen einmal ganz abgesehen.

Nein, darum soll es hier nicht gehen. Viel mehr um das aktuelle Berufsverbot für Prostituierte im Rahmen der Corona-Prävention, wo es doch eine Reihe von Pflegeberufen gibt, die schon wieder ihre Pforten öffnen dürfen, obwohl auch hier ein direkter Körperkontakt notwendig ist, wie auch bei Massagen oder Physiotherapien.

Wovon aber leben Prostituierte während des Arbeitsverbotes, die ja mehrheitlich aus dem Ausland kommen und großteils trotz einer Legalisierung der Prostitution lieber unangemeldet arbeiten?

Exemplarisch hat sich TE im niedersächsischen Braunschweig an jenen Plätzen umgesehen, wo Prostitution sonst legalisiert stattfindet. Die Stadt an der Oker verfügt über eine der ältesten Laufstraßen zu diesem Zwecke. Berichte über die Bruchstraße reichen sogar Jahrhunderte zurück.

 

Und es scheint hier, als hätte sich auch optisch wenig verändert: Diese Straße mit ihren bis zu dreistöckigen schmalen butzigen Fachwerkhäusern ist in Deutschland einzigartig. Selbst die historische Hamburger Herbertsraße oder ihr Pendant in Bremen fallen demgegenüber deutlich ab. Nicht ohne Grund schielen hier schon länger Immobilienspekulanten und Betreiber einiger umliegender Geschäfte auf diese Filetstücke im Stadtkern. Immer wieder wurde hier mit Kampagnen der Versuch unternommen, diese Straße von der Prostitution zu lösen, an einem Eingang hat sich sogar schon ein hässliches viele Stockwerke hohes Haus der Öffentlichen Versicherung breitgemacht, wo vorher ein Rotlicht-Cabaret ansässig war. Die Damen und Herren von der Versicherung können jetzt von oben auf die Hurenstraße schauen, wo es solche Indiskretionen aus gutem Grunde vorher nicht gegeben hat.

Anfang Juni scheint die Sonne am Vormittag auf das alte Kopfsteinpflaster der Bruchstraße. Die bunten Häuschen mit den Lichtreklamen und den Wandmalereien sparsam bekleideter Frauen sehen so noch bunter aus. Eine Seite der Häuser im Licht, die andere im Schatten. Aber die Schattenseite des Gewerbes ist gerade schwer auszumachen. Wo ansonsten schon einige Männer als potentielle Freier oder nur aus Voyeurismus auf und ab gehen oder wo sonst auch eine Handvoll Dealer mit Kokain und anderen Substanzen vor den großen eisernen Sichtschutztoren auf Kunden warten, herrscht Totenstille.

Irgendwo öffnet sich dann aber doch noch eine der Schotten genannten bodentiefen Fenster und drei Frauen berichten nach Vorlage des Presseausweises des Fragestellers in gebrochenem Deutsch von ihrer besonders schwierigen Lage.

Mehr als ein dutzend Frauen seien in Braunschweig alleine auf dieser Straße „hängengeblieben“, die Besitzer der kleinen Häuser, die noch bewohnt sind, würden aktuell keine Miete fordern. Zuletzt sei eine Fangemeinschaft von Eintracht Braunschweig erschienen, die hätten Tische aufgestellt und alle Frauen zu einem Essen eingeladen, das sogleich aus den umliegenden Geschäften herangeholt wurde. Das wäre sehr freundlich gewesen.

Wie Fußball und Prostitution hier zusammengehen, ist für Außenstehende nicht leicht zu verifizieren. Es muss in Braunschweig etwas mit Traditionen zu tun haben, so machte der Verein in der Sache schon mal auf sich aufmerksam, als Fans anlässlich eines Fußballspiels warnend Richtung Immobilienspekulanten ein großes Banner in die Fernsehkameras hielten mit der Aufschrift: “Fickkultur muss bleiben – Nutten nicht vertreiben.“

Wer versorgt die Frauen in der Not über diese einmalige Hilfe hinaus? Ein Pressesprecher der Stadt Braunschweig ist bereit, auch darüber ausführlich Auskunft zu erteilen:

„Grundsätzlich“, so schickt der Sprecher voraus: würden Sozialarbeiterinnen des Gesundheitsamtes betroffene Frauen nach Möglichkeit beraten und unterstützen „etwa bei der Antragstellung auf Arbeitslosengeld II („Hartz IV“). Es sind einige Anträge gestellt worden. Dies gestaltet sich aber schwierig, da den Frauen zumeist Voraussetzungen wie Meldebescheinigungen, Versicherungen bei einer Krankenkasse oder ein eigenes Bankkonto fehlen.“ Erschwerend hinzu käme die Angst vor einer damit verbundenen Meldung beim Finanzamt. „Durch das Erfassen personengebundener Daten befürchten die zumeist aus dem Ausland stammenden Frauen, dass ihre Tätigkeit in ihren Heimatländern bekannt wird.“

Auf die Frage, wie diesen Frauen denn dann konkret geholfen wird, heißt es:

„Finanzielle Unterstützung erhalten die Frauen nach Kenntnis der Stadtverwaltung bislang nicht. Verschiedene Braunschweiger Initiativen wie „Schrill e.V.“ und die „Braunschweiger Tafel“ helfen ihnen mit Lebensmitteln. Auch die Spenden am „Gabenzaun“ werden von den mittellosen Frauen genutzt.“

Vor Ort in Augenschein genommen existiert dieser Gabenzaun in der Innenstadt allerdings nicht mehr. Im Gespräch mit einem Unternehmer in einem Geschäft, das diesem Gabenzaun direkt gegenüberliegt, berichtet der, dass der Zaun schon seit Wochen nicht mehr da sei. Das hätte auch nicht richtig funktioniert, denn da hätte oft dieselbe Gruppe gewartet und gleich alles aufgeladen auf Fahrradanhänger und in große Taschen, was da zu Essen oder an Bekleidung gerade gebracht bzw. gestiftet worden sei.

Der Geschäftsmann verweist aber auf eine Alternative ein paar hundert Meter weiter in der Nische an einer alten Kirchenwand. Hier hat eine Gruppe mit osteuropäischem Akzent gerade ihre Taschen vollgepackt, während ein offensichtlich ebenfalls bedürftiger aber scheuer Rentner heute leer ausgeht. Außer ein paar älteren Bekleidungsstücken ist hier nicht mehr viel zu holen. Ein paar traurig aussehende Pfirsiche in Plastikschale sind übergeblieben, die sind aber schon deutlich unansehnlich und so matschig wohl kaum noch zu transportieren, so sie dennoch jemand nehmen mag. Nein, auch für Huren ist hier nichts Nennenswerstes zu holen.

Ein Telefonat mit einem Geschäftsführer eines der großen so genannten Laufhäuser im Ruhrgebiet bringt weitere Details über die Situation im Bundesgebiet an den Tag: Dort seien alle Huren offiziell angemeldet. Und etliche von ihnen hätten dank Unterstützung bei den Anträgen sogar eine Überbrückung von mehreren tausend Euro erhalten. Da aber geschätzt nicht einmal zehn Prozent der Huren offiziell tätig sind, betrifft das die allerwenigsten, die andere müssen sehen, wo sie bleiben.

Wie viele Personen betrifft das faktische Arbeitsverbot für Prostituierte in Braunschweig, geht die Frage wieder an den Sprecher der Stadt:

„Aktuell gibt es etwa 350 in Braunschweig gemeldete Prostituierte, deren Anmeldungen noch gültig sind. Allerdings handelt es sich um Personen, welche ihren Tätigkeitsort sehr oft wechseln.“

Tatsächlich pendeln sonst viele der Huren im Land oder sogar im Bundesgebiet – wohl, damit den örtlichen Freiern eine größere Angebotsbreite suggeriert wird.

Weiterhin in Braunschweig aufhalten würden sich davon aktuell etwa 30-50 Prostituierte. „Es ist jedoch zu bedenken“, ergänzt ein Sprecher der Stadt, „dass nicht alle Personen diese Tätigkeit im Haupterwerb ausüben.“

Etwa zwanzig Frauen lebten derzeit kostenfrei in von den Betreibern zur Verfügung gestellten Unterkünften ohne eine weitere Einnahmequelle. „Sie stammen zum großen Teil aus dem europäischen Ausland und sind zur Zeit komplett mittellos.“

TE will wissen, wie diese Personen ihren Lebensunterhalt sichern. Was weiß man darüber?

„Die Situation erfordert es, dass sich die Frauen privat Geld leihen. Sie sind auf o.g. Lebensmittelspenden angewiesen. Eine angemessene Grundversorgung wird dadurch aber nicht gewährleistet.“

Wie viele Prostituierte werden hier auf welche Weise finanziell unterstützt?

„Die wirklich bedürftigen, mittellosen Frauen können aus Coronahilfsfonds nicht unterstützt werden. Die Genehmigung von ALG II Anträgen steht oft noch aus. Wie oben erwähnt, fehlen die Voraussetzungen z.B. Nachweis über die Länge des Aufenthaltes in Deutschland. In medizinischen Notfallsituationen übernimmt das Gesundheitsamt Arzt- und Behandlungskosten. Diese Kosten müssen die Frauen allerdings zurückerstatten. Weitere Möglichkeiten der Kostenübernahme werden derzeitig geprüft.“

Wie sieht es mit der Herkunft aus? Wie viele der Frauen kommen nicht aus Deutschland und haben also einen ganz anderen Zugang oder gar keinen Zugang zum Sozialsystem.

„Die sich noch hier befindlichen Frauen sind fast ausnahmslos ausländischer Herkunft und haben keinen bzw. erschwerten Zugang zu unseren Sozialsystemen. Bereits die Antragstellung schreckt erfahrungsgemäß viele ausländische Prostituierte ab. Ein besonderes Problem beim Zugang zu Sozialleistung stellt der Nachweis über die tatsächliche Aufenthaltsdauer dar. Die Frauen stammen, soweit hier bekannt, zumeist aus Rumänien, Bulgarien und Ungarn, sowie der Dominikanischen Republik.“

Was hier allerdings noch präziser gesagt werden könnte: Die genannten osteuropäischen Frauen haben häufig einen Sinti-Roma-Hintergrund. Oder anders gesagt: Es sind Frauen, die es wegen ihrer Herkunft in ihrem Heimatländern noch einmal schwerer haben.

Wie sieht es speziell im Bereich der Bruchstraße aus? Die Mieten (oft Tagesmieten) liegen hier weit über entsprechenden Wohnraummieten. Ist die Stadt hier mit Angeboten einer Art Notunterkunft involviert oder wurden auch über die Jobcenter oder die Stadt mit den Besitzern Sonderkonditionen ausgehandelt?

„Die Vermieter lassen die Frauen derzeitig kostenfrei in ihren Räumlichkeiten wohnen. Dazu fanden zu Beginn der Coronapandemie wohl Gespräche von Seiten der Polizei statt. Bisher haben die Betreiber den Frauen die Mieten erlassen. Wir wissen allerdings von einem Betreiber, der Mietverträge ausgestellt hat. Es wird auf die Bewilligung der ALG II Anträge gewartet, dann kann er rückwirkend Miete nehmen. Bei Ablehnung der ALG II Anträge muss damit gerechnet werden, dass die Frauen die Unterkunft verlieren. Bei Bewilligung würde das Jobcenter die Miete entsprechend übernehmen.“

Gibt es hier Projekte wo die Stadt involviert ist, diese Frauen anderweitig zu beschäftigen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen?

„Die Frauen fallen durch alle Raster, da die vom Gesetzgeber angenommene Situation von „selbständigen, angemeldeten und versicherten Prostituierten“ in der Realität nicht zutrifft. So sind viele von ihnen nicht krankenversichert. Die Stadt hat insgesamt wenig Möglichkeiten angesichts der gesetzlichen Lage, die ihr unter den gegebenen Umständen wenig Handlungsspielraum ermöglicht, um den Frauen zu helfen. Gleichwohl kann es der Stadt nicht gleichgültig sein, wenn dort Frauen durch die sozialen Raster fallen. Über die von der Stadt eingerichtete Koordinierungsstelle für Freiwilligendienste und Ehrenamtliche wurden gleich zu Beginn des Lockdowns sog. Patenschaften zwischen den Frauen in der Bruchstraße und den Freiwilligen hergestellt. So betreut ein Verein die Damen mehr oder weniger persönlich und die Stadt hat es ermöglicht, auch durch finanzielle Zuwendungen, dass der Verein „Die Tafel e.V.“ finanziell so ausgestattet werden konnte, dafür wurde eine Spende eingeworben, um auch die Frauen dort von Anfang bis heute zu versorgen. Darüber hinaus finden Gespräche mit der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Braunschweig und Mitarbeiterinnen des Gesundheitsamtes statt, mit dem Ziel Möglichkeiten zu finden, um die Situation der Frauen zu verbessern. Dazu gehört auch die Suche nach Jobangeboten. Die Stadt versucht durch aufsuchende Beratung einen permanenten Kontakt herzustellen, damit in Notsituationen (z. B. Wohnungsverlust) das Problem bekannt wird und entsprechend geholfen werden kann.“

Was können Sie dazu sagen, wie die Einhaltung des Arbeitsverbotes überwacht wird?

„Es werden regelmäßige Kontrollen durch die Stadt Braunschweig in den bekannten Prostitutionsstätten sowie auf der Bruchstraße durchgeführt. Regelmäßige Internetrecherchen geben Anhaltspunkte über mögliche illegale Tätigkeiten, welchen dann weiter nachgegangen wird. Zusätzlich zu den Bemühungen der Stadt Braunschweig erfolgen ebenfalls Kontrollen durch die Polizeidirektion Braunschweig.“

Also fragen wir auch noch eine Pressesprecherin der Braunschweiger Polizei, die – es soll hier erwähnt sein: – sehr freundlich und kompetent jede Frage beantworten und auf Nachfrage noch erzählen, wie die Polizei die Zukunft der Prostitution einschätzt.

Wie wird das Prostitutionsverbot konkret überwacht – das ist ja wahrscheinlich auf der Bruchstraße noch einfacher als bei den geschätzten fünfzig privaten Häusern verteilt über das gesamte Stadtgebiet?

„Wir stehen in engen Kontakt zu den Frauen, die zum einen in den Bordellen arbeiten auf der Bruchstraße aber auch in vielen angemeldeten Wohnungen. Den Kontakt haben wir gemeinsam mit dem Gesundheitsamt und dem Ordnungsamt und haben dementsprechend auch schon viele Hilfen eingeleitet und auch vermittelnde Gespräche geführt auch dahingehend, dass die Frauen auf der Bruchstraße in den Wohnungen wohnen bleiben dürfen. Die Kollegen, die das hauptsächlich bearbeiten, kennen das Milieu und die Frauen, die dort arbeiten. Natürlich kontrollieren wir beispielsweise die Einhaltung des Mindestalters, aber wir sind darüber hinaus auch für die Frauen tätig. Manche Frauen sind seit Jahren und Jahrzehnten dort anzutreffen, bei anderen ist die Fluktuation sehr unterschiedlich.“

Was wissen sie über die aktuelle wirtschaftliche Situation der Prostituierten?

„Die Situation ist natürlich katastrophal, weil die Frauen ihrer einzigen Einnahmequelle nicht nachgehen können. Allerdings ist es den Frauen seit Ende Mai wieder erlaubt, Hausbesuche durchzuführen. Es gab dazu ein Gerichtsurteil, nachdem die Frauen zu ihren Freiern nach Hause dürfen, um dort der Prostitution nachzugehen. Die Prostitutionsstätten selbst müssen allerdings nach wie vor geschlossen bleiben.“

Gab es bereits Fälle, wo das aktuelle Verbot umgangen und sogar strafrechtlich verfolgt wurde?

„Es gab natürlich Vorfälle, dass die Frauen trotzdem der Prostitution nachgegangen sind, obwohl sie es nicht durften. Allerdings liegen in diesem Fall keine Straftaten vor, sondern Ordnungswidrigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz, dass die Abstände zwischen den Personen nicht eingehalten wurden. Da wurden natürlich Ordnungswidrigkeitsanzeigen gefertigt. Und es gab Verstöße gegen das Prostitutionsschutzgesetz, wo Frauen darüber hinaus auch ohne Anmeldung gearbeitet haben. Diese hohen Bußgelder treffen die Frauen in der Situation doppelt und dreifach. Wir wissen um die missliche Situation der Frauen, aber nichtsdestotrotz müssen wir dementsprechend einschreiten. Dazu sind wir verpflichtet. Auch wir sehen die Probleme der Frauen, müssen aber die Regelungen einhalten.“

Nun sind die Frauen ohne Einnahme und wohl auch weitestgehend ohne Unterstützung, fürchten sie hier eine Zunahme von Kriminalität, wenn möglicherweise auch weitere Personen von diesem Geld abhängig waren?

„Natürlich gibt es auch dahingehend ein gewisses Konfliktpotenzial. Und damit zusammen hängt auch, dass wir darauf hingewirkt haben, dass die Frauen beispielsweise auch ohne Mietzahlung noch wohnen bleiben dürfen, schon, damit sie ein Dach über dem Kopf haben.“

Abschließend fragen wir: Wie sehen sie die Zukunft der Prostitution in Braunschweig, was halten sie von dem von einigen Bundestagsabgeordneten bereits geforderten Verbot?

„Einem Verbot der Prostitution wollen wir uns aus polizeilicher Perspektive so nicht anschließen. Wir haben in Braunschweig gute Erfahrungen gemacht, mit einer gewissen offenen Szene der Prostitution hier zu haben, um besser kontrollieren zu können. Um da zum einen keine Kriminalisierung stattfinden zu lassen. Die Verbote bzw. die Regelungen, die es gibt im Rahmen des Prostitutionsschutzgesetzes, sind ja nicht in erster Linie dazu da, den Frauen das Leben schwer zu machen, sondern sie zu schützen.“

Wer hier erstaunt ist über etwas, das fast wie Fürsorge der Polizei klingt für diese Frauen, der soll bedenken, dass die Beamten das Elend ja nicht nur sehen, seit es ein Verbot gibt, sondern zuvor schon von den Begleitumständen der Prostitution immer wieder im Rahmen ihrer Einsätze und Gespräche mit den Frauen erfahren. Die Forderung eines Prostitutionsverbotes ist tatsächlich weltfremd. Und es gibt stichhaltige Argumente, warum auch das viel zitierte nordische Modell (z.B. Schweden) eines solchen Verbotes nicht sinnvoll ist.

Fakt bleibt: Egal aus welchem Blickwinkel man es betrachtet, diese Frauen haben gerade jetzt den Schutz und die Fürsorge der Gesellschaft verdient, so schnell sich manch einer bei diesem Thema auch erschüttert oder gar aus Bequemlichkeit wegdrehen und stereotyper negativer Sichtweise folgen will oder meint, damit nichts zu tun zu haben. Spätestens der Nachbar als Freier hat es ganz sicher.

Anzeige
Die mobile Version verlassen