Tichys Einblick
Mächtige Pharmalobby

Pflichtimpfung gegen Masern – kein Einzelimpfstoff verfügbar

Die gesetzlich verpflichtende Masernschutzimpfung wird zum Geschäftsmodell für Pharmariesen. Denn die Pflicht bleibt auch, wenn nur Kombipräparate zur Verfügung stehen. Und es passiert, was passieren musste: Es gibt nur noch Kombiimpfungen.

Symbolfoto

IMAGO / Jochen Tack

Seit März 2020 besteht in bestimmten Bereichen und für bestimmte Berufsgruppen eine gesetzliche Impfpflicht gegen Masern. Problem nur: Der Gesetzgeber hat es versäumt, überhaupt einen Masernimpfstoff bereitstellen zu lassen. Es gibt aktuell lediglich Masernimpfungen in Kombination mit weiteren Impfungen gegen Röteln, Mumps (und Windpocken). Das Masernschutzgesetz ist also faktisch von der Pharamindustrie auf weitere Infektionskrankheiten ausgedehnt worden auf Basis eines künstlich erzeugten Mangels an einem Mono-Masern-Impfstoff.

Aber der Reihe nach: Mitte Februar 2019 verabschiedete der Bundestag ein Gesetz, das eine Impfung gegen Masern für Personen in Gemeinschafts- und Gesundheitseinrichtungen ab 1. März 2020 verpflichtend macht. Idee war hier, die Impfquote zu erhöhen, Impfmüdigkeit entgegenzuwirken und langfristig eine Elimination der Masern in Deutschland zu erreichen.

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Das Gesetz betrifft nicht nur die in den genannten Bereichen Tätigen, sondern auch beispielsweise Kindertagesstätten und Schulen, hier sollen Eltern vor Eintritt der Kinder in diese Einrichtungen nachweisen, dass ihre Sprösslinge gegen Masern geimpft sind. Es gilt also seit März 2020 ein Verbot für Ungeimpfte, Kitas und Schulen zu besuchen oder dort tätig zu sein. Verpflichtend sind ebenso Impfungen für Beschäftigte in Arztpraxen, bei ambulanten Pflegediensten oder in Krankenhäusern  – für Beschäftigte, die nach 1970 geboren sind. Ersatzweise gilt auch ein Immunitätsnachweis.

Was die Wenigsten wissen: Das verabschiedete Masernschutzgesetz schließt mit ein, dass Apotheker im Rahmen von Modellprojekten Erwachsene gegen Grippe impfen dürfen. Hier entfällt also Voranmeldung und der Weg zum Arzt – Impfen quasi im Vorübergehen, Impfen ohne ärztliche Beratung vor der Impfung. Dass man mit solchen Gesetzesbeigaben ohne direkten Zusammenhang zum Masernschutz Impfgegner und Pharmakritiker zum Widerspruch einlädt, versteht sich von selbst.

Das Ärzteblatt stellte im Herbst 2020 fest, dass es nach wie vor „keine Einzelimpfungen für Masern“ gäbe. Und dass hier juristische Fallstricke quasi vorprogrammiert wären. Aber was haben die Parlamentarier sich da 2019 zusammengebastelt? Hätte man, anstatt die Apotheker noch für irgendetwas zu belohnen, nicht eine Vorhaltepflicht eines Masernimpfstoffes staatlich verfügen müssen?

In der Aussprache zum Gesetzesentwurf Anfang 2019 berichtet Staatssekretär Thomas Gebhart dem Plenum, dass es bereits 490 gemeldete Masernfälle gibt. Und er führt weiter aus, dass mindestens 95 Prozent der Bevölkerung gegen Masern immun sein müssen. Explizit verweist Gebhart auch auf Migranten, die in Asylunterkünften untergebracht sind, auch diese müssten gegen Masern zwangsgeimpft werden. „Ich sage: Das ist konsequent“.

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Ulrich Oehme (AfD) spricht in seiner Erwiderung von einem „Angriff auf die Freiheitsrechte unserer Bürger“. Und er verweist weiter darauf, dass die Durchimpfungsrate bei Kindern doch schon bei 97,1 Prozent liegt.
Interessantes Argument: Frankreich und Tschechien hätten die Masernimpflicht bereits, aber der Zwang hätte überhaupt erst zum Widerstand geführt, die Impfraten wären erst daraufhin gesunken.

Weil es aber schon beim Gesetzgeber offensichtlich keinen Einzelimpfstoff geben sollte, wurde dem Gesetzesentwurf beigefügt, wenn nur Kombiimpfstoffe zur Verfügung ständen, eben diese geimpft werden müssten. Aber wer bestimmt, was alles noch in den teurer werdenden verpflichtenden Impfcocktail kommt? Wer prüichkeift die individuelle Verträglichkeit? Die Pharmaindustrie oder doch die zuständige Impfkommission? Statt wie bisher der behandelnde Arzt?

Interessant an der Aussprache auch ein Zwischenruf von Timo Sorge (CDU), der zur Forderung einer besseren Aufklärung der Bevölkerung nur anzumerken hatte: „Das hatten wir doch in den letzten Jahren! Das hat zu nichts geführt.“ Oder mit anderen Worten: Wo Propaganda nicht wirkt, müssen eben Fessel und Knute her.

Wie unernst man allerdings an dieses wichtige Themen herangehen kann, führte Andrew Ullmann (FDP) vor, er erklärte dem Plenum, dass Leugner der Wirksamkeit von Impfungen Verschwörungstheoretiker seien: „Wer das leugnet, gehört zu den Verschwörungstheoretikern, die meinten, dass HIV eine Erfindung der CIA ist. (Heiterkeit bei den Abgeordneten der CDU/CSU).“ Nur wer hätte das im Hause geleugnet? Niemand.

Die Frage bleibt also, warum hier nicht gesetzlich verankert wurde, den Masernimpfstoff in Einzelgabe vorzuhalten. Ist das schon arglistige Täuschung, wenn der Gesetzgeber hier möglicherweise über den Trojaner Masernschutzgesetz gleich mal im Sinne der Pharmaindustrie de facto ein Rötelnschutzgesetz und ein Mumpsschutzgesetz und ein Windpockenschutzgesetz mit einbaut? Eine Gegen-allles-Impfung – Vaccine-all-inclusive?

Die Deutsche Apotheker-Zeitung teilte im August 2020 mit, dass der Masern-Impfstoff nicht mehr einzeln erhältlich sei. Es sei kein Monoimpfstoof gegen Masern zugelassen. Sehr wohl aber als Bestandteil einer Dreifach- bzw. Vierfach-Impfung (MMRV). Es gab zwar bis vor kurzem noch eine Mono-Masernimpfung, die über die Schweiz importierbar war (Einzelimport nach § 73 Abs. 3 AMG), aber im August 2020 war sie nicht mehr lieferbar, möglicherweise schon früher. Warum nicht mehr?

Der Gesetzgeber hat exakt diese künstlich erzeugte Nichtverfügbarkeit bereits eingeplant: Im Gesetz heißt es, die Impflicht gelte auch dann, „wenn zur Erlangung von Impfschutz gegen Masern ausschließlich Kombinationsimpfstoffe zur Verfügung stehen.“ Damit hat sich der Gesetzgeber über eine Empfehlung des Ethikrates hinweggesetzt, der explizit bemerkte, es müsse „die praktische Möglichkeit geschaffen werden, nur gegen diejenige Krankheit zu impfen, auf die sich die Pflicht bezieht.“

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Wieder das Ärzteblatt schreibt im Herbst 2020, dass die Dreifach- oder Vierfachimpfungen „nicht mit aller Transparenz“ kommuniziert werden. Eine Mutter von vier Kindern berichtet von der Wahrnehmung einer Maserpflichtimpfung, die bei späterer Sichtung des Impfpasses sich doch als eine Dreifachkombination zeigt. Nicht, dass die Mutter hier nicht auch zugestimmt hätte, aber der Allgemeinmediziner hätte diese Kombination an keiner Stelle im Vorgespräch erklärt. Ausschließlich später im Impfpass sei das ersichtlich gewesen.

Ausgerechnet Ethikratsmitglied Wolfram Henn, der zuletzt vorgeschlagen hatte, Beatmung und Intensivbetten bei Kritikern von Corona-Maßnahmen auszulassen, wies explizit darauf hin, dass die gesetzliche Masernschutzimpfung faktisch eine Mehrfachschutzimpfung sei. Der Ethikrat hatte schon früh empfohlen, Einzelimpfstoffe bereitzuhalten. Der Ruf des Rates wurde ignoriert.

Namhafte Juristen auf diesem Gebiet wie Burkhard Kirchhoff weisen daraufhin, dass es sich hier im Übrigen juristisch um absolutes Neuland handelt. Die Gesetzeslage sei keineswegs eindeutig. Die Juristerei würde empfindlich hinterherhinken, stellte das Ärzteblatt fest. Jeder Rechtstreit um eine Impfpflichtverweigerung steht damit bereits auf Glatteis. Kirchhoff weiter: „Die fehlende isolierte Impfpflicht der Masern liefert uns Anwälten zahlreiche Argumente, um für Mandanten, die mit Bußgeld überzogen wurden, oder Arbeitgeber, die von der Leitung einer Einrichtung, in der sie beschäftigt sind, freigestellt und nicht bezahlt werden, Pluspunkte zu erzielen.“

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Erschwerend hinzu kommt ein weiteres Detail, nur eine Nuance zwar, aber mit gravierenden Auswirkungen im unglücklichen Einzelfalle: Bei Männern nämlich wird der Impfschutz, was Röteln angeht, nach der Erstimpfung bereits als ausreichend angesehen. Spätestens also mit der Zweitimpfung (per gesetzlich vorgeschriebener Masernschutzimpfung, die es ja nicht mehr einzeln gibt) passiert hier etwas medizinisch vollkommen Unnötiges. Und was medizinisch nicht notwendig ist, aber Restrisiken birgt, ist unvereinbar mit dem ärztlichen Ethos, im Schadensfalle möglicherweise sogar Körperverletzung.

Der Gesetzgeber ist hier dringend aufgefordert, nachzubesseren. Also dafür zu sorgen, dass die Pharmaindustrie den einzelnen Masernimpfstoff wieder vorhält. Ansonsten muss der Impfstoff bei einem anderen Anbieter eingekauft werden oder einer gegebenenfalls subventioniert dazu veranlasst. Denn was bei Varizellen-Impfungen (Windpocken) möglich ist, sollte auch bei Masern funktionieren und hatte ja auch lange so funktioniert. Der Impfstoff gegen Windpocken wurde dem usprüngliche Dreifachimpfstoff stattdessen hinzugefügt.

Alarmierendes Fazit hier: Die Pharamindustrie nutzt hier die Masernimpfpflicht auf unzulässige Weise. Der Gesetzgeber ist gefordert, diesem Geschäft schnellstmöglich Einhalt zu gebieten, oder das Gesetz muss dahingehend geändert werden – eine Kombiimpfung darf nicht verpflichtend sein. In dieser Twilightzone sollte das Thema auf keinen Fall weiter dämmern. Es besteht Handlungsbedarf.

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