Erinnern Sie sich an Nadja N. aus Braunschweig? Wir berichteten im Februar 2017 über die couragierte Aktion einer Mitarbeiterin der Braunschweiger Landesaufnahmebehörde für Asylbewerber, die stapelweise Akten über Sozialbetrugsfälle eigeninitiativ an die Polizei übergeben hatte. Über 500 Fälle werden seitdem von den Staatsanwaltschaften bearbeitet. Allerdings bis heute ohne nennenswerte Ergebnisse. Zweifelhaft, ob die ausländischen Täter, wenn man irgendwann die Ermittlungen abgeschlossen hat, überhaupt noch greifbar sein werden.
Ja, die Braunschweiger wählten dann jemanden, an den die Redaktion wohl nicht zuerst gedacht hatte. Und man kann sich vorstellen, wie man den Atem anhielt, als Nadja N. immer mehr Telefonstimmen für sich verbuchen konnte. Anerkennenswert sicher, dass die Zeitung nach Vorschlag des Lesers Klaus Schubert u.a. Nadja N. überhaupt aufgestellt hatte. Mit im Angebot waren der Cheftrainer einer Basketballmannschaft, ein Motivator, ein Kleintheatermacher, ein Kirchenmusiker, drei Lebensretter und ein Stadtfestorganisator. Welcome-Refugees-Vertreter fehlten auf der Liste. Jedes Engagement hat offensichtlich seine Zeit.
Laudator im Pressehaus war ausgerechnet Christian Pfeiffer. Wir kennen ihn als ehemaligen niedersächsischen Justizminister und als Kriminalexperten aus etlichen Talkshows. Er lobte die Courage und die Herzlichkeit von Preisträgerin Nadia Nischk. Ob er sich dabei auf die Zunge beissen musste? Bei Maischberger hatte er noch die AfD angegriffen, sie hätte massiv dazu beigetragen, diese Stimmung gegen die Flüchtlinge und die Bundesregierung voranzutreiben. In Braunschweig allerdings hatte die Vertuschung von hunderten Betrugsfällen durch die zuständige Behörde massiv dazu beigetragen.
Der NDR schaute nun Ende des Jahres noch einmal nach Nadja N. und den Betrugsfällen. Ergebnis: „Ein abschließendes Ergebnis steht noch aus. Die Polizei hat in mehr als 500 Fällen Ermittlungen wegen Sozialbetrugs aufgenommen. In sieben Fällen wurden die Täter bereits verurteilt, in 15 Fällen wurde Anklage erhoben.“
Zu viele Unbekannte, zu viele Querverbindungen, die man bearbeiten und an andere Staatsanwaltschaften weiterreichen muss. Und keine Aufenthaltspflicht, die rigoros durchgesetzt wird bzw. im Zweifel durch Festsetzung der entsprechenden Personen sichergestellt wird.
In der Braunschweiger Landesaufnahmebehörde für Asylbewerber allerdings ging man den umgekehrten Weg und ließ Akten der von Nadja N. ermittelten Fälle im Keller verschwinden. Die verantwortlichen bleiben bis heute unbehelligt. Nur Nadja N. ist es zu verdanken, dass die Akten nicht in der angeordneten Versenkung verblieben. Die Braunschweiger Bürger haben diese Aktion für so couragiert gehalten, dass sie die Frau zu ihrer „Braunschweigerin des Jahres“ machten. Sie hätte es sicher verdient, auch in den bundesweit ausgestrahlten TV-Jahresnachlesen gewürdigt zu werden.