Die Öffentlich-Rechtlichen haben offensichtlich wider eigenes Bekunden nichts dazugelernt: Aktuell bescheinigt ihnen eine Studie der Universität Passau in der Corona-Krise fundamental versagt zu haben, keine kritische Berichterstattung aufgenommen, sondern stattdessen der Merkelschen Regierungslinie gefolgt zu sein, der „ideologische(n) Marschrichtung der Politik“.
Also quasi analog zum Eingeständnis eines Printmedien-Chefredakteurs in der Berichterstattung rund um die Zuwanderungskrise.
Wie ist die Passauer Universität bei der Betrachtung der Sondersendungen von ARD und ZDF zum Corona-Virus vorgegangen? Medienforscher der Uni haben mehr als 90 Sendungen aus dem Zeitraum Mitte März bis Mitte Mai 2020 von ARD-Extra und ZDF-Spezial untersucht.
Also Blick in die Studie via Wissenschaftsnetzwerk Researchgate. Dort nämlich hatten die Studienmacher der Uni ihr Werk abgelegt für die Kollegen in der Welt. Oder als im Ergebnis toxisch dort versteckt?
Der erste Satz der Zusammenfassung bietet schon den ersten saftigen Knaller: Die Studienmacher haben offesichtlich Spaß, beim Objekt ihrer Betrachtung die Giftspritze anzusetzen, niemand wird geschont:
„Die Pandemie im Zusammenhang mit dem Virus SARS-CoV-19 lässt sich auch als eine Geschichte einer Pandemie der Medien beschreiben.“
Die Wissenschaftler finden die Tatsache „signifikant“, dass ab der zweiten Märzwoche 2020 bis in den Juni hinein „die öffentlich-rechtlichen Programme ARD und ZDF nahezu täglich nach der Hauptnachrichtensendung am Abend eine Sondersendung (…) zum Coronavirus ausstrahlten.“
Im gesamten Jahr 2019 habe es nur ein Drittel der Anzahl an Sondersendungen gegeben, welche ZDF und ARD in Sachen Corona-Krise in wenigen Wochen ausgestrahlt haben.
Die Studienmacher „verstehen die Fernsehsondersendungen als abgeschlossene Modelle von Welt, die implizite Regeln, Werte und Ideologien aufweisen.“ Die Studie stellt schon zu Beginn fest, dass die besagten Sondersendungen von ARD und ZDF auch dort, wo sie vermeintlich faktisch zu berichten vorgeben, letztlich über eine „Operation der Auswahl“ und „Kombination“ eine eigene neue Bedeutungsebene aufbauen.
In Kombination mit den genannten „Ideologien“ wird die Studie bereits hier zu einer mächtigen Klage Richtung öffentlich-rechtliche Berichterstattung.
Ein Vorwurf, wie er härter kaum zu führen ist. Noch mehr, wenn die Studie weiter ausführt, dass das der „Ausblendung aller andere gesellschaftlichrelevanten Gemengelangen“ entspräche.
Wer laut Studie mit einer Relevanz des Themas für die gesamte Bevölkerung argumentiere, der würde bei ARD und ZDF allerdings ein „permanentes Krisen- und Bedrohungsszenario“ vermittelt bekommen.
Es kommt Seite für Seite schlimmer für den ÖR, so die Studie bescheinigt, dass da gerne mal im Zitat mit „Experten“ gearbeitet , die nicht genannt werden: „Auch in Interviews wird wiederholt auf anonym bleibende „Experten“ verwiesen“. Diese ÖR-Sendungen würden nicht müde werden, immer wieder ein „Zuwenig der staatlichen Interventionen“ anzuprangern.
Bemängelt werden vom Zwangsgebührenfernsehen künstlich geschaffene Dystopien, „Krisenszenarien“ und Apokalypsen. Aber um was zu erreichen mit diesen „Bildwelten apokalyptischer Endzeiterzählungen“, wie es die Studie nennt?
Die analysierten Sendungen würden immer wieder den vollständigen Zusammenbruch des öffentlichen Lebens unterstreichen und als neue Normalität setzen. Hier ist die Vernichtung der Öffentlich-Rechtlichen über die Kritik der Studie an diesen Sondersendungen eine absolute::
„In der Iteration der Texte und Bilder insgesamt und der redundanten Struktur der Verknüpfung von textueller und visueller Ebene wird folglich immer wieder der vollständige Zusammenbruch des öffentlichen Lebens unterstrichen und als neue Normalität gesetzt.“
Und warum sie das tun, weiß die Studie auch: „Entsprechend fokussieren die Sendungen während des Shutdowns als Hoffnungsschimmer primär die Entwicklung eines Impfstoffs“.
Eine Fußnote der Studie dazu zeigt auf geradezu humoristische Weise das öffentlich-rechtliche Desaster:
„Dass etwa die Abmoderation vom ARD-Extra vom 16. April 2020 mit den Worten «Bleiben Sie optimistisch» (30:12) schließt, hat vor diesem Hintergrund durchaus ironischen Charakter.“
Exakt diese Sendungen, so die Studie, seien „zusätzlich dazu angetan, Panik in der Bevölkerung aufkommen zu lassen.“ Weiter heißt es da: „Dagegen wird von den Sondersendungen eine Identität von Virus und Maßnahmen inszeniert, wodurch die Maßnahmen als genauso „natürlich“ und in gewisser Hinsicht un-hinterfragbar wie der Virus selbst erscheinen.“
Regierungsmaßnahmen, die von den Öffentlich-rechtlichen als nicht mehr hinterfragbar kommuniziert werden – also ein Schlag ins Gesicht der Meinungsfreiheit und der ergebnisoffenen Debatte.
Bei ARD und ZDF kommt es dabei laut Studie „in der Regel“ zu Emotionalisierungsstrategien, etwa wenn weinende und überforderte Mütter (kaum Väter) gezeigt werden“. Und wieder die von der Studie identifizierten Aufforderung bei ARD und ZDF, der Regierung zu gehorchen:
„Die gesellschaftlichen Akteure werden dabei durchgängig als machtlos gegenüber den staatlichen Maßnahmen identifiziert, ihnen bleibt nichts, als diese zu erdulden. (…) Dass jedoch die Maßnahmen an sich – unabhängig von der jeweiligen Ausgestaltung – insgesamt zielführend sind, wird implizit vorausgesetzt.“
Insgesamt würden diese Sondersendungen einem seriellen Erzählen folgen, wie bei Vorabend-Soaps, so die Studienmacher. ÖR-Sondersendungen also als Fortsetzung der Lindenstraße? Sogar das „Figureninventar“ wäre ähnlich überschaubar!
Es ist vernichtend. Im weiteren Verlauf ein Faustschlaghagel der Uni Passau auf das Öffentlich-Rechtliche.
Attestiert wird eine „Verengung der Welt, indem andere Sichtweisen als die eigene nicht zugelassen werden.“ Die Darstellung der Krise beim ÖR würde einen unterstellten Werte- und Normenkanon der Gesellschaft sichtbar machen und die Inszenierung noch verstärken.
Und die Dramen innerhalb der Familien würden anhand von liegen gebliebenem Abwasch dramatisiert: „Das Familienleben in der Krise verkommt so zur Nicht-Zeit, die schon darüber abgewertet ist, dass sie nicht den üblichen gesellschaftlichen Maximen folgt.“
Leute wie der Virologe Christian Drosten würden zu Helden stilisiert. Die Studie erzählt es, als hätte sie bei ARD und ZDF dem Endkampf des dritten Reiches beigewohnt:
„Es werden Spruchbänder aus Krankenhäusern mit der Aufschrift „Wir bleiben für euch da“ in Szene gesetzt, womit die heldenhafte Aufopferungsbereitschaft der Akteure unterstrichen und ein ähnlich dichotomes Weltmodell konstruiert ist, wie in Bezug auf die Kriseninszenierung: ‚Helden’ (aktiv) vs. ‚Masse’ (passiv) verhalten sich hier wie ‚Regelsetzende’ (aktiv) vs. ‚Regelbefolgende’ (passiv) zueinander.“
Dabei würde von ARD und ZDF eine spezifische Ästhetik verwendet, „die üblicherweise für fiktionale Formate reserviert ist, obwohl es hier doch gerade um die Dokumentation einer Wirklichkeit geht. Genau diese wird aber durch die gewählte Inszenierungsstrategie konterkariert, indem durch die Musik eine Emotionalisierungsstrategie zur Anwendung kommt und die Hollywood-Ästhetik eine Art dystopische Endzeitstimmung generiert.“, fasst die Studie noch einmal das schon eingangs kritisierte Vorgehen zusammen.
Die Studienmacher schaffen es hier während ihrer so umfängliche Vernichtung der Arbeit der Öffentlich-Rechtlichen immer wieder auch über die Dreistigkeit der TV-Macher zu schmunzeln: „Interessanterweise führt die Off-Stimme zu Beginn des Einspielers über das Bild einer Krankenhausszene aus: „Das hier ist kein Katastrophenfilm, sondern bittere Corona-Realität in Deutschland“ (ZDF-Spezial vom 21. April 2020, 07:00).“
Wohlgemerkt, während der inszenierte Katastrophenfilm gerade als Nachricht in der Sondersendung läuft: „Im Anschluss daran wird aber genau die Ikonografie des Katastrophenfilms bzw. der Katastrophenberichterstattung bemüht.“
Ein weiteres Fazit der Studie: „Prominent ist als Leerstelle aber vor allem eine tiefergehende Kritik an den von der Politik getroffenen Maßnahmen zu nennen.“ Damit seien, so versuchen die Studienmacher ihre Ergebnisse ihrer Studie noch abzumildern, keineswegs den Sondersendungen „automatisch eine Staatshörigkeit zu unterstellen“
Und nach dem man nun dieser von Irgendwo aus dem Nirgendwo von einer evangelischen Pressestelle ans Licht gezerrten Studie beigewohnt hat als Bloßstellung der Mär von der Seriosität des öffentlich-rechtlichen Fernsehens, muss diese Klarstellung auch rückwirkend wirksam werden auf die Berichterstattung über die Zuwanderungskrise von 2015 bis heute.
Auch damals wie heute gab und gibt es mehr oder weniger viele Sondersendungen, welche die Verwerfungen mit fiktiven, frech als Fakten behaupteten Erzählungen kaschieren sollen. Das Gleiche gilt übrigens auch für die etablierten Print- und Onlinemedien. In der Zuwanderungs- wie in der Corona-Virus-Erzählung. Der Damm ist gebrochen. Wasser marsch.
Nachtrag: ARD und ZDF haben die Brisanz der Studie offensichtlich begriffen und wehren sich jetzt, wie dpa berichtet, gegen das vernichtende Urteil der Studie. Die Anzahl der Sendungen wäre doch dem Zuschauerinteresse geschuldet, gab ARD-Chefredakteur Rainald Becker zu Protokoll. Quantität allerdings war der geringste der Anwürfe. Auch inhaltlich hält er, was gezeigt wurde auch „im Nachhinein“ für angemessen. Das wiederum darf man getrost für eine unangemessene Auseinandersetzung mit der fundamentalen Kritik halten. Die Abwehr der Vorwürfe beschränkt sich auf die Rechtfertigung der schieren Masse an Sendungen, das vernichtende Urteil der Studie über die Qualität der Sendungen wird nicht oder kaum reflektiert. Das vernichtende Urteil war dann wohl doch zu umfassend.