Tichys Einblick
Lügengebäude "Unverbindlichkeit"

Migrationspakt: Haben Auswärtiges Amt und Heiko Maas die Unwahrheit gesagt?

Langsam lichtet sich der Nebel über das Entstehen des angeblich rechtlich unwirksamen "Migrationspakts". Er wurde geheim verhandelt, die Konsequenzen versteckt. Dabei hatte TE schon im März 2018 über die rechtliche Wirksamkeit berichtet - und wurde dafür wegen angeblicher "Fakenews" abgestraft.

Fadel Senna/AFP/Getty Images

Wer erinnert sich nicht daran, was es für einen Aufstand der Anständigen und Gutmeinenden gab, als es darum ging, den wenige Wochen vor seiner Absegnung in der Kritik stehenden Migrationspakt vehement gegen seine Kritiker zu verteidigen. Beliebtes Angriffsziel der Migrationspakt-Befürworter war der Vorwurf an die Gegenseite, mal wieder zu spät gekommen zu sein, zu spät zu meckern nur um des Meckerns wollen, dann, wenn sie selbst Monate und Jahre lang die Arbeit gemacht hätte, an der man sich nicht beteiligt hätte, obwohl man selbst gestalterisch hätte mitwirken können. Ein Vorwurf übrigens, der zu den Klassikern auch im deutschen Bundestag gehört, wenn es darum geht, späte Kritik des Oppositionsführers abzubügeln und ihm vorzuwerfen in den Fachausschüssen geschwiegen zu haben.

In Sachen Migrationspakt steil voran ging Außenminister Heiko Maas (SPD). Er wurde besonders laut, als er darauf bestand, dass alle Informationen zur öffentlichen Meinungsbildung zum Migrationspakt schon seit Monaten auf dem Tisch gelegen hätten.

Via Twitter teilte Heiko Maas mit:

„Der Text ist seit Monaten öffentlich verfügbar, jeder kann sich selbst eine Meinung bilden. Wir glauben, das ist ein guter Text. Man muss das nicht teilen. Aber man sollte bei der Wahrheit bleiben. Was von Rechtsextremen im Netz gestreut wird, sind abstruse Verschwörungstheorien.“

Abstruse Verschwörungstheorien? Wirklich? Der Tagesspiegel hält Heiko Maas und den ihm nachfolgenden Verteidiger des Migrationspaktes gerade mindestens eine eklatante Unwissenheit, wenn nicht Täuschung vor, wenn das Auswärtige Amt gegenüber der Zeitung einräumen musste, dass der Pakt mindestens in bestimmten Teilen und Arbeitsphasen geheim verhandelt wurde. Konkret schreibt der Tagesspiegel in seiner Einleitung dazu: „Entgegen offizieller Darstellungen des Auswärtigen Amts (AA) wurde der umstrittene Migrationspakt der Vereinten Nationen in Teilen unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt.“

— Arnd Diringer (@Arnd_Diringer) May 18, 2019

Wenn sich tatsächlich bewahrheiten sollte, was das Amt von Heiko Maas jetzt verspätet eingestehen musste, dann muss dieses Geständnis auch Konsequenzen haben. Dann, wenn eben dieser Migrationspakt das Gesicht Europas und insbesondere Deutschlands insoweit verändern könnte, das, was Kritiker an der Massenzuwanderung der letzten Jahre bemängelt haben, mit dem Pakt noch einmal verstärkt werden würde. Das Auswärtige Amt würde das bestreiten? Aber wie glaubwürdig ist es jetzt noch in der Sache? Ein bekanntes deutsche Sprichwort endet so: „… dem glaubt man nicht.“

Die Unwahrheit betrifft nun ausgerechnet jenen Zeitraum der Verhandlung dieses Paktes, den die Bundesregierung laut Tagesspiegel immer als ganz besonders transparent behautet hatte: „Tatsächlich hatte die Regierung immer wieder die Transparenz des gesamten Verfahrens betont, insbesondere für die Treffen der Staatenvertreter am UN-Sitz in New York in der ersten Jahreshälfte 2018.“

Aber nicht nur der Tagesspiegel, auch die AfD-Fraktion und für diese namentlich der MDB Stephan Brandner hatte am 28.11.2018 im Parlament nachgefragt, wie denn der Pakt eigentlich konkret verhandelt wurde und folgende sich heute offensichtlich als unwahr herausstellende Antwort erhalten:

„Die Bundesregierung hat von Beginn an Wert gelegt auf Transparenz und Informationen für die Öffentlichkeit. Die Verhandlungsunterlagen zum Globalen Pakt wurden online gestellt und die Verhandlungen konnten von der interessierten Öffentlichkeit vor Ort verfolgt werden.“ Auch hätte, so heißt es da weiter, die Bundesregierung ausführlich zum Verhandlungsstand informiert. Das Auswärtige Amt hätte zu jeder zwischenstaatlichen Verhandlungsrunde „zum Teil mehrere Tweets veröffentlicht“.

Eine Mitteilung, die man erst einmal verdauen muss, wenn das Auswärtige Amt der Bundesrepublik Deutschland seine Parlamentarier mit Twitter-Mittteilungen vertrösten will, wenn es um einen notwendigen Transparenzbeweis geht. Die Twitter-Mitteilungen des Außenministers sind ja ebenfalls hinlänglich bekannt. Aber erhellend in dieser Affäre sind auch diese nicht. Im Gegenteil, sie tragen dazu bei, diese Angelegenheit zu einem veritablen Skandal hin zu verdüstern. Ausgerechnet das Außenministerium hatte im Zusammenhang mit Kritik am Pakt von einer Kampagne und von Desinformationen gesprochen. Kommen diese Vorwürfe nun als Bumerang an den Berliner Werderschen Markt zurück?

Noch zwielichtiger wird es heute, wenn man sich weiter daran erinnert, dass das Amt schon früher mitgeteilt hatte, dass insbesondere Zugeständnisse, die die deutsche Delegation gegenüber anderen Verhandlungspartnern gemacht hat, geheim bleiben sollen, Informationen würden Medien allenfalls in Hintergrundgesprächen und nur vertraulich erteilt, hieß es. Also nicht zitierbar und nicht zur Veröffentlichung geeignet. Allein das ein weiterer Skandal, der nichts etwa mit irgendeiner Form von diplomatischer Geheimhaltung zu tun hat, wenn das Auswärtige Amt geradezu naseweiß mitteilte, „eine unbeschränkte Veröffentlichung könne dazu führen, dass die Bundesrepublik ihren Ruf als verlässlicher und vertrauensvoller Partner einbüße.“

Nun mag die Bundesrepublik ihren Ruf gewahrt haben, das Auswärtige Amt arbeitet allerdings daran, seinen weiter zu verspielen, insbesondere derjenigen gegenüber, der sie Rede und Antwort zu stehen hat: Der deutschen Bevölkerung. Wer bisher die Idee hat, einer wie Heiko Maas wäre in seinem Amt aus Gründen noch tragbar, der möge diese jetzt benennen oder für immer schweigen.

Der Tagesspiegel berichtet weiter zu geschwärzten Passagen der internen Delegationsberichte aus dem Auswärtigen Amt, die im Zentrum dieses Skandals stehen:

„In dem nun vorliegenden Widerspruchsbescheid räumt das AA erstmals ein, dass die Verhandlungspartner auch jenseits der öffentlichen Sitzungen zusammenkamen, weshalb die Passagen weiter unkenntlich bleiben müssten. Die internationalen Verhandlungspartner müssten darauf vertrauen können, dass das „innerhalb etablierter diplomatischer Kommunikationskanäle“ Besprochene nicht durch einen beteiligten Staat offenbart werde.“

Wie das nun alles klingt? Wie ein drittklassigen Drehbuch aus dem Auswärtigen Amt.
Dabei hatte TE schon im März über ein juristisches Gutachten der EU-Kommission unter der Überschrift berichtet:  Wie der unverbindliche Migrationspakt – plötzlich doch verbindlich.

Die Zusammenfassung lautete wie folgt:

Schließlich, so die Quintessenz, sei all das, was im UN-Migrationsrecht als Völkerrecht beschlossen wurde, längst geltendes EU-Recht.

Um diese Position zu untermauern, wird aus verschiedenen Beschlüssen des  EuGH zitiert, die alle auf eines hinauslaufen: Der Widerspruch einiger EU-Länder gegen den Globalen Migrationspakt habe keinerlei Konsequenz – auch nicht für jene EU-Länder, die den Pakt ablehnen. So wird in den Punkten 36 folgende dann auch statuiert: „In Hinblick auf das zuvor Erläuterte ist festzustellen, dass der GCM in diese (Anmerkung: der EU) Politik fällt.  Die Annahme des GCM hat rechtliche Auswirkungen auf die EU-Entwicklungspolitik.“ Sein Einfluss auf die bestehende und künftige Gesetzgebung der EU sei daher und im Sinne der EU-Beschlusslage zwangsläufig.

Zusammenfassend wird festgehalten: „Das bedeutet, dass der Migrationspakt integraler Bestandteil der EU-Positionen zur Entwicklungszusammenarbeit ist, wie dieser sich am gesetzlichen EU-Rahmen beteiligt.“ Insofern sei in Übereinstimmung mit den Prinzipien der EU-Staaten nun dafür zu sorgen, dass der Migrationspakt in allen EU-Ländern erfüllt werden.

Diese Meldung wurde damals hektisch dementiert. Das der SPD nahestehende Journalisten-Büro „Correctiv“ legte einen anschließenden „Fake-News-Check“ vor, der zwar das Papier bestätigte, es sei allerdings inhaltlich nicht maßgeblich.

Correctiv damals liebedienerisch:

Unsere Recherche ergab: Die Dokumente gibt es – aber der EU zufolge präsentieren sie nicht die offizielle Meinung der Europäischen Kommission, sondern die Meinung einer Einzelperson.

Unser Beitrag kann seither nicht mehr auf Facebook verbreitet werden. Der angebliche Fake-News-Check hatte für TE darüber hinaus eine nachweislich negative Auswirkung auf die Reichweite bei und via Facebook.


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