Tichys Einblick
"Anmaßend und geschichtsvergessen"

Hey Joe – „Marshallplan für die Demokratie“ von Heiko Maas für Amerika

Heiko Maas will mit den USA einen „Marshallplan für die Demokratie“ erstellen. Der deutsche Außenminister nimmt die Vorgänge in Washington zum Anlass, ausgerechnet dem Geburtsland der Meinungsfreiheit seine provinziellen Vorstellungen zu unterbreiten.

imago images / photothek

Heiko Maas, Lafontaine-Zögling, saarländischer Ex-Juso-Chef und Noch-Außenminister der Bundesrepublik Deutschland, ist Viel-Twitterer. Seine Tweet-Frequenz orientiert sich schon seit Jahren an der des amerikanischen Präsidenten, dessen Twitter-Account allerdings heute für immer gelöscht wurde.

Ausnahmsweise mal nicht via Twitter, sondern gegenüber der Deutschen Presse Agentur hat Heiko Maas nun den USA – als ob diese gerade die totale Zerstörung der Infrastruktur ihres Landes und aller zivilen und militärischen Einrichtungen erfahren  hätten – einen Marschallplan angeboten. Ernsthaft!

Einen „Marschallplan für die Demokratie“ genauer gesagt. Aber das macht es nicht weniger absurd. Offenbar soll also jetzt der Ideologie-Import aus dem alten Europa den Feind endgültig in die Schranken weisen und den Wiederaufbau der vermeintlich zerstörten Demokratie in den USA bewerkstelligen.

Angesichts solcher offensichtlich weltpolitischen Ambitionen des Saarländers muss man sich klarmachen, was dieser mann nach aller bisherigen Erfahrung eigentlich ist: Auf deutschem Boden ist er einer der vielen kleinen Taschenträger der inneren Spaltung, ein Grabenbauer par Exzellence. Und wie es sich für einen deutschen Saubermann gehört, macht er sich selbst zum Gärtner, kommt also nun mit der Gießkanne, um seinen eigenen Bockmist wegzuspülen. Der Brandstifter sitzt auf dem Bock des Feuerwehrautos – Maas twittert euphorisch nach Jahren der Trump-Düsternis: „Die Spaltung in unseren Ländern bei den Wurzeln zu packen, ist eine der großen Aufgaben für die USA und Europa.“

Maas möchte jetzt auf Augenhöhe sprechen, wo Trump ihm fast vier Jahre lang recht deutlich gemacht hat, wo der Platz des Ex-Juso-Häuptlings aus dem Saarland ist. Der scheidende deutsche Außenminister möchte so gerne mit dem zukünftigen Präsidenten sprechen und twittert also an @JoeBiden, wo doch für Maas ein @Hey-Joe noch viel cooler gewesen wäre, aber das macht Twitter leider nicht mit, dann kommt die Nachricht zumindest nicht bei dem an, der sie doch so dringend lesen soll.

Dieser a-historische Twitter-Unfall von Heiko Maas ist kaum bei dpa und noch weniger bei Twitter zurückzuholen. Als Joe Biden ein „Netzwerk der Demokratien“ angekündigt hatte, scheint dies bei Maas so angekommen zu sein, als hätte Biden dabei in erster Linie und sofort an ihn, an Maas und dann Deutschland gedacht.

Hey Joe, dachte sich also möglicherweise Maas, das passt doch wie die Faust aufs Auge zu meiner „Allianz für den Multilateralismus“. Die nämlich hatte Maas gemeinsam mit dem französischen Außenminister im April 2019 ins Leben gerufen. Ende Juni 2020 kamen unter diesem Label tatsächlich einmal fünfzig Staaten virtuell zusammen, um u.a. über die Sicherung der Medienfreiheit und den Umgang mit Desinformationen zu sprechen. Ausgerechnet unter der Agenda von Heiko Maas!

Das muss man sich einmal vorstellen, einer der Baumeister der Internetdenunziation und einer der großen kleinen Befürworter der staatlichen Subventionierung regierungszugetaner Medien erzählt einer Reihe von zugeschalteten Amtskollegen aus verschiedenen Ländern das Gegenteil dessen, was sonst auf seinem Aufgabenzettel steht.

Heiko Maas bietet den Vereinigten Staaten von Amerika einen „Marshallplan Demokratie“ an. Aber was bedeutet das genau? Der deutsche Außenminister streckt nach den verstörenden Vorfällen rund um das Kapitol seine Fühler aus mit der Idee, ausgerechnet im Geburtsland der Meinungsfreiheit seine Vorstellungen von Meinungsfreiheit, die eher dem chinesischen als dem amerikanischen Vorbild entsprechen, zu installieren.

Gäbe es noch gute Kabarettisten in Deutschland, sie könnten sich grinsend ausmalen, was wohl drin sein müsste in den deutschen Welcome-Demokratie-Care-Paketen für Amerika:

Zunächst einmal ein Satz Mundnasenschutzmasken als sichtbares Zeichen der Meinungsfreiheit, Spielzeug für die Kinder in Form von drei Plastikaffen Made in China, eine englische Übersetzung des Maas’schen NetzDGs, und weil es sich ja anbietet, noch eine Hochglanz-Autogrammkarte made by Flydealer des Demokratiehelden aus Saarlouis, bei dessen Rede zur 75. Generalversammlung der Vereinten Nationen. Ja, da hatte auch Maas in viel zu großen Schuhen vorgesprochen, an diesem Pult der Helden, wo zuvor schon Che Guvara, Fidel Castro und Jassir Arafat sogar mit Pistolenhalfter zur Welt sprachen. Ja, Heiko Maas ist auch so ein Rebell.

„Den Glauben an Zusammenhalt, an Demokratie als menschlichste Staatsform und an die Überzeugungskraft von Wissenschaft und Vernunft können wir nur gemeinsam bewahren. Dafür gibt es im 21. Jahrhundert keine besseren, engeren, natürlicheren Partner als die USA und Europa.“

Der 54-Jährige tickt heute ganz anders als sein einstiger saarländischer Übervater Oskar Lafontaine. Denn der ist der antiamerikanischen Linie der europäischen Linken stets treu geblieben. Was der Maas-Macher im Sommer 2020 über die Politik auch von Heiko Maas sagte: „Wir leben in einem Schweinesystem“. Und auch ein „Hey Joe“ kommt Lafontaine nicht über die Lippen, bei dem heißt es stattdessen: „Die USA schulden Deutschland mehrere hunderte Milliarden, weil sie den Nahen Osten kaputtgebombt haben und Deutschland wie auch andere Länder für die Folgen aufkommen muss durch die Aufnahme vieler Kriegsflüchtlinge.“ (…) Die US-Truppen in Deutschland wären hier nicht stationiert, um uns zu schützen, „sondern um von Deutschland aus die völkerrechtswidrigen Kriege in aller Welt zu führen.“

Nun ist allerdings klar, dass Lafontaine hier nicht Trump meinen kann, sondern dessen Vorgänger meinen muss.

Welches Bild wird bleiben bespielsweise von Barack Obama? Dieses Bild, als Obama mit seinem Team live der Erschießung von Osama bin Laden beiwohnte? Welches Bild ist von George Bush geblieben? Zwei Bilder: Einmal die Nachricht vom Angriff an 9/11 und zum anderen der Auftritt auf einem amerikanischen Flugzeugträger in engen Militär-Hosen. Von Trump wird ein Bild bleiben, ganz ohne Trump: ein halbnackter, schlimm tätowierter Schauspieler mit Fellmütze und Hörnern.

Welches Bild bleibt nach den Wahlen im Herbst 2021 von Außenminister Heiko Maas? Sicherlich seine großzügigen Angebote für Marshallpläne für Demokratie an China, Russland und Iran!

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