Alles klar: Die Bayernwahl ist gelaufen, nun kann die Causa Maaßen neu verhandelt werden – dachten sich wohl die Kritiker des Verfassungsschutzpräsidenten. Und der Verdacht konturiert sich, diese neuerliche Wendung könnte bereits Teil des Maaßen-Deals der Großen Koalition gewesen sein. Zu albern, zu sinnfrei, zu wenig nachvollziehbar war der Posten im Innenministerium, den die Kanzlerin Mitte September noch „sachgerecht und auch vermittelbar“ nannte, allerdings mit dem Nachsatz, das neue Amt des Sonderberaters für Hans-Georg Maaßen würde die Arbeitsabläufe im Innenministerium nicht weiter stören.
Nun ist die Bayernwahl gelaufen, die Forderung einer Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz wird immer lauter, da bietet es sich offensichtlich an, den Kehrbesen ein zweites Mal durch die Verfassungsschutzhallen zu jagen, bevor man die Sau durchs Dorf treiben kann, ohne sich dabei selbst die Haxen zu brechen.
Auf die Versetzung folgt jetzt so etwas wie eine unehrenhafte Entlassung. Der passende Grund war schnell gefunden. Die WELT machte den Maaßen-Kritikern von Merkel bis Nahles ein schönes Geschenk, als sie den Begriff der Verschwörungstheorie in die Causa Maaßen einführte. Maaßen nun also in einer Reihe mit den ganz bösen Scharlatanen, den Geschichtsverdrehern, den Esoterikern und politischen Alchemisten.
Die Welt schreibt, Maaßen hätte „eine Art Verschwörungsszenario“ entworfen. Wie die Zeitung das begründet? Maaßen hätte behauptet, es gäbe linksradikale Kräfte in der SPD. Aber was bitte kann daran Verschwörungstheorie sein, wenn Linksradikale aus dem Familienministerium subventioniert werden und wenn sogar noch der SPD-Bundespräsident linksradikale Musikbands bewirbt und anschließend das ZDF dieser Kapelle über Umwege noch eine Werbeplattform anbietet? Die Welt titelte damals: „Werbung für Linksextreme? Kritik an Steinmeier wegen Konzert-Tipp“ Ach, die Liste ist lang und wer würde bezweifeln, dass ein Verfassungsschutzpräsident eine noch deutlich längere Liste im Giftschrank liegen hat?
Derweil schreiben die verbleibenden Leitmedien weiter bei der Welt ab, die Maaßen als Verschwörungstheoretiker sieht. Und wikipedia wird dann demnächst unter „Hans-Georg Maaßen“ schreiben: „Wird meist als Verschwörungstheoretiker“ bezeichnet, und darunter dann die Belege der Zeitungen platzieren, die der Welt gefolgt sind. So macht man das heute, wenn renitente Personen für alle Zeiten in Misskredit gebracht werden sollen. Wikipedia als moderner Pranger und gefüttert von den vereinten Leitmedien, die hier im Hintergrund eine letzte große Bastion ihrer schwindenden Meinungshoheit ausspielen können. Noch.
Und dann ist das Manuskript endlich online und es wird hektisch in den Redaktionen, die aufgefordert sind, ihre Mutmaßungen irgendwie zu verifizieren. Nun hat Hans-Georg Maaßen in dieser Rede tatsächlich nicht weniger getan, als vor einer größeren Versammlung von Verfassungsschützern aus ganz Europa die Bundesregierung frontal zu kritisieren.
Wenn das vereinbarte Ausscheiden von Maaßen mit einer Abfindung in Unternehmen vergleichbar wäre, dann hätte Maaßen nicht nur die Verschwiegenheitsklausel gebrochen, was er hier getan hat, wiegt vielfach schwerer, wenn er die Haltung der Bundesregierung im Verbund mit den Medien mit jener „russischen Desinformation“ vergleicht, von der er über die Jahre in seinem Amt Kenntnis bekommen hätte. Also nicht, dass es hier keine Vergleichsmöglichkeiten gäbe, er muss es ja wissen. Aber wir können hier davon ausgehen, dass ihm die Folgen klar gewesen sein müssen. Hans-Georg Maaßen hatte offensichtlich kein gesteigertes Interesse an dem neuen Posten als Spaßminister ohne Aufgaben im Innenministerium. Maaßen erzählte seinen europäischen Kollegen:
„Ich habe bereits viel an deutscher Medienmanipulation und russischer Desinformation erlebt. Dass aber Politiker und Medien[,] „Hetzjagden“ frei erfinden oder zumindest ungeprüft diese Falschinformation verbreiten, war für mich eine neue Qualität von Falschberichterstattung in Deutschland. Ich hatte mich in der darauffolgenden Woche gegenüber der „Bild-Zeitung“ in nur vier Sätzen dazu geäußert, [I]ndem ich klarstellte, dass es nach Erkenntnissen aller zuständigen Sicherheitsbehörden keine derartigen rechtsextremistischen „Hetzjagden“ gab.“