Canan Bayram, Bundestagsabgeordnete der Grünen, soll ganz in der Nähe der berüchtigten Rigaer 94 in Berlin-Friedrichshain wohnen. Dem Berliner Verfassungsschutz gilt die Adresse als zentrale Institution der gewaltbereiten autonomen Szene Berlins. Was für die einen also Rückzugsort für Gewalttäter ist, gilt anderen allerdings schon seit Jahrzehnten als Prestigeobjekt, als alternative politische Lebensform. Die Rigaer 94 scheint unter Artenschutz zu stehen.
Als neue Eigentümer des Hauses einmal versuchten, diesen andauernden Konfliktherd damit zu lösen, „Flüchtlinge” unterzubringen und das Erdgeschoss räumen ließen, war es quasi über Nacht wieder besetzt. Canan Bayram fand den Aktionismus der Hausbesitzer aber auch unmöglich: „Das ist eine reine PR-Maßnahme. Ich habe große Zweifel, dass tatsächlich Flüchtlinge einziehen.“ Also zogen auch keine ein. Refugees welcome, aber bitte nicht auf Kosten linksradikaler autonomer Berliner?
Zusätzlich soll ein Bekennerschreiben hinterlassen worden sein, dass den Grund des Überfalls erklären will: Die Aktion habe dazu gedient, „das Gesicht zu den in der JVA Tegel herrschenden Zuständen kennenzulernen“.
Die Justizverwaltung will nun nach diesem Vorfall die Sicherheitsvorkehrungen überprüfen. Die allerdings gab es bisher laut Auskunft eines Gesprächspartners mit Ortskenntnis gegenüber TE so gut wie nicht. Nein, soweit er wüsste, gab es in der Senatsverwaltung bisher keine erkennbare Einlasskontrolle.
Die Berliner Oberstaatsanwaltschaft hatte vom Fall übrigens erst aus der Zeitung erfahren. Bisher sei dort nichts eingegangen, was bei der polizeilichen Brisanz aber eher die Regel gewesen wäre. Wären es „Rechte” gewesen, ja, dann läge mit Sicherheit längst etwas vor. So müsse man sich schon an das Berliner LKA 5 wenden, wo der Fall aktuell abgearbeitet wird, wenn man mehr erfahren will.
Der normale Vorgang bei Linksextremen, so unser Gesprächspartner, der dabei auch auf Vorkommnisse mit dem schwarzen Block verweist, ginge so: Die Fälle kämen zur Oberstaatsanwaltschaft als Unbekanntsache, weil die Polizei vor Ort keine Personalien festgestellt hat und nach einer bestimmten Zeit, wird der Fall zu den Akten gelegt. Warum? Die Begründungen seien oft ähnlich: Verhältnismäßigkeit der Mittel und Deeskalationspolitik. Der schwarze Block würde in Berlin mit Samthandschuhen angefasst.
So darf man gespannt sein, was das LKA 5 nun ermittelt, wann der Fall zu den Staatsanwaltschaften geht und ob überhaupt. Und wenn also nicht schleunigst die Sicherheitsmaßnahmen verschärft werden, dürfte der angekündigte Erinnerungsbesuch möglicherweise stattfinden.