Die Meldungen sind zunächst widersprüchlich. Laut syrischen Staatsmedien hat Israel Luftangriffe über syrischem Staatgebiet geflogen. Im Norden des Landes soll am späten Sonntagabend eine Stellung der Armee angegriffen worden sein mit dem Ziel, die Rebellenverbände gegen Assad zu entlasten. Israel lehne bisher jede Stellungnahme ab. Laut syrischer Staatsmedien soll lediglich Sachschaden entstanden sein; die Angriffe hätten den Zweck gehabt, den Vorstoß gegen Aufständische zu unterbinden.
Eine Offensive der syrischen Armee gegen diese „Aufständischen“ näherte sich der israelischen Grenze, die den Rebellen bisher auch Schutzzone gewesen sein muss in der Annahme, Israel würde Gefechte hier nicht zu lassen. Und Israel bestätigt die Annahme nun. Eine syrische „Beobachtungsstelle für Menschenrechte“ mit Sitz in London nennt als Ort des Gefechtes ein Gebiet, rund vier Kilometer entfernt von einer Pufferzone zwischen Syrien und den Golanhöhen.
Bedenklich erscheint hier außerdem, dass die Hamas vom Gaza-Streifen aus gerade alle Möglichkeiten nutzt, israelische Kräfte zu binden. Die Welt kommentiert: „Israel wehrt sich mit schweren Luftangriffen gegen die Hamas, es sind die heftigsten Kämpfe seit Jahren. Die ersten sprechen schon von Krieg. Währenddessen wächst die wahre Gefahr am Golan heran.“ So viele Geschoße wie in den letzten Tagen sollen seit 2014 nicht mehr auf Israel abgefeuert worden sein.
Sicher spielen auch die aktuellen Gespräche zwischen Putin und Trump eine wichtige Rolle. Niemand kann voraussagen, ob und was die beiden Staatsmänner vereinbaren werden und inwieweit das die eingefahrenen Positionen in Syrien verändern könnte. Es geht also möglicherweise darum, schnell noch Tatsachen zu schaffen, die diese Gespräche beeinflussen können. Wenn stimmt, was Assad-feindliche Aktivisten berichten, dann waren bei den Angriffen auf Rebellen bei Daraa auch russische Kampfjets beteiligt, deren Erfolge nun von israelischen Kampfjets zunichte gemacht werden sollten. Eine gefährliche Situation.
Mit Spannung erwarten die am Konflikt Beteiligten, was das Treffen zwischen Trump und Putin in Helsinki ergibt. Syrien wird hier Masterthema sein. Die Welt fragt: „Ist das Land für die USA noch Teil einer Nahost-Strategie – oder nur noch Verhandlungsmasse für einen Deal mit Russland?“ Und die Zeitung spekuliert bereits, dass Trump Putin das erdölreiche Nordsyrien anbieten könnte, um im Gegenzug einen Abzug der iranischen Kräfte aus Syrien zu erreichen. Inwieweit diese Schwächung der Schlagkraft Assads allerdings eine erneute Wendung im Krieg um Syrien bedeutet, müssen dann Militärexperten beurteilen.
Nun ist, was Trump mit den nordsyrischen Gebieten in die Waagschale werfen könnte, ein überwiegend von Kurden bewohnter Teil des Landes. Es werden also möglicherweise wieder einmal die Kurden sein, welche die bittere Pille schlucken müssen, den hohen Blutzoll ihrer Kämpfer gegen den IS erneut nicht honoriert zu bekommen. Aber noch steht die Militärallianz mit den Amerikanern gegen den IS. Wird Trump sie beenden zugunsten eines Abzuges der Iraner aus Syrien? Und wie wird Putin seinerseits diesen Abzug bewerkstelligen können?
Der Krieg in Syrien geht weiter. Auf Stabilisierungen folgen Destabilisierungen. Alte Interessen kollidieren, neue Interessen entstehen und weitere Flüchtlingswellen machen sich auf den Weg. Es ist keine Lösung für Syrien in Sicht. Es sterben weiter täglich Zivilisten und Soldaten. Seit Ausbruch des Konfliktes sind hunderttausende zivile Opfer zu beklagen. Wir leben im 21. Jahrhundert. Die Welt könnte auch für Syrer ein schönerer Ort sein. Assad allerdings ist längst nicht mehr der alleinig Schuldige.