Die Befürchtung bestand schon länger, Maßnahmen der Bundesregierung gegen eine Aufrüstung der Schiffe von Nichtregierungsorganisationen (NGO) zur Schlepperhilfe vor der libyschen Küste waren aber entweder nicht vorhanden, oder – absichtsvoll? – so dilletantisch angelegt, wie der Vorstoß von Verkehrsminister Andreas Scheuer, der versucht hatte, den Einsatz von immer mehr dieser Schiffe zur Beihilfe der illegalen Migration zu beschränken. Jedenfalls wollte Scheuer jene Schiffe, die unter deutscher Flagge fahren, mit neuen technischen Auflagen belegen – aber so schnell, wie man einen alten Diesel anwerfen kann, war schon das passende Gerichtsurteil gegen Scheuer zur Hand, dass das Vorhaben aus dem Verkehrsministerium vereitelte.
In der zweiten Jahreshälfte 2019 machte eine Initiative des EKD-Chefs Heinrich Bedford-Strohm von sich reden, der ein eigenes Schiff auf den Weg schickte, der selbst vor Ort auf einem der Schiffe der Schlepperhelfer unterwegs war, von dort aus seine persönlichen Befindlichkeiten per Online-Tagebuch in die Welt schickte und daheim Schiffstaufen und -segnungen vornahm.
Zwar gab es Protest aus den Kreisen der Kirche, aber Bedford-Strohm muss sich gedacht haben: Alles besser, als nur diese stetige lauwarme Abkehr der Gläubigen auch von seiner Kirche. Warum dann ausgerechnet der Anteil der Muslime per Schlepperhilfe erhöht werden muss, steht auf einem ganz anderen Blatt. Auch die katholische Kirche blieb nicht untätig: Erzbischof Kardinal Reinhard Marx spendete Anfang 2020 immerhin 50.000 Euro aus Mitteln des Erzbistums und stellte es der Schlepperhilfe zur Verfügung. Namentlich der NGO United4Rescue, angeregt von Bedford-Strohm, maßgeblich unterstützt von den beiden Kirchen. Was für eine Ökumene.
Der Internetauftritt der Sea-Eye-Organisation erzählt, dass die Bauweise der Sea-Eye-4 „sehr gut für Seenotrettungseinsätze“ geeignet sei und „viel Platz für die Erstversorgung geretteter Menschen“ bieten würde. Man vergisst hier nicht zu erwähnen, dass es auch eine Krankenstation mit modernen Standards geben wird, um „auch auf potentielle Corona-Fälle vorbereitet zu sein.“ Zwei Kräne an Bord können binnen Minuten zwei Einsatzboote zu Wasser lassen. Das Schiff soll im Frühjahr 2021 „so schnell wie möglich Menschenleben (…) retten.“
„Wir bauen ein Rettungsschiff. Helfen Sie uns weiter? Jetzt spenden.“
Der Trierer Generalvikar Ulrich Graf teilte via Katholisch.de mit: „Wir können nicht tatenlos zusehen, wie quasi vor unserer Haustüre Menschen ertrinken.“ Auch bei innerkirchlichen Themen sei es wichtig, über den Tellerrand zu gucken. Dass er und alle anderen damit auch in großem Maße Verantwortung übernehmen, sollten angeregt von der Präsenz der Schiffe wieder mehr Menschen ertrinken, darf man diesen nach Aufmerksamkeit für ihre Kirchen strebenden Bistümern hier nicht ersparen. Mit der Entsendung der Sea-Eye-4 wird damit das vierte Schiff der Organisation vor der nordafrikanischen Küste zum Einsatz kommen.
Die ausufernde Aggressivität dieser spendablen Kirchenleute gegenüber Kritikern der Schlepperhilfe war bisher beim EKD-Chef Bedford-Strohm besonders auffällig, der kaum eine Verunglimpfung auslässt, zu verführerisch wohl das Scheinwerferlicht, dass die Medien werfen. Jetzt möchte also auch die katholische Kirchen einen Bissen von selbstaufgesetzten evangelischen Heiligenschein für sich beanspruchen. Heinrich Bedford-Strohm allerdings tritt nicht mehr als Kandidat für den EKD-Vorsitz an. Mit Bescheidenheit hat das allerdings wenig zu tun, denn aus den eigenen Reihen war dem eitlen Kirchenmann schon empfohlen worden, sich einmal die Frage zu stellen, wann man besser schwiegt.
Also werden sich die deutschen Kirchen und die Aktivisten vor Ort auch verantworten müssen, wo diese Aktivitäten noch mehr Menschen in Afrika aus ihren Heimaten nach Libyen locken. Denn es ist ja keineswegs so, dass es libysche Bürger sind, die Schlepper bezahlen, die sie u.a. in teils maroden Schlauchbooten Richtung internationale Gewässer schicken, wo dann u.a. die Schiffe der deutschen Kirchen warten. Nein, diese Menschen flüchten großteils nicht vor Folter, Hunger, Lagerhaft und Vergewaltigung in Libyen. Im Gegenteil: Sie sind großteils wegen der NGO-Schiffe vor der Küste überhaupt erst über gefährlichen Routen nach Libyen gekommen.