Eins und eins gleich zwei. Der Weg dorthin ist einfach. Erstklässler bekommen es in Obst erklärt: Ein Apfel und ein weiterer sind zwei Äpfel. Aber schon hier kann man es verkomplizieren, wenn die Lehrerin es so erklärt: Ein Apfel für Dich, einer für Deine Freundin/Freund. Dann hat jeder einen, beide werden satt, beide sind glücklich und zusammen hat man zwei?
Die Abweisung von außereuropäischen Ausländern wird von Erwachsenen gerne komplexer verhandelt. Dabei sind die Fakten so eindeutig wie die Frage nach der Summe von eins und eins. Wenn aber die eins nicht als eins erkannt wird, dann kann auch kein korrektes Ergebnis zustande kommen.
Aber die Überschrift dieser dpa-Meldung ist aus noch einem weiteren Grunde eine Falschmeldung, dann nämlich, wenn hier von „Flüchtlinge(n)“ gesprochen wird, also entgegen der allgemein anerkannten Definition der Genfer Flüchtlingskonvention formuliert wird, die nämlich besagt: «Ein Flüchtling ist eine Person, die “[…] aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will […]» Streng genommen wäre also die Forderung: „Refugees Welcome“ auch von jedem zuwanderungskritischeren Bürger zu unterschreiben, ist es doch ein verschwindend geringer Teil, der tatsächlich in Deutschland als Asylbewerber (also als Flüchtling) anerkannt wird. Viel mehr Ankommende werden lediglich „geduldet“ oder erhalten „subsidiären“ Schutz.
Hier geht es also im Grunde genommen nicht um komplizierte Auslegungen oder um Interpretation von Sprache und Titeln, sondern um recherchierbare Sachlagen, um Fakten, um die Frage, was eins und eins in Summe ergibt. Natürlich läst sich alles ideologisch verkomplizieren, wenn man bereit ist, in Äpfeln zu denken und beispielsweise eine soziale Komponente einbauen möchte: Ein Apfel für dich, einer für deinen Freund.
Der Spiegel beklagt sich gerade über eine Verrohung von Sprache in der „Flüchtlingsfrage”. Und das Magazin möchte beweisen, dass es die Grundrechenarten beherrscht und spricht also in der Headline nicht mehr von Flüchtlingen, sondern titelt: „Wie rechte Politik die Migrationsdebatte prägt“. Die „Flüchtlingsdebatte“ gibt es für den Moment einfach nicht mehr, weil die Autorin damit den Inhalt ihrer Rede ad Absurdum stellen würde. Der Spiegel sprach dafür mit einer promovierten Linguistin. Also mit einer Fachfrau, die das Einmaleins der Sprache studiert haben sollte. Und die dann im Interview mit dem Spiegel zum Schluss kommt, dass wir nicht sorgsam genug mit Sprache umgehen würden, aber diese würde doch unser politisches Handeln prägen.
Richtiggehend durcheinander gerät es dann, wenn die Fachfrau selbst den ideologisch aufgeladenen Begriff „Flüchtling“ verwendet, wenn sie erklärt: «Denken Sie an Formulierungen wie „Flüchtlinge zurückweisen“ – da verlagert sich im Kopf der Fokus auf die Herkunft, in die es zurückgehen soll. Es wird propagiert, es gäbe noch eine Heimat. „Abweisen“ wäre das ehrlichere Wort.» Nein, ehrlicher wäre es hier, zu sagen, „Migranten abweisen“. Wenn sich nun aber schon eine Lingustin verheddert, wie soll der Bürger hier noch bei irgendjemandem irgendeine Deutungshoheit anerkennen? Nein, der Bürger vertraut auf seinen gesunden Menschenverstand. Darauf, dass eins und eins zwei ergibt. Ganz gleich zunächst, wer nachher die Äpfel isst, es bleiben immer zwei, die zu verteilen sind, wenn vorher zwei einzelne vom Baum gepflückt wurden.
Aber die Sprachwissenschaftlerin ist so frei, sich gegenüber dem Magazin aus Hamburg zu erkennen zu geben als ideologisch positionierte Person, wenn sie weiter erklärt, die CDU sei bereits eine rechtspolitische Gruppe. Die AfD sowieso. Und wenn sie zu wissen vorgibt, diese Gruppe würde „stärkere Frames“ setzen, als linkspolitische Gruppen. Die Rechten würden „also Deutungsrahmen“ setzen, „durch die Realität betrachtet und so auch politisches Geschehen eingeordnet wird.“