Tichys Einblick
Integrationsbarometer 2018

Migration als Bereicherung: Erfindung oder Empfinden

Ein Barometer gibt vor, Stimmungen zur Zuwanderung messen zu können. Eine Aufgabe, die schon deshalb so krachend schief geht, weil sich die Macher gleichzeitig in der Pflicht sahen, Stimmung machen zu müssen. Gute Stimmung auf Bestellung. Pünktlich ins Haus von den Lieferandos des Kanzleramtes.

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SVR-Integrationsbarometer 2018 des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Integration und Migration: Wieder eine Studie mehr, noch eine Umfrage, Abfrage, Sinnfrage – immer nur der nächsten Versuch, den rasanten Umbau der Gesellschaft, die Massenzuwanderung ab 2015 und ihre Folgen als etwas darzustellen, das angeblich dem Wunsch der meisten Deutschen entsprechen soll: Eine von einer anhaltenden Willkommenskultur geprägte Aufforderung an die Welt, mit uns und bei uns friedlich und im Einklang in Vielfalt zusammenzuleben. Wunschgemäß.

Der edle Fremde, der bedauernswerte Flüchtling, der schutzbedürftige Asylbewerber, der dringend benötigte Facharbeiter und nicht zuletzt der neue Mensch als ultimative kulturelle Bereicherung für Deutschland.

Private Stiftungen, neue privat-öffentlich-rechtliche Rechercheverbunde, öffentlich-rechtlicher Rundfunk, staatlich subventionierte Kulturträger, regierungstreue sogenannte Nichtregierungsorganisationen, massive Fördermaßnahmen „Demokratie leben“, aus Bundesprogrammen in dreistelliger Millionenhöhe, wenn beispielsweise das Familienministerium heute schon Broschüren und Maßnahmen-Kataloge der Kahane-Stiftung unterstützt, die sich für flächendeckende frühkindliche so genannte Demokratieerziehungsmaßnahmen schon an Kitas einsetzen.

Schlicht und ergreifend unlauter
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Wer es dann immer noch für erstrebenswert hält, seine Vorstellungen eines Vernunft basierten gesellschaftlichen Zusammenlebens zu erzählen, der kommt an dieser Mauer des Gutmeinenden nicht mehr vorbei. Jeder mischt mit, alle wollen dabei sein, die Volkswagen Stiftung etwa möchte Vertrauen für das Unternehmen zurückgewinnen, die Gewerkschaften reihen sich dankbar mit ein, die überdimensionale Bertelsmann Stiftung kann den Hals immer noch nicht voll genug kriegen, wenn es um Einflussnahme und Machtzuwachs geht und nebenher buhlen immer mehr private Player in immer neuen Konstellationen um ihren Anteil am großen Steuergeldkuchen.

Aus allen Rohren ein identischer Sound und mitten hinein in den Lärm jetzt der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration mit seinem „Integrationsbarometer 2018“ und dem Fazit für die Medien: Die Deutschen sehen das Zusammenleben mit Ausländern und die Einwanderung überwiegend positiv. Und weiter: Die Zufriedenheit mit der Migrationsgesellschaft bleibe bei den Deutschen stabil positiv.

Wenn aber behauptet wird, was vielen so falsch erscheint, was die meisten ganz anders über den Gartenzaun von ihren Nachbarn hören, im Hausflur in den Mietskasernen deutscher Großstädte austauschen oder auf der Straße, im Verein oder im Biergarten miteinander besprechen, dann kann nur eine Sicht der Dinge die richtige sein.

Meinungsmache
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Erklärt das schon die ätzende Lautstärke der Bemühungen, die sich immer offener zeigenden Verwerfungen der Zuwanderung einfach nur zu übertönen? Ein großes Rätsel: Warum sind die Medien weiterhin bereit, das hingehaltene schludrige Fazit solcher Untersuchungen zu übernehmen, ohne sich auch nur ansatzweise die Mühe zu machen, einmal intensiver so ein „Integrationsbarometer“ und „Methodenbericht zum Barometer“ zu lesen und selbstständig zu beurteilen? Schamgefühl abgeschafft? Oder vergoldet?

Wie ist das zu bewerten, wenn die Medien berichten: „Große Mehrheit der Deutschen sieht Migration als Bereicherung“, wenn dann allerdings die Umfrage als Alleinstellungsmerkmal angibt, unter den Befragten wären mehr als 70 Prozent mit Migrationshintergrund? Wenn mit Stolz obendrein verkündet wird, dieses Integrationsbarometer sei „eine der größten repräsentativen Befragungen von Zuwanderinnen und Zuwanderern in Deutschland.“

Und diese Umfrage soll nun zu dem Schluss gekommen sein, die Deutschen sind zufrieden und glücklich über die Zuwanderung, so, wie sie passiert? Glauben die Leitmedien wirklich, was sie da übernehmen, nur weil die vielen bunten Tabellen und Statistiken rein optisch so einen sauberen und überzeugenden Eindruck machen? Wie verdreht ist das eigentlich alles? Hier das große Glück, dort nur der blanke Hass von Nazis, dazwischen nichts außer einer ultimativen Aufforderung sich zu entscheiden, wo man dazugehören will?

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Mit Bedauern stellt das Barometer immerhin noch Eintrübungen in der deutschen Jubelfeier fest. Aber zur allgemeinen Beruhigung: Nur unter Männern und nur in diesem komischen Ost-Deutschland. Und eben nur da, wo es keinen Integrationsalltag gibt, also auch keine dieser segensreichen Erfahrungen, wie heilsam und wunderschön so eine multikulturelle Wirklichkeit tatsächlich sein kann, sein soll und für alle Zeiten sein werden wird.

Dieses Integrationsbarometer – den seitenlangen Anhang einmal abgezogen – ist ein denkbar schmales Papier von kaum mehr als 20 Seiten. Dafür ist der mitgelieferte Methodenbericht mehr als doppelt so lang. Lesen wird auch diesen von den Medien kaum einer, aber er riecht so verdammt geil nach Wahrheit, nach fundierten Daten für ein faktenreiches Barometer 2018.

Auf Seite drei heißt es da: „Charakteristikum aller SVR-Integrationsbarometer ist eine Überrepräsentanz von Befragten mit Migrationshintergrund mit einer gleichzeitigen Einordnung der Befragten in einzelne Herkunftsgruppen.“

Wurde nun anderenorts vielfach untersucht, welche Nachteile Personen mit nicht deutsch klingenden Namen in der deutschen Gesellschaft haben, spürt das Integrationsbarometer gezielt solchen Namen nach, man will ja auf die über 70 Prozent Migrantenbeteiligung bei den Telefoninterviews kommen. Merken wir uns hier: Was Hänschen nicht darf, darf Hans dann doch wieder, dann, wenn es der guten Sache dient.

Von den Interviews mit den Angerufenen waren am Ende lediglich 6,4 Prozent auswertbar. Macht ja nichts, dann ruft man eben so lange an, bis es passt. Der Sachverständigenrat führte die Umfrage nicht selbst durch, das kennen wir schon aus dutzenden anderen Studien, wo die Aufraggeber lediglich das Fazit schreiben.

Alchemie
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Beauftragt wurde das Hamburger Marktforschungsinstitut „Aschpurwis und Behrens“. Die Telefonnummern für die Umfrage sollen von der Bundesnetzagentur zur Verfügung gestellt worden sein. Die Erhebungen werden allerdings im Detail voraussichtlich erst Ende 2020 zu weiteren Forschungszwecken zur Verfügung stehen. Ob dann allerdings noch Journalisten kritisch prüfen wollen, darf bezweifelt werden.

Aschpurwis und Behrens schreiben auf ihrer firmeneigenen Website:

„Ihre Telefonnummer wurde rein zufällig vom System ausgewählt.“ Wie hier nun allerdings Namen ausgewählt wurden, die auf einen Migrationshintergrund hinweisen und wie das mit der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zusammenpasst, könnte eine interessante Frage am Rande sein.

Wurde hier die Zuordnung erst vorgenommen, nachdem miteinander telefoniert wurde, um die neuen Datenschutzgesetze (DSVGO) nicht zu verletzten? Aussagen von Angerufenen bestätigen das jedenfalls, wenn berichtet wird, das nach drei Fragen abgebrochen wurde mit der Bemerkung, dass die „Quote schon voll sei.“

Nach einfacher Netzrecherche und ganz unrepräsentativ erfahren wir beispielsweise hier etwas über die Qualität der telefonischen Befragungen und die Vorgehensweise dabei.

Da heißt es beispielsweise:

„Sachverständigerrates deutscher ?? Anruferin macht meinungumfrage zur integration, kann die fragen aber nicht richtig vom Bildschirm ablesen. Lustig.

Komische fragen zur integration.“

Oder weiter:

„Wollten wissen wie ich mich als Migrantin in Deutschland fühle und meine Integration läuft. Nach mehrmaligen Telefonaten ignoriere ich das jetzt, weil ich keine Migrantin bin und damit doch die Statistik total verfälscht werden würde. Was die Anrufer aber anscheinend anders sehen.“

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Nun ist so ein Barometer dem Namen nach zunächst einmal ein Druckmesser. Im konkreten Fall geht es also offensichtlich darum, zu ermitteln, wie hoch der Druck, also die Belastung für die einheimische Bevölkerung ist, die von Migranten und Zuwanderung ausgeht. Da eine große Mehrheit der Befragten selbst Migranten sind, kann man sich schon fragen, wie hier eigentlich korrekt ermittelt werden soll, wie hoch der von dieser Gruppe ausgehende Druck (Barometer) auf die einheimische Bevölkerung tatsächlich ist. Eine einheimische Mehrheitsgesellschaft sollte doch am besten darüber Auskunft geben können, in wie weit das funktioniert mit jenen Fremden, die neu dazugekommen sind. Oder?

Ein Problem, das weitere Probleme mit sich führt, wenn die Macher des Barometers beispielsweise feststellen: „Da bei der aktuellen Erhebung erstmals ab 2014 eingereiste Flüchtlinge als gesonderte Gruppe interviewt werden sollten, wurden einzelne Fragebogeninhalte angepasst. Diese Anpassungen trugen der allgemeinen Erwartung Rechnung, dass Flüchtlinge, die sich nur wenige Jahre in Deutschland aufhalten, allgemeine Fragen zum Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft (wie im Integrationsklima-Index vorhanden) nicht beantworten können.“ Ja, aber was soll das Ganze dann?

Eine erste Selbsterkenntnis zur Genauigkeit dieser telefonischen Umfragen wird sogar im Kleingedruckten mitgeliefert: „Da Befragte häufig nicht wissen, welche Staatsangehörigkeit ihre Eltern bei der Geburt hatten und wann sie ggf. nach Deutschland zugewandert sind, sind zahlreiche fehlende und fehlerhafte Angaben zu erwarten.“

Und wenn etwas im Verlauf dieser telefonischen Befragungen nicht passte oder unstimmig war, gab es die interne Anweisung: „Bei vorliegenden Widersprüchen wurden den Interviewern und Interviewerinnen vorgegebene Textbausteine im Laufe der computergestützten Befragungsdurchführung eingeblendet, um die Befragten auf eventuelle Unstimmigkeiten hinzuweisen.“

Fragebögen standen in „Russisch, Englisch, Türkisch, Arabisch und Farsi“ zur Verfügung (Seite 5 Methodenbericht).

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Nun ist dieser Fragebogen besonders dadurch gekennzeichnet, dass er zu einem großen bis überwiegenden Teil erst einmal aus Fragen besteht, die verifizieren sollen, wer überhaupt am anderen Ende der Leitung sitzt. Dann folgen Fragen wie diese hier: „Auch wenn andere EU-Länder keine Flüchtlinge hineinlassen wollen, sollte Deutschland weiterhin Flüchtlinge aufnehmen.“ „Stimme voll und ganz zu“ bis „Stimme gar nicht zu“ (Fragebogen Frage FA8). Oder solche Fragen, die klingen, wie aus der Marketingabteilung irgendwo im Atombunker unter dem Willy-Brandt-Haus: „Würden Sie sagen, die Parteien in Deutschland vertreten die Interessen von Migranten ausreichend oder brauchen wir eine Partei in Deutschland, die stärker die Interessen von Migranten vertritt?“

Interessant auch, wenn Befragte, die zu über 70 Prozent aus Migranten bestehen sollen, gefragt werden: „Haben Sie sich in den letzten Jahren oder hat sich jemand aus Ihrem Familien- oder Bekanntenkreis ehrenamtlich für Flüchtlinge engagiert?“ Ja, was soll der Flüchtling am Handy da antworten, wenn er der Mutter oder dem Bruder gerade die Einkaufstüte vom Penny nach Hause getragen hat? Natürlich „Ja!“.

Im Anschluss an das Interview kann der Interviewer unter Q5 eintragen: „Bitte geben Sie uns einen allgemeinen Eindruck vom Interviewpartner in eigenen Worten:“ Auch diese Daten stehen dann allerdings frühestens 2020 zur Verfügung.

Im Barometer heißt es: „Die Haltung zu Flüchtlingen sind überwiegend positiv. In allen Herkunftsgruppen geht die Mehrheit davon aus, dass Flüchtlinge Deutschland kulturell wie wirtschaftlich bereichern. Entsprechend meint nur ein kleiner Teil der Befragten, dass Flüchtlinge den Wohlstand in Deutschland bedrohen.“ Interessant aber auch hier wieder: Wenn ich zu über 70 Prozent Migranten befrage, wie ist dann dieser kleine Teil der Befragten zu verstehen?

Tatsächlich ist es so, das der überwiegende Anteil nicht nur des „Methodenberichtes“, sondern auch des gerade einmal zwei dutzend Seiten starken „Barometers“ die Vorgehensweise der komplizierten telefonischen Befragung und die komplizierte Auswahl der Befragtengruppen abhandelt, während die Fragen selbst bei genauerer Analyse wenig hergeben und auch hier der Fragebogen zu einem großen Teil der Identifikation des Angerufenen dient. Ebenso übrigens, wie manche Fragen, wie jene nach der Einstellung zum Kopftuch populistisch erscheinen, fast so, als hätte man schon selbst geahnt, wie wenig ergiebig der Rest der Befragung am Ende des Tages sein wird.

Da, wo man um konkrete Fragen nicht herum kommt, sieht es dann auch gar nicht so rosig aus: Seite 9: „Innerhalb dieses Teilbereichs fällt auf, dass erneut die Leistungsfähigkeit von Schulen mit einem hohen Migrantenanteil am schlechtesten eingeschätzt wird. Rund die Hälfte der Befragten mit und ohne Migrationshintergrund meint nach wie vor, dass kulturelle Vielfalt die Lernleistung der Schülerinnen und Schüler beeinträchtigt.“

Schön auch die aus der Genderperspektive interessante Feststellung, dass sich Männlein und Weiblein nur im Osten einig sind: „Interessanterweise zeigt sich der geschlechtsspezifische Unterschied nur im westdeutschen Befragungsgebiet; in Ostdeutschland ist keine signifikante Abweichung festzustellen.“

Die ganze Widersprüchlichkeit dieses Unterfangens namens Integrationsbarometer wird noch einmal im Fazit deutlich:

„Aufnahme, Unterbringung und Verteilung der Flüchtlinge wird überwiegend positiv bewertet. Die Menschen in den Ballungsräumen sind damit allerdings weniger zufrieden. Es bleibt abzuwarten, ob dies das Zusammenleben stören wird. Die Befragten sind dafür, weiter Flüchtlinge aufzunehmen. Das soll aber unter geordneten Verhältnissen geschehen: Die Mehrheit ist dafür, den Zuzug im Umfang zu begrenzen.“

Ziel: "Vetospieler" ausschalten
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So etwas nennt man umgangssprachlich eine kapitale Wollmilchsau. Weiterführend dazu auch die angehängte Literaturliste, die Hinweise gibt auf Hintergrund, Intention, Ausgangsthese der Macher dieses Barometers, wenn dort die Bertelsmann Stiftung sich quasi selbst zitiert, wenn amnesty pflichtschuldig aufgeführt wird ebenso, wie einschlägige Literatur aus dem zuwanderungsfreundlichen bis -fördernden Milieu, von der Otto Brenner Stiftung bis dahin, dass sich der SVR am Ende selbst ausführlich zitiert aus vorhergehenden Barometern.

Einer schreibt vom anderen ab, am Ende jeder von sich selbst. Und die willfährigen Institute liefern gegen Cash die passenden Zahlen. Was nicht passt, wird interpretiert und passend geschrieben. Bis dahin, dass der Bericht zur Methode der Vorgehensweise hier doppelt so lang ist, wie das eigentliche Barometer das wiederum in einem kurzen Fazit für die Presse zusammengefasst ist und dankbar Copy & Paste in Print und Online geht, während die tatsächlichen Daten dann erst 2020 einsehbar sein werden, wenn sich keiner mehr dafür interessiert.

Fazit: Ein Barometer gibt vor, Stimmungen gegenüber Zuwanderung messen zu können. Eine Aufgabe, die schon deshalb so krachend schief geht, weil sich die Macher gleichzeitig in der Pflicht sahen, Stimmung machen zu müssen. Gute Stimmung auf Bestellung. Pünktlich ins Haus von den Lieferandos des Kanzleramtes.


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