Werden die libyschen Schlepper „Flüchtlinge“ genannte illegale Einwanderer demnächst auf selbst gezimmerten Flößen ins Mittelmeer stoßen, für hunderttausende von Euro Gewinn pro Fahrt? Jedenfalls scheint das die Idee der Außenminister der EU-Staaten zu sein, die doch tatsächlich Ausfuhrbeschränkungen für Schlauchboote und Außenbordmotoren nach Nordafrika beschlossen haben. Wie verzweifelt ist das eigentlich? Kann es tatsächlich sein, dass die Bestände an Booten und anderen Wasserfahrzeugen in den nordafrikanischen Mittelmeeranrainerstaaten zur Neige gehen? Und was soll das überhaupt mehr sein, als eine Willenserklärung, wenn man dieses Exportverbot auf Libyen beschränkt, während beispielsweise die Bevölkerung im benachbarten Tunesien bereits aus geschätzten zehn Prozent eingewanderter Libyer besteht, die dann eben tunesische Boote mit ihrer libyschen Verwandtschaft verhandeln, was zwar den Preis in die Höhe treiben könnte, aber doch noch keinen relevanten Schlauchboot-Mangel in Libyen erzeugt.
Klar, die europäische Menschenrechtskommission intervenierte sofort, und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EMRG) verurteilte die Vereinbarung postwendend. Allerdings kann man davon ausgehen, dass auch der damalige französische Präsident Nicolas Sarkozy sein stillschweigendes Einverständnis gegeben haben mag.
Als der sogenannte arabische Frühling Anfang 2011 auch Libyen in vollem Ausmaß erreichte, blockierte Italien zwar zunächst EU-Sanktionen, spielte auf Zeit und ließ Außenminister Franco Frattini einen Appell an die EU richten, der zur Zurückhaltung und Nichteinmischung aufrief, indem er warnte, Europa könne Demokratie nicht exportieren. Aber da waren die internationalen Weichen schon gestellt für einen Sturz Gaddafis: aus heutiger Sicht geradezu prophetisch, was der libysche Diktator dem französischen Journal du Dimanche als Warnung an Europa in Mikrofon sprach und was beispielsweise die Süddeutsche „Propaganda“ nannte:
„Ihr sollt mich recht verstehen. Wenn ihr mich bedrängt und destabilisieren wollt, werdet ihr Verwirrung stiften, Bin Laden in die Hände spielen und bewaffnete Rebellenhaufen begünstigen. Folgendes wird sich ereignen. Ihr werdet von einer Immigrationswelle aus Afrika überschwemmt werden, die von Libyen aus nach Europa überschwappt. Es wird niemand mehr da sein, um sie aufzuhalten.“
Im Oktober 2011, als Gaddafi bereits mit einer Eisenstange gepfählt worden war, befand die ZEIT: „Dieser Krieg war gerecht. (…) Die erste Militäraktion gegen ein Regime im Namen der Schutzverantwortung ist zu Ende. Unterm Strich war sie erfolgreich.“ Allerdings taugte die Unternehmung dann doch nicht so richtig als Blaupause, Gaddafis „Nachfolger“ Assad lebt immer noch, aber das ist ein anderes Thema.
Nun erlässt die EU also ein Verbot des Exportes von Schlauchbooten gegen Schlepper, um die nächste große Einwanderungswelle zu verhindern, deren Bekämpfung Martin Schulz, Millionär, Kanzlerkandidat und ehemaliger Präsident des europäischen Parlaments, gerade so hilflos polternd ans konturlose Bundeswahlkampfprogramm seiner Partei getackert hat, was ProAsyl wiederum empört als „alarmistische Debatte“ bezeichnet.
So lächerlich das Schlauchbootverbot klingt, so ernst nimmt es der europapolitische Sprecher der Linksfraktion, Andrej Hunko: „Diese Idee ist nicht nur widersinnig, sondern auch tödlich. Sie führt zu weiteren Toten auf dem Mittelmeer, wenn Geflüchtete in noch klapprigere Boote oder auf Flöße gezwungen würden.“ Um wie viele Boote handelt es sich da eigentlich? Wer ist so gewissenlos und liefert?
Machen wir natürlich: Man stelle sich das einmal vor, wenn Tschechien zwar nicht die Flüchtlingsquote der EU erfüllen mag, aber immerhin die passenden Schlauchboote liefern würde, als Interims-Transportmittel hin zu den Schiffen der NGO’s vor der libyschen Küste. Also rufen wir erst bei Gumotex in Deutschland und anschließend noch im Haupthaus in Břeclav an. Nein, ein Exportgeschäft mit Libyen gibt es nicht. Nicht einmal eines mit Nordafrika. Die Dame von Grabner hatte noch darauf verwiesen, dass die Exportauflagen wohl schon vorher unüberwindbar, unsicher und also nicht lohneswert für Geschäfte gewesen wären.
Fassen wir also zusammen: Die EU Sanktion Codename „Gummiboot“ ist ein Windei, ein Sandstreuer in Bürgeraugen, die NGO-Schiffe machen weiter wie bisher – nein, sie fahren sogar noch dichter an die Küste, wie neueste Recherchen ergeben – und Martin Sellner und seine rechte Spontitruppe spielen den maritimen Don Quichote, währenddessen sich Hunderttausende Afrikaner Richtung libysche Küste aufmachen, um ihren Platz auf einem Schlauchboot unbekannter Fabrikation zu ergattern.
Und nun hätten wir auch noch den europäischen Handel mit Libyen bezüglich der Außenbordmotoren erkunden können. Haben wir uns aber gespart, vielleicht mögen Sie das mal überprüfen und uns gerne mitteilen, welche europäische Außenborder-Firma nun Konkurs anmelden muss.