Das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) ist eine Forschungseinrichtung der Bundesanstalt für Arbeit. Aufgabe besteht darin, die Öffentlichkeit über relevante Forschungsergebnisse zu informieren und Politik und Praxis unabhängig Rat zu erteilen.
Nun wollen die Forscher des Instituts in der Analyse „Zuwanderung beeinflusst das Arbeitsangebot der einheimischen Frauen“ herausgefunden haben, dass Zuwanderung (man spricht auch hier nicht mehr von Flucht und Flüchtlingen) dazu beitragen kann, den Entscheidungsdruck von einheimischen deutschen Frauen abzumildern, sich zwischen Karrieren und Kind entscheiden zu müssen. Migrantinnen würden erfahrungsgemäß besonders häufig in der Kinderbetreuung, der häuslichen Altenpflege oder der klassischen Hausarbeit arbeiten und könnten so einheimische Familien entlasten.
Nun scheint das auf den ersten Blick wie eine Vorstufe zu „The Handmaid’s Tale“, der US-Science-Fiction-Serie, in der eine bestimmte geeignete Gruppe gebärfähiger Frauen für besser situierte und besser gestellte Persönlichkeiten des Staates die Kinder bekommen. Eine Art staatlich verordnete, bei Vergehen schärfstens sanktionierte Zwangsleihmutterschaft.
Eine Vorstufe, weil es auch hier bei den Forschungsergebnissen des IAB um ein Splitting eigentlich eng miteinander verwobener Tätigkeiten für ein und die selbe Sache geht: Kinder und Kinderbetreuung beispielsweise. Die Fachleute wollen herausgefunden haben, dass ein steigender Anteil von Migrantinnen in einer deutschen Region die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass einheimische Frauen mehr arbeiten. Jawohl.
Das ist nun in mehrerlei Hinsicht denkwürdig. Zum einem scheint es Klassenunterschiede unter Frauen zementieren zu wollen: Die Arbeiterinnen und die Dienerinnen (Allerdings gesteht es über diesen Umweg endlich auch einmal ein, dass mütterliche Betreuungstätigkeit durchaus Arbeit genannt werden darf und sogar muss). Andererseits unterscheidet sich die so genannte Fertilität, also die Fruchtbarkeit/Kinderzahl zwischen Migrantinnen und einheimischen Frauen deutlich. So bekommen beispielsweise türkischstämmige Frauen mehr Kinder als deutschstämmige.
Wie paradox ist das aber, wenn die mehrfache Mutter der Einzelkindmutter die Kinderbetreuung abnimmt, damit diese dann eine Vollzeittätigkeit nachgehen kann – möglicherweise sogar noch als Erzieherin in einer Kindertagesstätte, in der sich dann die Kinder der bei dieser Erzieherin angestellten Migrantin aufhalten müssen?
Noch denkwürdiger: Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung hatte schon 2105 festgestellt, dass die Kinderzahl bei Migrantinnen mit steigender Bildung sinkt. Bei niedrigen oder keinem Bildungsabschluss bleiben die Unterschiede in der Kinderzahl indes bestehen.
Nun kann man des weiteren darüber nachdenken, was passiert, wenn dann die Kinder der höher gebildeten Frau von geringer ausgebildeten Migrantinnen betreut werden und deren Kinder von eben diesen ausgebildeten einheimischen Frauen. Ein frohlockender Multikulturalismus würde hier Freudenschreie ausstoßen: So könnte Integration tatsächlich funktionieren. Dann nämlich, wenn deren Ziel die Aufhebung der unterschiedlichen Bildungsniveaus bzw. die Aufhebung kultureller Unterschiede bedeutet .
Die Frankfurter Allgemeine hat besagte IAB-Studie ebenfalls gelesen und fasst zusammen: „Steigt der Anteil der Zuwanderinnen an der Bevölkerung beispielsweise um 10 Prozent, nehme die Wahrscheinlichkeit, dass deutsche Frauen länger als 30 Stunden arbeiten, um 0,9 Prozentpunkte zu – von 53 auf 53,9 Prozent. Es handle sich um einen „positiven und statistisch signifikanten Effekt“, schreiben die Wissenschaftler.“
Auch steige die Wahrscheinlichkeit, dass einheimische Frauen mehr Kinder bekommen. Dabei wenden sie dann sogar weniger Zeit für die Betreuung ihrer Kinder und für Hausarbeit wie Waschen, Kochen und Putzen auf.
Ja, so macht man Frauen zu Gebärmaschinen, die mit ihrem neuen Gebärfleiß allerdings wiederum die Zuwanderung überflüssig machen würden, die ja oft begründet wird mit einer Abnahme einheimischer Geburtenzahlen. Und der kleinen Anna und dem Fritz kann dann später erzählt werden: Du bist auf die Welt gekommen, nicht weil sich Papa und Mama so lieb hatten, sondern weil es genug Migrantinnen gab, die sich um Dich kümmerten, während Deine Mama und dein Papa das Geld verdienen gingen um u.a. dann diese Migrantinnen zu bezahlen, deren eigene Kinderschar von Mama in einer staatlichen Einrichtung betreut und dort selbstverständlich vorbildlich erzogen wurde. Jawohl.
Die IAB-Analyse wurde übrigens erstellt von Emanuele Forlani, Elisabetto Lodigiani, Concetto Mendoliccho und Parvatio Trübswetter. Also offensichtlich in Teilen eine Zusammenarbeit mit italienischen Universitäten. Das Fazit der Wissenschaftler lautet: „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Anwesenheit von Zuwanderern sich sowohl auf das Arbeitsangebot als auch auf die Fertilitätsrate insbesondere von mittelqualifizierten einheimischen Frauen positiv auswirkt.“
Vielleicht wäre es zuviel, das alles nun nur frauenfeindlich zu nennen. Vielleicht aber auch nicht. Auf jeden Fall aber sind diese Untersuchungen dann besonders wert-, sinnlos und sogar unsinnig, wenn Kausalitäten und Abhängigkeiten derart durcheinander kommen und missachtet werden wie hier. Wenn, wie das Institut für sich beansprucht, dessen „relevante Forschungsergebnisse“ Politik und Praxis unabhängigen Rat erteilen wollen, dann muss man hoffen, das Politik und Praxis so einen Quark einfach links liegen lassen. Noch dazu besonders dann, wenn es wie hier eine lupenreine Werbeveranstaltung für noch mehr Familiennachzug ist.