Tichys Einblick
Falscher Anreiz

Finanzierung der Zuwanderung: Bund verspricht Ländern mehr Geld

Der Bund will Ländern und Kommunen zukünftig mehr Geld für die Integration von Flüchtlingen überweisen. Und Berlin möchte dann weniger stark kontrollieren, wofür die Länder und Kommunen das überwiesene Geld tatsächlich ausgegeben.

© Getty Images

Und wieder sind es die Süddeutsche Zeitung und ihr Rechercheverbund mit den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die Informationen der Bundesregierung bzw. eines ihrer Ministerien exklusiv und vorab zugesteckt bekommen.

Wirklich eine grassierende Unart, die aus der Informationspflicht der Regierung eine Exklusivität nach Gutsherrenart macht. Denn es ist hier ja mutmaßlich kein im positiven Sinne als Whistleblower zu bezeichnender Informant am Werk oder gar eine schlaue redaktionelle Herleitung aus bestehenden Fakten zu attestieren, dann, wenn sich die Regierung zunächst aussucht, wem sie vorab zur gnädigen Kommentierung die politischen Entscheidungen von morgen dem Volk verkaufen lässt.

Aber worum geht es konkret, wenn die Süddeutsche mitteilt: „Das Bundeskabinett will den entsprechenden Gesetzentwurf, in dem die Flüchtlingsfinanzierung fortgeschrieben wird, am Mittwoch verabschieden. Er liegt der Süddeutschen Zeitung vor.“

Wie soll man solche vorgesiebten Meldungen lesen und wie kann man – oder soll man überhaupt? – so etwas noch einigermaßen seriös weiterverbreiten? Was weiß die Süddeutsche (SZ), das andere erst später wissen sollen bzw. fast wörtlich brav zitiert aus der SZ, wie Welt, Spiegel und Co.?

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Also: Der Bund will Ländern und Kommunen zukünftig mehr Geld für die Integration von Flüchtlingen überweisen. Und Berlin möchte dann weniger stark kontrollieren, wofür die Länder und Kommunen das überwiesene Geld tatsächlich ausgegeben. Nun gibt der Finanzminister auf seiner Webseite aktuell in einem knapp dreiminütigem Stummfilm mit dem Titel: „Was gibt der Bund für Flüchtlinge aus?“ Auskunft darüber, wie das bisher war.

Großteils übrigens auf der Basis von Zahlen von 2016. Und die gehen so: 1,4 Prozent des Bundeshaushaltes (316,9 Mrd. Euro) wurden verwendet für die Entlastung der Kommunen zur Bewältigung der „Flüchtlingssituation” (4,45 Mrd. Euro) Weiter 1,0 Prozent (3,39 Mrd. Euro) sind „Bundesmittel zur Bewältigung der Flüchtlingssituation“.

Die Pauschale für Unterbringung und Versorgung betrug demnach 2,9 Mrd. Euro (66 Prozent), der soziale Wohungsbau profitierte in Höhe von 500 Mio. Euro (11 Prozent), unbegleitete minderjährige Flüchtlinge wurden mit 350 Mio. Euro (8 Prozent) veranschlagt, verbesserte Kinderbetreuung mit 339 Mio. Euro und die Unterbringung in Bundesliegenschaften mit 315 Mio. Euro (7 Prozent).

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Nach besagten Vorabinformationen der SüZ will die große Koalition Ländern und Kommunen nun zwischen 2019 und 2022 insgesamt mehr als 15 Milliarden Euro für die Kosten der Integration überweisen. Und geplant sei zudem, den bürokratische Aufwand maßgeblich zu reduzieren, wenn weiter vereinbart wurde, nicht mehr wie bisher exakt für jeden einzelnen Migranten abzurechnen. Ein großer Anteil der finanziellen Zuwendungen soll mittels pauschaler Anteile am Umsatzsteueraufkommen aufgebracht werden.

Damit hätte dann, so die SüZ, „der Bund keine Kontrolle mehr darüber, ob Länder und Kommunen das Geld tatsächlich für flüchtlingsbezogene Kinderbetreuung und andere Integrationsleistungen ausgeben.“

Weiter sei geplant, die ursprünglich Ende 2018 auslaufende Entlastung der Kommunen bei den Wohn- und Heizkosten für anerkannte Asyl- und Schutzberechtigte zu verlängern. „Dadurch erhalten die Gemeinden im kommenden Jahr weitere 1,8 Milliarden Euro.“, so die Zeitung.

Weiter aufgestockt werden auch die Finanzhilfen des Bundes für den sozialen Wohnungsbau. Im kommenden Jahr sollen zusätzlich 500 Millionen Euro an die Länder überwiesen werden, welche das Geld dann an die Kommunen weitergeben. Damit wird der soziale Wohnungsbau auch 2019 mit insgesamt 1,5 Milliarden Euro gefördert. Das ist mehr, als im Koalitionsvertrag vereinbart worden war, schreibt die SüZ. Dort allerdings war von 2 Milliarden die Rede. Möglicherweise resultiert das „mehr“ aus der Eingrenzung auf 2019 – die Zeitung erklärt es ihren Lesern leider nicht.

Die Integrationskosten sollen nun allerdings nur einen Teil der „flüchtlingsbezogenen” Ausgaben des Bundes umfassen: In der Finanzplanung der Bundesregierung seien bis 2022 insgesamt 78 Milliarden Euro dafür veranschlagt.

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Nun entsteht auch in der SüZ ein Zahlensalat, den es gilt in eine vernünftige und nachvollziehbare Bezugsgröße zu setzen, will man nicht nur für Fachleute berichten. Leider erfüllt die Zeitung mit den exklusiven Kontakten die         se Erwartung nicht. Interessant allenfalls noch die Schlussbemerkung des entsprechenden Artikels: Die Bundesregierung geht intern von 200.000 „Flüchtlingen” im Jahr 2018 aus, bis zum Jahr 2022 soll ihre Anzahl auf 150.000 sinken.

Hier werden also bereits Prognosen abgegeben, die ungefähr so aussagekräftig sind wie Umsatzerwartungen von Jungunternehmern in der Vox-Bestseller-Sendung „Höhle der Löwen“. Abgerechnet wird später. Und den Investoren wird angeraten, immer auch so genanntes „Working Capital“ bereit zu halten, dann, wenn das Fass zwar einen Boden hat, der Umfang des Fasses aber deutlich größer ausfällt als ursprünglich erwartet.

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