Autorin Birgit Kelle wurde bei Facebook gesperrt und gleich wieder entsperrt. Kelle, die regelmäßig ganzseitige Essays für die WELT schreibt, las einen Artikel eben dort über die Präsentation einer Kopftuch-Barbie vom US-amerikanischen Spielzeughersteller Mattel. Anschließend forderte Kelle via Twitter ein Barbie-Spielhaus „um lustig nachzustellen, wie Ken seine Barbie auspeitschen oder steinigen lässt, weil sie den Hidschab abgelegt hat.“ Mattel wurde zudem von Kelle darüber informiert, dass Frauenunterdrückung kein Spielplatz sei.
Nun gibt es auch unter Feministinnen Debattenstoff darüber, dass Mattel mit seiner Dauerbrenner-Puppe mit den unrealistischen Überproportionen (in etwa: 96-45-86 bei einer Größe von umgerechnet 1,70 Meter) tief ins sexistische Klo gegriffen hat. Obendrein steht die platinblonde Schöne mit der Wespentaille unter Verdacht, Magersucht bei Mädchen zu befördern und die Farbe Pink in den Mädchenzimmern etabliert zu haben. Befürworter sagen hingegen, Barbie sei ein Siegertyp, eine ideale Inspirationsquelle für Selbstvertrauen. Mattel selbst sorgt immer wieder für unfreiwillige Lacher, als man die widernatürlichen Proportionen damit zu erklären versuchte, das Barbie nur so schlank sei, damit man sie gut an- und ausziehen könnte. Getreu dem Mattel-Claim: „Inspiring the Wonder of Childhood.“
Nun ist, was Mattel da anbietet, zumindest in sich schlüssig: In der Barbie-Kollektion „Sheroes“ werden erfolgreiche weibliche Sportlerinnen abgebildet wie die Ballerina Misty Copeland oder etwa die Goldmedaillen-Turnerin Gabby Douglas. Hier geht es um Wiedererkennung und Ähnlichkeiten. Wenn Mattel also in dieser Serie auch die US-Säbelfechterin Ibtihaj Muhammad nach deren Erscheinungsbild in den Sportarenen modellieren will, geht das nicht gut ohne Hidschab.
Birgit Kelles Facebook-Profil wurde jetzt von den algorithmischen Zuckerberg-Mullahs der Facebook-Hidschab übergestülpt. Sieben Tage Dunkelheit lautete das Strafmaß, das nun allerdings dank Anwalt und TE-Autor Joachim Steinhöfel innerhalb von 24 Stunden in eine Bewährungsstrafe umgewandelt wurde.
Birgit Kelle hatte sich kurz zuvor noch in der WELT zu ihrer Kritik an Mattel und Facebook geäußert. Bis heute gab es dafür bereits 400.000 Zugriffe. Chefredakteur Ulf Poschardt war hingerissen und umarmte die Autorin via Twitter, sprach von „unsere Birgit Kelle“. In einem späteren Artikel auf TE wird ganz sicher noch verhandelt werden, welche unrühmliche Rolle Poschardt und Co gespielt haben, als es ab Ende 2015 darum ging, zuwanderungskritische Stimmen mundtot zu machen. Ebenfalls heute von Poschardt retweetet: die WELT-Kolumne der TE-Autorin und ehemaligen Bundesministerin Kristina Schröder mit dem Titel: „Natürlich hat radikaler Islamismus mit dem Islam zu tun“. Und gleich hintendran im Poschardt-Twitter: ein WELT-Artikel über Alice Weidel, die berichtet: „Islam ist unvereinbar mit Verfassung.“
Wir erinnern uns: Poschardt war derjenige, der sich lauthals dafür bedankte, dass WELT-Autor Matthias Matussek für Äußerungen den Hut nehmen musste, in einer Schärfe und Qualität, mit der Kelle und Schröder heute für Poschardt den Umsatz der WELT wiederbeleben sollen. Ja, Meinung ist das eine, Haltung das andere. Erstere darf Poschardt getrost für sich behalten, Haltung erwartet man schon gar nicht einmal mehr.
Ein Facebook-Kommentar des Hamburgers Ben-Lukas Baumann auf Kelles Facebook-Seite meint: „Den WELT-Artikel habe ich gleich mal an meine Alt-68er Mutter geschickt. Ehemals selbst streitbare Feministin. Sie ist begeistert von Dir.“ Dieser erfrischende Baumann hatte neulich auch bei Spiegel-Online kommentiert: „Die 70er Jahre Wonder Woman war super. Voll feministisch. Die hatte noch keine Silikon-Brüste.“ Und hier stellt sich dann doch die merkwürdige Frage: Ist der Islam vielleicht doch feministisch? Denn Silikon-Brüste sind nun Mal haram, also Sünde.
Birgit Kelle schreibt ironisch zu Hidschab tragenden Frauen: „Schließlich gehen sie respektvoll mit ihrem Körper um und unterwerfen sich nicht dem Diktat der westlichen Welt, das die Oberfläche des Körpers zum Schau- und Lustobjekt gemacht hat. Die Burka also als Lösung der Emanzipation.“
Mehr ist kaum hinzuzufügen. Oder vielleicht doch noch eine Sammlung von Zitaten zum Thema aus einem Artikel von Barbara Kuchler für die ZEIT, die dort auf verstörende Weise um den Hidschab für alle Frauen bettelt: „Lasst das Schminken sein! Hört auf, jeden Tag schicke, formlich und farblich aufeinander abgestimmte Klamotten zu tragen! Geht nicht mehr als einmal im Vierteljahr zum Friseur. Frauen: Überwindet den inneren Schweinehund, oder die innere Schweinehündin, die sagt: ‚So kannst du doch nicht aus dem Haus gehen! Modemacher: Entwerft Businesskleidung für Frauen, die parkettfest ist, ohne körperbetont zu sein.‘ Doch. Du kannst. Verschärft eure Kleidungsvorschriften und zwingt Mädchen, ebenso viel von ihrem Körper zu bedecken wie Jungs.“
Das alles steht so in der ZEIT. Was nicht in der ZEIT steht, ist die Bitte Barbara Kuchlers an Mattel, eine Barbie mit Kopftuch auf den Markt zu bringen, denn die gibt es jetzt schon.