Humanitäre Hilfe und Asyl für Flüchtlinge sind das eine. Aber nicht Angst oder akute Gefahrenlagen sind heute Haupttriebfeder dafür, sich für eine neue Heimat zu entscheiden. Laut WELT ist das „Streben nach Glück und ökonomischen Aufstieg“ hauptverantwortlich für Zuwanderung. Oder um das Wort „Flüchtling“ doch noch zu integrieren: für den Weg von Wirtschaftsflüchtlingen nach Deutschland.
Anlass für diese Neubewertung ist die Veröffentlichung des aktuellen Migrationsreports, den das europäische Statistikamt Eurostat vorgelegt hat. Demnach gehen Migranten in Europa vornehmlich dorthin, wo sie sich ökonomischen Erfolg versprechen. Das ist sogar innerhalb Deutschlands selbst noch einmal ein bestimmender Faktor: Ausländerquoten sind in wirtschaftlich dynamischen Bundesländern oder in den Stadtstaaten (aus anderen Beweggründen) höher als auf dem Land oder in den neuen Bundesländern.
Der von der WELT zitierte Leiter des ifo Zentrums, Prof. Panu Poutvaara, erklärt, was manch einer bisher sowieso schon zu wissen glaubte: „Die Möglichkeit, dass Migration das Pro-Kopf-BIP erhöht, existiert sehr wohl: insbesondere dann, wenn Migranten gut ausgebildet sind“. Seien Einwanderer hingegen weniger gut ausgebildet als Einheimische, würden sie am Ende ein unterdurchschnittliches Erwerbseinkommen beziehen und so das Pro-Kopf-BIP senken.
Poutvaara wird noch deutlicher: So erhöhen Wanderungsbewegungen seiner Ansicht nach zwar aufgrund von Produktivitätsunterschieden die Effizienz einer Volkswirtschaft. Aber wenn Migration aufgrund von Unterschieden in den Sozialleistungen erfolgt, würde die Effizienz reduziert. Der Nettoeffekt aus beiden Effekten gäbe Aufschluss über die dominierende Wirkung. Hier kommt Poutvaara allerdings zu einem merkwürdig gegenläufigen Fazit:
Und tatsächlich gäbe es in Deutschland Hinweise darauf, dass viele außereuropäische Einwanderer sich schwertun, qualifizierte Jobs zu finden und zum Effizienzgewinn beizutragen. Ja, man kann negative Entwicklungen positiv darstellen, aber Fakten bleiben nun mal Fakten, ganz gleich, welche imperative Lesart man anwenden mag.
Die WELT schließt mit einer Empfehlung: Wenn das Bildungsniveau in der ersten Ausländergeneration unterdurchschnittlich war, „müsse umso größerer Augenmerk darauf gelegt werden, dass die zweite und dritte Generation nicht abgehängt wird. Sonst können sich die Strukturen verfestigen und die Gesellschaft als Ganzes belasten.“
2004 sprach der damalige Innenminister Otto Schily im Zusammenhang mit einem Streit um Integrationskosten von einer historischen Wende in Deutschland. Hochqualifizierte Ausländer sollen es zukünftig leichter haben, nach Deutschland zu kommen, ebenso ausländische Investoren. Neue Gesetze sollten damals dafür sorgen, dass Deutschland im „Kampf um die besten Köpfe“ erfolgreicher“ werde. 13 Jahre später klingt das alles wie ein frommes Märchen.
Dass wir an der Einwanderungsproblematik ebenfalls selbst Schuld sind, wusste die WELT schon Anfang Juli 2016 besser als andere. Wenn die globalen Märkte offen seien, könne man den Arbeitsmarkt nicht mehr national geschlossen halten. Globalisierung würde nicht auf halbem Wege stehen bleiben. „Wer freien Handel mit Gütern und Dienstleistungen einfordert und Kapital- und Finanztransaktionen ohne Grenzen will, erhält zwangsläufig auch mehr Migration.“ Die, die Einwanderung kritisch sehen, haben es also selbst gewollt?