Bei einer verbotenen Demonstration von Corona-Maßnahmen-Gegnern in Weimar am 1. Mai hatte der Geschäftsführer des Landesverbands Thüringen des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV), Sebastian Scholz, einen vor der Polizei davonlaufenden Demonstranten gewaltsam zu Fall gebracht. Das Risiko einer Verletzung hatte er offenbar in Kauf genommen. Die Polizei ließ sowohl Scholz auch den von Scholz und vom Tränengas in Mitleidenschaft gezogenen Demonstranten unbehelligt.
Diese Gewaltszene wurde nur deshalb bekannt, weil es mindestens einen Demo-Filmer gab, der anwesend war und live streamte bzw. für eine spätere Youtube Ausstrahlung filmte. Der gewalttätige Übergriff ist also dokumentiert. Der DJV-Thüringen antwortet auf Nachfrage gegenüber TE später, juristisch wäre die Szene nicht zu beanstanden, der Bundesverband will sich überhaupt nicht äußern, die Szene sei aus dem Kontext gegriffen.
O-Ton des DJV: „So soll der DJV Thüringen in geeigneter Weise in die Polizistenausbildung einbezogen werden. Der DJV will der Polizei in Journalistenworkshops die Möglichkeit geben, über ihre Arbeit zu informieren. Ziel der Kooperation ist, sich über Aufgaben und Belange des jeweils anderen auszutauschen.“
TE bekommt im Laufe der Recherche zum Übergriff von Sebastian Scholz zwei längere Filmsequenzen zugeschickt, aus denen das YouTube-Video offenbar geschnitten wurde. Die Filmer nennen sich „Pro Bono Media“ und filmen regelmäßig mit mehreren Kameras und einer Regieführung solche Demonstrationen rund um Corona-Maßnahmen-Gegner live (Stream). Sie veröffentlichen später den gesamten Stream und bestimmte Ausschnitte davon.
Während Meißner mit der Kamera auf der Suche nach einer Pressesprecherin der Polizei ist, kommt Sebastian Scholz ins Bild. Der Geschäftsführer des DJV-Thüringen hält sich jetzt im für Demonstranten nicht zugänglichen Bereich der Polizei auf und befindet sich im Gespräch mit der Polizeisprecherin. Auch in dieser Szene bleibt weiter unklar, in welcher Funktion der Geschäftsführer des DJV-Thüringen hier überhaupt unterwegs ist.
Meißner fragt anwesende Beamte, wer denn der Ansprechpartner von der Pressestelle sei. Die Pressesprecherin hört’s und kommt ein paar Meter aus der Runde mit Sebastian Scholz zu Meißner herüber. Sebastian Scholz und zwei weitere in Zivil gekleidete Personen nähern sich ebenfalls im Hintergrund. Meißner also im Gespräch mit der Polizeisprecherin. Die allerdings scheint sich abzuwenden mit Blickkontakt Richtung Scholz. Und dann befragt Scholz den Filmer. Vornübergebeugt inspiziert er den umgehängten Presseausweis von Meißner. Seine Begleiter tun es ihm gleich. Einer liest laut vor, von welcher Organisation der Presseausweis ist – jedenfalls nicht vom DJV.
Sebastian Scholz fragt quasi stellvertretend für die Polizeisprecherin: „Für welche Redaktion sind sie denn hier, wenn ich fragen darf?“ Antwort: „Ich bin freier Journalist.“ Meißner fragt Scholz daraufhin, wer er denn eigentlich sei. Und der nennt Meißner seinen vollen Namen in Anwesenheit der beiden mit einem jeweils am Band um den Hals hängenden Ausweis. Allerdings sagt er nicht, dass er Geschäftsführer des DJV-Landesverbands ist. Zumindest ist das in der Filmsequenz nicht zu hören. Dann konfrontiert der Filmer Scholz mit seinem Übergriff gegen den Demonstranten. Scholz redet sich heraus: „Ich bin nicht rechtzeitig weggekommen.“
Die Rolle des Geschäftsführers des DJV-Thüringen ist eine mit vielen Fragezeichen. Sebastian Scholz‘ Auftritt auf der Demo in Weimar am 1. Mai 2021 samt seinem gewalttätigen Übergriff gegen einen Demonstranten und des Eindrucks, dass er zumindest teilweise die Pressearbeit der Polizei zu übernehmen scheint, bleibt dubios. Hier wäre eine vollständige Aufklärung von Scholz selbst bzw. dem DJV erforderlich.