Es gibt ein „Merkblatt zur Härteleistung für Opfer extremistischer Übergriffe“ abzurufen beim Bundesjustizamt. Die Idee dahinter geht so: „Diese freiwillig übernommene Leistung, auf die kein Rechtsanspruch besteht, ist als Akt der Solidarität des Staates und seiner Bürgerinnen und Bürger mit den Betroffenen zu verstehen. Zugleich soll mit ihr ein deutliches Zeichen für die Ächtung derartiger Übergriffe gesetzt werden.“ Ausdrücklich greift diese Leistung bei „Links- oder Rechtsextremismus, Antisemitismus oder Islamismus“.
Die Angehörigen der drei Ermordeten und die sieben verletzt Überlebenden des Messer-Angreifers von Würzburg müssen allerdings um eine solche Härtefallleistung bangen, wie der Opferbeauftragte der Bundesregierung im Interview mit der Welt am Sonntag deutlich machte. Denn „solche Zahlungen stehen Betroffenen nur zu, wenn Ermittlungsbehörden ein terroristisches oder extremistisches Motiv für die Tat zweifelsfrei feststellen.“
Weiter heißt es im Merkblatt: „Härteleistungen können nur gewährt werden, wenn zumindest eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen extremistischen Übergriff spricht. Aus diesem Grund ist es notwendig, dass Sie als Antragsteller darlegen, welche Anhaltspunkte aus Ihrer Sicht für einen extremistisch motivierten Angriff sprechen.“
Der Umgang mit den Opfern insbesondere islamisch-extremistischer Attentate ist schon schändlich genug: Die Bundeskanzlerin wurde von Angehörigen der Opfer des Attentats vom Berliner Breitscheidplatz in einem offenen Brief für ihr Fernbleiben kritisiert. Sie waren wütend über die geringen Zahlungen und das bürokratische Prozedere. Ein Opfer bekam keinen Rollstuhl finanziert – erst durch private Spenden.
Das Verhalten der Kanzlerin war in hohem Maße unwürdig für das Ansehen ihres Amtes und der Bundesrepublik. Und ist es jetzt wieder: Die Bundeskanzlerin ist nach der Tat von Würzburg erneut abgetaucht.
Eines ist hier doch viel relevanter: Der Terrorist kam zu uns, weil man ihn zu uns kommen ließ. Die Regierung hat diese illegale Einwanderung nicht nur geduldet, sondern zudem befördert und subventioniert.
Auf der Website der Bundesregierung werden die Härteleistungen „als Akt der Solidarität des Staates und seiner Bürgerinnen und Bürger mit den Betroffenen“ bezeichnet. „Terror richtet sich nicht nur gegen Einzelne, sondern gegen die gesamte Gesellschaft. Daher steht der Staat auch hier in einer besonderen Verantwortung“, heißt es dort. So betrachtet kann es hier nicht um eine gefällige Leistung gehen – die zu diskutieren übrigens bereits schändlich ist – vielmehr muss hier eine deutlich als „Entschädigung“ ausgewiesene Zahlung an die Angehörigen der Opfer und der Überlebenden erfolgen: Schnell, unbürokratisch und begleitet von einer direkten Ansprache der Bundeskanzlerin an die Empfänger einer symbolischen Entschädigung, welche viel kann, aber die Opfer nicht wieder lebendig werden lassen oder den Angehörigen den Schmerz nehmen.
Welcher politischer Druck lastet auf dem Gerichtsgutachter, der den Täter psychologisch einschätzen muss? Und was wird dafür getan, Druck von diesem zu nehmen? Es geht hier um eine Trennlinie rund um die Frage, ob eine extremistisch-terroristische Handlung tatsächlich einer kühlen Planung und Organisation bedarf oder ob nicht viel mehr einer extremistischen Terrorhandlung eine extremistische Haltung eines Einzelnen zugrunde liegt, die jederzeit auch spontan getriggert werden kann, etwa durch den Anblick von unverschleierten westlich gekleideten Frauen.
Die Frage der Schuldfähigkeit ist ein schwieriges Feld mit einer Reihe unterschiedlicher Expertenmeinungen. Aber sie kann und darf dem Staat nicht an erster Stelle als Entlastung vor der Verantwortung dienen.
An einer Stelle springt der Staat sogar quasi stellvertretend für den Terroristen ein, wo er gewährleistet, das die Opfer auch im Falle der Zahlungsunfähigkeit des Täters Leistungen erhalten wie es im Merkblatt weiter heißt: „Denn Ziel der Härteleistung ist es unter anderem zu gewährleisten, dass das Opfer auch im Falle der Zahlungsunfähigkeit des Schädigers Leistungen erhält. Der Staat trägt hiermit das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Schädigers und übernimmt es, die ausgezahlten Härteleistungen im Rückgriff gegen den Täter geltend zu machen.“
Die Härteleistungen müssten im Übrigen wieder an das Justizministerium zurückgezahlt werden, sobald anderweitige Entschädigungszahlungen beim Opfer eingehen.
Aber soweit ist es noch lange nicht. Vielmehr scheint es jetzt möglich zu sein, dass der Täter trotz Selbstbekenntnis nicht als islamischer Terrorist eingestuft werden könnte – dann wird es auch keine Zahlungen von Härteleistungen für Opfer von Extremismus geben.
Gegenüber der Welt am Sonntag sagte Edgar Franke, der Opferbeauftragte der Bundesregierung – ja, so jemanden gibt es – eine Zahlung hänge „von den weiteren Ermittlungen ab. Es geht weiterhin darum, die Hintergründe und Motive der Tat genauestens zu ermitteln.“
Die Neue Züricher Zeitung titelte im Dezember 2020: „Beim islamistischen Terror hat die Stunde der Einzeltäter geschlagen.“ Nein, es braucht tatsächlich keine Organisation, keine Befehlskette oder ähnliches mehr, denn die Terror-Ideologie ist weltweit verbreitet, die Angriffsziele sind nicht nur, aber auch Menschen im jüdisch-christlich geprägten Westen und ihre freiheitlich-demokratische Kultur.
Die Terrorzellen wissen auch ohne konkreten Auftrag, ohne „islamistisches“ Terrornetzwerk, was zu tun ist, um Terror zu verbreiten, sie lesen es wie jeder andere auch in den Medien oder über einschlägige Kanäle, wo sich Terroristen ihrer Taten rühmen.
Fassen wir es zusammen: Auf der Website der Bundesregierung und des Opferbeauftragten Edgar Franke heißt es: „Nach einem Terroranschlag wie jüngst im hessischen Hanau bleiben häufig schwerverletzte oder traumatisierte Menschen zurück, die Rat und Hilfe benötigen.“ Die Hinterbliebenen der Opfer von Tobias Rathjen in Hanau haben entsprechend Härteleistungen erhalten. Die Bluttat des somalischen Asylbewerbers wird dagegen bislang nicht als Terroranschlag eingeordnet. Damit würden auch entsprechende Zahlungen an die Hinterbliebenen der Opfer ausbleiben. Rathjen, der sich von Geheimdiensten gejagt fühlte, gilt als Terrorist, der „Allah Akbar“ rufende Somalier aber womöglich nicht.
Gibt es eine Spurensuche nach dem Wahnpotenzial im Extremismus mit deutlich unterschiedlicher Gewichtung zwischen rechtsextremer oder „islamistischer“ Gesinnung geben?
Der Opferbeauftragte Franke verteidigt diese Ausleseverfahren gegenüber der Welt am Sonntag. Für die Betroffenen eines sicher als Terroranschlag festgestellten Angriffs habe der Staat besondere Verantwortung: „Die Opfer werden stellvertretend für unsere Gesellschaft und für unsere Art zu leben angegriffen. Deshalb ist es besonders wichtig, dass wir an der Seite der Opfer stehen und sie mit aller Kraft unterstützen.“
Franke betonte zudem, den Betroffenen von Würzburg stünden auch unabhängig von den durch den Bund ausgezahlten Härteleistungen weitere Entschädigungszahlungen zu – unabhängig vom Hintergrund der Tat,
Angela Merkel brauchte ein Jahr und massiven Druck der Medien und der Betroffenen selbst, um sich mit den Hinterbliebenen der Opfer des Anschlags auf dem Berliner Breitscheidplatz zu treffen. Für manche Angehörigen kam das viel zu spät. Der Terroranschlag von Würzburg zeigt jetzt, dass die Kanzlerin auch in den letzten Monaten ihrer Amtszeit nichts gelernt hat. Merkel weiß wohl selbst um ihre Sprachlosigkeit angesichts der mutmaßlichen Fragen der Angehörigen, warum der Täter überhaupt in Deutschland war und morden konnte.
Hier geht es um verweigerte Verantwortung und um einen gefährlichen Versuch einer Trennung zwischen Terrorismus und Einzeltat eines Geisteskranken. Denn das hat sich längst als unmöglich erwiesen. Oder wie es der unter staatlichem Terror über ein Jahr weggesperrte Welt-Autor Deniz Yücel für die Zeitung formulierte: „Auch ein psychisch kranker Terrorist ist ein Terrorist.“
Wer den politischen Hintergrund einer Terrortat aus politischen Gründen in Frage stellt, der schädigt die Opfer, die Angehörigen und die Überlebenden ein zweites Mal. Wer Terror psychiatrisiert, handelt politisch.