Nein, die Weihnachtsansprache des sozialdemokratischen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier für 2018 wird nicht musikalisch untermalt von der linksradikalen Punkband Feine Sahne Fischfilet. Solche musikalischen Soundtracks sind für diese hohe Ansprache unüblich.
Zu Beginn seiner Rede wünscht Steinmeier uns allen eine frohe Weihnacht. Er scheut sich also noch nicht, das christliche Fest weiterhin beim Namen zu nennen, was Frau Widmann-Mauz, die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung sich nur noch zum Ramadan und zum Zuckerfest traut, aber nicht mehr zur Geburtstagsfeier des Herrn.
Die „ganz bestimmten Verwandten“, etwa böse AfD-Wähler? Pegida-Demonstranten? Hat Steinmeier bei sich zu Hause auch welche unterm Tannenbaum sitzen? Ist sein Bruder, Onkel, seine Tante oder Nichte eine, die sich weigert unter dem Tannenbaum Liedgut von Punkbands zu singen? Die lieber diesen alten traditionellen Mist trällern will?
Verstörendes schon im ersten Teil der Rede, wenn Frank-Walter Steinmeier uns vorführen will, als würden wir an einer 2018-Amnesie leiden, wenn er sagt: „Ich finde: Wie gut, dass wir diskutieren; wie gut, dass wir miteinander reden! Wenn ich mir für unser Land eins wünschen darf, dann: mehr davon!“
Nein, kein Husarenstück, einfach eine Frechheit angesichts eines weiteren politischen Jahres, das uns hier bei TE erneut Artikel um Artikel dazu genötigt hat, eine Gesprächsverweigerung, eine Despektierlichkeit, eine Diffamierung und eine Diskreditierung nach der anderen anzuzeigen, indem wir darüber sprachen, indem wir aussprachen, was die Steinmeiers dieser Republik in alter Beharrlichkeit und bekannter Sturheit und Selbstherrlichkeit verweigert haben. Aber gut, von der bundespräsidialen Kanzel herab ist gut unken.
Auch klar, selbstredend war auch hier die Gesprächsaufforderung eine Finte, denn was Steinmeier wirklich sagen, wozu er einen Teil der Deutschen ermuntern wollte, wenn man nicht aufhetzen sagen mag, ist sich einzureihen in die Front jener, die anderen den Mund verbieten wollen, indem sie sie zu „Rechtspopulisten“ und „Nazis“ machen: „Und mehr noch als der Lärm von manchen besorgt mich das Schweigen von vielen anderen.“
Birgit Kelle hat an dieser Stelle bereits darauf hingewiesen, was Steinmeier hier tatsächlich fordert.
Nein, es geht kaum heuchlerischer, wenn uns Steinmeier noch dazu im Sound der Weihnachtsbotschaft bittet:
„Das ist das Schöne und das Anstrengende an der Demokratie zugleich. Wir müssen wieder lernen, zu streiten, ohne Schaum vorm Mund, und lernen, unsere Unterschiede auszuhalten. Wer Streit hat, kann sich auch wieder zusammenraufen. Das kennen wir von Weihnachten mit der Familie. Aber wer gar nicht spricht und erst recht nicht zuhört, kommt Lösungen kein Stück näher. Sprachlosigkeit heißt Stillstand.“
Der Bundespräsident möchte von seinen „lieben“ Mitbürgern, dass diese wieder mit anderen sprechen, die nicht ihrer Meinung sind. Und er setzt ein Ausrufezeichen hinter diese Bitte. Dabei erinnert er uns freilich nur an die letzte Hart-aber-Fair-Sendung, als der ursprünglich aus dem Iran stammende Moderator Michel Abdollahi erklärte, er spreche nur mit Leuten mit anderen Meinungen, wenn er das Gefühl hat, „die argumentativ zurückzubekommen.“
Darum geht es doch auch Steinmeier. Er hat einfach über die letzten Jahre hinweg die Wucht der Gegenmacht analysiert und möchte nun nicht etwa darauf einwirken, dass die Politik ihre Verselbstständigung aufgibt, nein, er möchte den Bürger einspannen, gegen den Bürger vorzugehen, ihn argumentativ zurückzuholen. Ein verbaler Bürgerkrieg unterm Tannenbaum. Aber mit welchen Argumenten befeuert?
Die Argumente sind längst ausgetauscht. Nun müsste gemäß der dialektischen Auseinandersetzung aus These und Antithese die Synthese folgen. Wenn aber die These als reine linke Lehre zur Synthese werden soll, wird’s eng in Deutschland.
Steinmeier outet sich hier erneut als politisches Leichtgewicht, wenn er als Resultat der Gesprächsverweigerung der Menschen untereinander ausgerechnet erklärt:
„Was passiert, wenn Gesellschaften auseinanderdriften, wenn eine Seite mit der anderen kaum noch reden kann, ohne dass die Fetzen fliegen – das sehen wir in der Welt um uns herum. Wir haben brennende Barrikaden in Paris erlebt.“
Was für eine Denkverweigerung, denn hier wie in Paris geht es nicht um einen unüberwindbaren Dissens über den Gartenzaun hinweg, der Dissens , der große Graben verläuft zwischen den Leuten und jenen, die sie regieren, zwischen den Bürgern und einer politischen Kaste, der hier Steinmeier in seiner Weihnachtsansprache erneut auf entlarvende Weise eine Stimme gegeben hat.
„Auch bei uns im Land gibt es Ungewissheit, gibt es Ängste, gibt es Wut.“ Ach was, aber was hindert den Bundespräsidenten daran, die Ursachen einmal ungeschminkt zu benennen? Was auf den Straßen und in den Ämtern passiert, ist doch längst bekannt!
Der Präsident als erster Gesprächsverweigerer im Lande, bittet uns das Gespräch nicht länger zu verweigern. Wir sollen ausgerechnet an Weihnachten die Kartoffeln aus dem Feuer holen? Der Bundespräsident erdreistet sich allen Ernstes uns zu bitten, den Versuch zu unternehmen, an Weihnachten jene Debatten unterm Tannenbaum zu führen, den seinesgleichen uns seit Jahren verweigert? Sein Wunsch: „Und vielleicht ist all das auch ein Thema bei Ihnen heute Abend zuhause.“
„Ich bin zuversichtlich für das, was kommt im nächsten Jahr.“, endet Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Und wir dürfen es niemandem übel nehmen, der findet, das klingt wie eine Bedrohung dessen, was uns wertvoll ist und uns wertvoll bleiben soll.
Frohe Weihnachten all jenen, die widerstehen, die sich wehren, die sich energisch zur Wehr setzen auch gegen einen Blödsinn von höchster Stelle als Weihnachtsbotschaft verkauft.