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Goldgrube

„Demokratie leben!“ – Hunderte Millionen Euro: Für wen und warum? 

Wer von den in dreistelliger Millionenhöhe vergebenen Fördergeldern des Bundesprogramms „Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“ aus dem Familienministerium profitiert.

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Am 01.03.2018 beantwortete die Bundesregierung als Drucksache 19/1012 eine Kleine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Stephan Brandner und der Fraktion der AfD.

Brandner wollte wissen, wer konkret von den in dreistelliger Millionenhöhe vergebenen Fördergeldern des Bundesprogramms „Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“ aus dem Familienministerium profitiert.

Laut Brandner startete das Programm im Januar 2015 und läuft zunächst noch bis Ende 2019, diese Befristung soll allerdings aufgehoben werden und über 2019 hinausgehen, wie SPD-Familienministerin Franziska Giffey im April 2018 mitteilte. Die Fördersumme alleine für das Jahr 2017 betrug insgesamt 104,5 Millionen Euro. Den umfangreichen Fragenkatalog Brandners beantwortete für die Regierung das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Die Bundesregierung begründet gegenüber Brandner die Fördergelder in dreistelliger Millionenhöhe u.a. so: „Zur Sicherheit für die Menschen in unserem Land gehören auch präventive Angebote, die demokratisches Handeln stärken, sowie Maßnahmen, die Radikalisierungsprozesse hemmen.“

Die Bundesregierung teilt weiter mit: „Für Maßnahmen zur Stärkung von Vielfalt, Toleranz und Demokratie (Kapitel 1702 Titel 684 04) waren im Bundeshaushalt für 2015 40.500.000 Euro, für 2016 50.500.000 Euro und für 2017 104.500.000 Euro eingeplant.“

Zunächst wird aufgelistet, welche Städte, Gemeinden und Landkreise seit Bestehen des Bundesprogramms jährlich jeweils in welcher Höhe im Rahmen der Partnerschaften für Demokratie gefördert werden. So erfahren wir beispielsweise, dass die kleine baden-württembergische Stadt Kirchheim am Teck 2016 und 2017 jeweils mit 80.000 Euro gefördert wurde, also ungefähr mit zwei Euro pro Einwohner. Osterfildern hat noch weniger Einwohner als Kirchheim am Teck, bekommt aber 20.000 Euro mehr und so viel, wie beispielsweise auch der bei kriminellen Clans so beliebte Berliner Bezirk Neukölln. Offensichtlich ist in Osterfildern der Bedarf größer, was nichts damit zu tun haben muss, dass sich die freien Wähler mit weitem Abstand vor CDU und SPD geschoben haben.

Die Fragen Brandners sind hartnäckig. Er will nicht nur wissen, welche Kommunen wie viel bekommen – zu den Fördersummen für Nichtregierungsorganisationen kommt er später noch – er möchte auch wissen, was die Städte und Kommunen mit dem Geld machen und inwieweit „Demokratie fördern!“ diese Ausgaben dann überprüft bzw. überwacht oder sonst wie begleitet. Die Bundesregierung verweist auf die Leitlinien des Bundesprogramms. Diese seien Richtschnur für die Verteilung der Fördersummen bzw. für die Zusammenstellung jener Begleitausschüsse, welche die Gelder verteilen: „Die Bundesregierung nimmt über die Regelungen in der Leitlinie für den Programmbereich A des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ hinaus keinen Einfluss auf die Zusammensetzung.“

Die Kleine Anfrage will weiter wissen, wer genau in den Städten und Kommunen vom Fördergeld profitiert und „bei welchen Trägern (…) in allen teilnehmenden Kommunen jeweils die Koordinierungs- und Fachstelle eingerichtet“ wurde. So erfahren wir beispielsweise, dass der Träger in der Stadt Ravensburg/Schussental der TAVIR ist, der Türkische Akademikerverein in Ravensburg e.V. der im Übrigen in der Tabelle auch für die Stadt Weingarten als Geförderter genannt wird. Die Auflistungen sind viele Seiten lang, die Beantwortung der Anfrage umfasst insgesamt 68 Seiten.

Für den Bodenseekreis wird das Alevitische Bildungswerk „Sah Ibrahim Veli e.V. genannt, in Würzburg das „Würzburger Bündnis für Zivilcourage“ und in Bayreuth eine „Schoko e.V.“, Wir schauen kurz nach, was sich dahinter verbirgt. Die Antwort gibt das Internet: Schoko e.V. eine Jugendeinrichtung mit angeschlossener Skaterhalle.

In Berlin-Neukölln wird das Nachbarschaftsheim Neukölln e.V. als Träger ausgewiesen. Die Internetseite des Vereins sucht via Stellenausschreibung aktuell u.a. „für die Koordinierung des Bundesprogrammes „Kita-Einstieg – Brücken bauen in Frühe Bildung“ zum 01.10.2018 eine Fachkraft für die Koordinierungs- und Netzwerkstelle“. Das wiederum führt zu der Annahme, das hier ein weiteres Bundesprogramm zu den Förderern gehört, wenn die „Kita-Einstieg-Brücken“ nicht Teil des „Demokratie leben!“-Programms sind.

Erste Erkenntnis: Die Organigramme sind hier auf eine Weise verästelt, die jeweils umfangreichere Recherchen verlangen würden, will man dem Eindruck begegnen, jeder mache mit jedem, und überall findet sich noch eine Quelle, die weitere Stellenangebote möglich macht für Pädagogen, Soziologen und Verwalter der zur Verfügung gestellten Fördermittel.

Schauen wir noch kurz in den Landkreis Waldeck-Falkenberg. Dort profitiert ein „Netzwerk für Toleranz Waldeck-Falkenberg“ und die werden laut Selbstauskunft nicht nur vom Familienministerium gefördert, sondern zusätzlich noch vom Land Hessen, das mit seinem Landesprogramm „Aktiv für Demokratie und gegen Extremismus“ laut Auskunft der Grünen immerhin 5,3 Millionen Euro zu vergeben hatte in 2017. Hier taucht dann auch ein interessanter Begriff auf, wenn eben nicht nur Projekte gegen Rassismus, Rechtsextremismus und zur Demokratieförderung unterstützt werden, sondern hier auch Strategien zur „Deradikalisierung“ von Salafisten staatlich subventioniert werden.

Aber weiter in der Drucksache 19/1012, dort teilt die Bundesregierung dem Fragensteller weiter mit: „Die Entwicklung der Landes-Demokratiezentren kann bezüglich ihrer Strukturen und Kernaufgaben in allen Ländern als etabliert und gefestigt eingeschätzt werden.“ Und auch hier wird wieder umfangreich gefördert, wenn es da weiter heißt: „Die Landes-Demokratiezentren wurden seit Bestehen des Bundesprogramms mit 6.874.507,44 Euro (2015), 8.582.185,59 Euro (2016) und 14.501.518,15 Euro (2017) gefördert.“

Zwischenbemerkung des Autors hier: Tatsächlich muss man schon an der Stelle attestieren, wer hier als beispielsweise ausgebildeter Pädagoge, Soziologe oder geisteswissenschaftlich Verwandter nicht in der Lage ist, seinen Teil vom Kuchen in Form eines Projektes, also einer Stelle, abzugreifen und sich so seinen Lebensunterhalt absichern kann, der sollte schleunigst einen Kursus in Power Point belegen und sich ein paar erfolgreiche ältere Anträge anschauen, um hier ebenfalls von „Demokratie leben!“ zu partizipieren. Die Mittel sind da. Sie müssen ja nur noch abgeholt werden.

Und dann kommt die Kleine Anfrage zu den nichtstaatlichen Organisationen und ihren Fördersummen. Im Folgenden eine kleine Auswahl derer, die das Bundesfamilienministerium teilweise schon über mehrere Jahre für förderwürdig hält. So erhielt eine „Bundesvereinigung Trans* e.V.“ für 2017 knapp 200.000 Euro, in 2016 waren es noch 150.000 und im Jahr davor etwas über 50.000 Euro. Praktischerweise wird man bei der Recherche gleich an erster Stelle der Suchmaschine zur Präsentation des Vereins auf der Website des Bundesprogramms geführt.

Weiter erhielt eine sogenannte „Charta der Vielfalt“, die sich u.a. wohl darum kümmert, Unternehmer zu verpflichten, ein festes Kontingent von Migranten einzustellen, 170.000 Euro. Der Verein steht im Übrigen unter der Schirmherrschaft der Bundeskanzlerin Angela Merkel. Und er wurde jahrelang von einer Staatsministerin im Bundeskanzleramt und Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration betreut.

Ganz gleich, wo man direkt in diesen Auflistungen hineingeht und weiter recherchiert, solche Vernetzungen und doppelten Böden sind so vielfältig, dass man allenfalls stichprobenartig erzählen kann, will man den Rahmen eines solchen Artikels hier nicht sprengen.

Die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland e.V. bekam 2017 430.000 Euro, wo es die beiden Jahre zuvor weniger als die Hälfte dieser Summe war. Aktuell findet sich auf der Internetseite des Vereins an herausragender Stelle ein Hinweis: „Gemeinsame Erklärung gegen die AfD „Keine Alternative für Juden“. Wir erwähnen es hier, weil der Fragesteller der Kleinen Anfrage AfD-Bundestagsabgeordneter ist und gerade eine aktuelle Debatte um Juden in der AfD in den Medien zu finden war und die Bundesregierung es im weiteren Verlauf der Kleinen Anfrage zudem verneinen wird, Aktionen gegen die AfD in irgendeiner Weise via Programm aus dem Familienministerium gefördert zu haben.

Nun steht selbstverständlich nicht jede Förderung von vorneherein unter Generalverdacht. Wenn beispielsweise die „Türkische Gemeinde in Hamburg und Umgebung e.V.“ mit 125.000 Euro dahingehend gefördert wird, neue Wege zu suchen für eine Prävention von Antisemitismus bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund, dann kann man sich kaum eine bessere Adresse vorstellen, wenn hier wie vorgestellt gearbeitet wird. Aber es findet sich eben auch eine Anzahl zweifelhafterer Projekte.

Denn wie liest sich das, wenn weitere knapp 130.000 Euro an einen Verein gehen, der sich „Verband binationaler Familien und Partnerschaften iaf e.V.“ in Leipzig nennt, für ein Projekt mit dem Titel: „Elternzeit im Ramadan?! – Muslimische Väter im Fokus“? Laut einer Stellenausschreibung des Vereins wird aktuell ein weiterer Mitarbeiter gesucht für „ein vierköpfiges multidisziplinäres und interkulturelles Team in einem fünfjährigen Projekt“ mit genanntem Titel.

In der Stellenausschreibung heißt es dazu: Finanziert sei das Projekt durch das Programm „Demokratie leben!“ und Ziel sei es – hier wörtlich zitiert: „eine differenzierte Wahrnehmung muslimischer Väter zu erreichen.“ Begrüßt werden bei der Bewerbung solche, von „Männern mit muslimischer Sozialisation und familiärer Migrationsgeschichte.“ Aber wird sich wirklich ein zweiter Cem Özedmir finden oder ist dieser Mann einmalig? Wir wollen dem Verein hier viel Erfolg wünschen, wenn er offensichtlich lieber einen Mann als eine Frau einstellen möchte.

Was wird noch gefördert? Kaum zu glauben, aber wahr: Die DITIB, der religiöse Ableger der türkischen Regierung auf deutschem Boden, wird hier gleich mehrfach subventioniert mit jeweils weit über 100.000 Euro.

Weiter werden Institute privater Hochschulen für Projekte wie „Bildungsarbeit gegen Muslimfeindschaft“ mit ebenfalls fast 130.000 Euro gefördert ebenso, wie beispielsweise ein „Zentrum für Europäische und Orientalische Kultur e.V.“ für ihr Projekt mit dem etwas sperrigen Titel: „Vorurteilsfreie Bildungsarbeit mit Jugendlichen zu Muslimischen Lebenswelten in Ostdeutschland.“ Auch das schauen wir uns kurz genauer an. Demnach setzt sich das Vorhaben aus verschiedenen „Bausteinen“ zusammen:

1. Workshops mit muslimischen Jugendlichen. Hier sollen, es steht da so: „die Jugendlichen in ihrer religiös-kulturellen Zugehörigkeit gestärkt“ werden.
2. Workshops mit Jugendlichen aus sozial-schwachen Regionen. Hier heißt es etwas schwammig: „Neben den interaktiven Methoden zur Reflexion eigener Stereotype u. Vorurteile zu Islam und Zugehörigkeit werden in den Workshops medien- u. kunstpädagogische Arbeiten integriert.“
3. Das Finale: die genannten muslimischen sollen nun so gestärkt „mit nichtmuslimischen Jugendlichen inkl. Nachbereitung“ zusammengeführt werden.
Weiter soll eine Wanderausstellung folgen und Fortbildungen für PädagogInnen zu muslimischen Lebenswelten.

Ganz gleich wo man ansetzt, interessant wird es bei vielen Projekten. Nicht jedes ist zweifelhaft, einige sicher sinnvoll, aber es gibt eben auch solche, die nachdenklich stimmen, wenn ein „Jugend Museum Schöneberg“ mit weit über einhunderttausend Euro gefördert wird, für ein Museum für gemeinsame sexuelle und geschlechtliche Vielfalt – für 2018 ist hier u.a. ein „Toolkit für Lehrkräfte“ geplant, „das zur Weiterarbeit im Unterricht einlädt“.

Die Liste der geförderten Vereine und Organisationen ist viele Seite lang. Wenn Sie mögen, schauen Sie gerne selbst einmal, recherchieren Sie weiter und berichten Sie uns via Kommentar, was Ihnen aufgefallen ist. Die Antwort der Bundesregierung findet Sie als pdf in Ihrer Suchmaschine mit dem Suchbegriff „Drucksache 19/1012“

Interessant hier auch, dass sich die Bundesregierung auf Nachfrage des Abgeordneten explizit zum Begriff „Einwanderungsgesellschaft“ bekennt. Und auf die Frage, wie die Bundesregierung Hassrede und Hetze definiere, verweist diese auf Empfehlungen des Europarates und schlussendlich möchte der Fragesteller noch von der Bundesregierung wissen, wie diese weiterhin die Förderung der Amadeu Antonio Stiftung rechtfertigt.

Antwort:
„Die Amadeu Antonio Stiftung ist ein etablierter und zuverlässiger Träger – insbesondere in der Arbeit gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus. Sie arbeitet auf vielen Ebenen mit staatlichen Institutionen und Partnern zusammen; gegen alle Extremismusformen. Die Bundesregierung fördert die Amadeu Antonio Stiftung aus diesem Grund bereits seit mehreren Jahren.“

Die Fraktion der AfD fragt die Bundesregierung in der kleinen Anfrage abschließend: „Fanden im Rahmen des Bundesprogramms bereits Veranstaltungen statt, die sich gegen im Deutschen Bundestag vertretene Parteien oder Gruppierungen innerhalb dieser Parteien richteten?“

Die Antwort der Bundesregierung lautet: „Nein“.

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