Tichys Einblick
Alcatraz Light

Dänemark will abgelehnte Asylbewerber auf Insel Lindholm unterbringen

Ein klares „Nein“ Dänemarks zum UN-Migrationspakt in Marrakesch wäre sicher wirksamer als ein Inselknastghetto, das dann in der Realität doch nur ein potemkinsches Knästchen ohne schwedische Gardinen und mit Freigang nach Deutschland sein dürfte.

Die gleich folgende Meldung hätte in Deutschland das Potenzial, politische Karrieren zu beenden oder gar Regierungen zu stürzen. Der Ruf des Landes wäre weltweit und über Jahre in Misskredit gebracht – übrigens unabhängig von Angela Merkels Vorreiterrolle in der No-Borders-No-Nations-Politik der vergangenen Jahre, mit mehr als einer Million Asylbewerbern als Lotsen für weitere Millionen via Familiennachzug und anhaltender ungesteuerter Masseneinwanderung.

Besagte Meldung geht so: Abgelehnte Asylbewerber sollen auf einer sieben Hektar kleinen Insel interniert werden, die zuvor von einer Universität genutzt wurde, um dort quasi von der Außenwelt isoliert Schweinepest und Tollwut zu untersuchen. Ein Vorschlag wie eine Steilvorlage für alle Refugees-Welcome-Adepten, die sich hier genüsslich in dystopischen Madagaskarplan-Analogien wälzen dürften, selten noch wäre der Nazi-Vorwurf so einfach zu erheben gewesen.

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Nun kommt die Idee einer modernen Version eines Alcatraz light für abgelehnte und kriminelle Zuwanderer gar nicht aus Deutschland, sondern aus Dänemark. Genauer soll das spezielle Sammellager auf der Insel Lindholm (nördlich der Insel Møn in der Stege Bugt) entstehen. Das Betreten der Insel ist bisher und seit Jahrzehnten verboten, private Anwohner gibt es ebenfalls keine mehr, auf der Insel ist die Abteilung Virusforschung des Veterinärinstitutes von Dänemarks Technischer Universität untergebracht. Luftaufnahmen zeigen einen Anleger für Schiffe oder Fähren, eine Reihe mehrstöckiger Institutsgebäude ist ebenso vorhanden, wie eine Anzahl Nebengebäude und ein kleineres baumreiches parkähnliches Areal.

Die als mitterechts oder rechtsliberal eingestufte dänische Regierung möchte auf besagter Insel nun ein Zentrum aufbauen, das ab 2021 Ausländer beherbergen soll, die wegen Straftaten oder abgelehnter Anträge Dänemark verlassen müssen. Finanzminister Kristian Jensen sagte, laut Welt: „Das ist kein Gefängnis, aber man muss nachts dort sein.“ Tagsüber sorgt eine Fähre für die Anbindung der Insel ans Festland. Aber wird es auch Anordnungen geben, diese Fähre eben nicht benutzen zu dürfen, wenn so etwas wie Fluchtgefahr besteht, wenn der Untergebrachte sich einer nahenden Abschiebung entziehen will?

Will der dänische Staat überhaupt jedes Schlupfloch für alle Grafen von Monte Christo schließen, die Insel illegal zu verlassen, wenn Aufenthaltspflicht besteht und wie soll so ein Areal bewacht werden? Polizeilich oder/und militärisch?

Klar, ein Ghetto kann man kaum schärfer definieren als mit so einer Knastinsel. Wer war es noch, der in den 1980ern alle an Aids-Erkrankten auf die Insel Helgoland verbannen oder anderweitig internieren wollte? War das Peter Gauweiler, Horst Seehofer oder doch nur eine Fiktion aus einem Rosa-von-Praunheim-Film?

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Nun definierte die dänische Regierung vor Monaten schon recht genau, was ein Ghetto ist: „Eine Wohngegend, in der mindestens 50 Prozent der Bewohner aus nicht-westlichen Ländern stammen, in der die Arbeitslosigkeit 40 Prozent übersteigt und in der die Kriminalitätsrate im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung besonders hoch ist.“ Und solche Ghettos soll es in Dänemark zukünftig nicht mehr geben. Aber ausgerechnet, indem man eine Insel zu so etwas wie der Mutter aller Ghettos macht?

Der dänische Ministerpräsident erklärte gegenüber dem Deutschlandfunk, was genau gemeint ist: „Wir werden kontrollieren, wer neu zuziehen darf. Wir werden Kriminalität besonders hart bestrafen. Und wir schauen auf die Kinder in den Ghettos. Sie müssen raus aus ihrer Isolation. Sie müssen Dänisch lernen, bevor sie in die Schule kommen. Sie müssen in den Kindergarten gehen und einen Sprachtest bestehen, bevor sie in die erste Klasse kommen.“

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Damit sind also diejenigen gemeint, die bleiben dürfen, alle anderen müssen, wenn ausreiseunwillig, kriminell oder wenn nicht abgeschoben werden kann, auf die Insel? Integrationsministerin Inger Støjberg, das war jene Ministerin, die schon mal in libanesischen Zeitungen Anzeigen schaltete, in denen Menschen davor gewarnt wurden, in Dänemark Asyl zu beantragen. Frau Støjberg jedenfalls hat ein klares Ziel: Dänemark weniger attraktiv für Asylsuchende machen. Und sie ist besonders stolz auf ihre besonders harte Asylpolitik.

Aber hart im Vergleich womit? Die Haltung welchen Landes in Europa wäre im Vergleich mit dem vom Angela Merkel regierten Deutschland sanftmütiger also aufnahmefreudiger? Auf der Homepage des Ministeriums von Inger Støjberg verkündet ein grellblauer Button die Zahl der Verschärfungen der Asylpolitik seit ihrem Amtsantritt. Gerade ist sie bei Nummer 98 angelangt.

Nun also die nächste abschreckende Maßnahme. Ja, abschreckend, mehr aber wohl auch nicht. Denn ernsthaft interniert wird hier wohl niemand werden. Diese kleine dänische Insel ohne Ferienhäuser inmitten einer gigantischen dänischen Ferienhäuserwelt für gut situierte deutsche Urlauberfamilien, wird todsicher kein zweites Alcatraz werden, es taugt nicht einmal zu so etwas wie einem veritablen Abschiebegefängnis.

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Wenn also einer der zukünftigen Bewohner seiner nächtlichen Aufenthaltspflicht nicht nachkommt, was soll schon passieren? Wird es einen Sanktionskatalog geben? Wird er nach der Fußfessel dann in eine Art Inselverlies gesperrt? Beides sicher nicht. Aber es wird nach wie vor eine Reihe von Wegen und Möglichkeiten geben, nach Deutschland überzuwechseln, wenn der Aufenthalt beim nördlichen Nachbarn mal unbequemer geworden ist.

Dänemark tritt hier mit einem erweiterten Maßnahmenkatalog an, der Massenzuwanderungspolitik Angela Merkels und den Folgen dieser Politik Paroli zu bieten. Dänemark setzt auf Abschreckung. Und so wird die Legende eines Alcatraz für abgewiesene Zuwanderer seinen Teil dazu beitragen. Auch solche Orte kann man dann in den Zeitungen der Herkunftsländer der Asylbewerber abschreckend annoncieren.

Für eine erkennbare Positionierung in der Zuwanderungsfrage wird allerdings noch einmal mehr eine erhebliche Rolle spielen, wie sich Dänemark im Dezember entscheidet, wenn es in Marrakesch/Marokko darum geht, dem UN-Migrations- und dem Flüchtlingspakt zuzustimmen. Ein klares „Nein“ wäre sicher wirksamer als ein Inselknastghetto, das dann in der Realität doch nur ein potemkinsches Knästchen ohne schwedische Gardinen und mit Freigang nach Deutschland sein dürfte.

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