Tichys Einblick
Schwarz/grüne Personalpolitik

CSU-Stiftung schickt grünen Politiker mit islamistischen Bezügen nach Marokko

Die CSU-nahe Hanns-Seidel-Stiftung schickt einen Grünen-Politiker mit islamistischen Positionen als Büroleiter nach Marokko. Selbst die geschwisterlich verbundene Konrad-Adenauer-Stiftung wundert sich.

imago images / Ralph Peters

Eine Stiftung, die gar keine ist, sondern ein Verein. Eine Stiftung, die weitestgehend aus Steuermitteln finanziert wird. Eine Stiftung, die bitte trotzdem keine Pressefragen zu umstrittenen Personalien beantworten möchte … Was für ein Verein ist das eigentlich?

Hanns-Seidel-Stiftung mit umstrittener Personalie

Die Rede ist hier von der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung und die Personalie ist Dr. Mounir Azzaoui, seit neuestem Leiter des Büros der Stiftung in Marokko. Der Hanns-Seidel-Verein erhält gemeinsam mit fünf anderen Stiftungen (nur eine ist juristisch Stiftung) der im Bundestag vertretenen Parteien aus Bundesmitteln 581 Millionen Euro pro Jahr (Stand 2018) zum Zwecke der politischen Bildung. Die CSU-Veranstaltung allein erhält fast 60 Millionen – es sind Steuergelder. Auch die AfD will nach Erfüllung der restriktiven Formalien Zugang zum Geldtopf.

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Auf Anfrage von TE will die Hanns-Seidel-Stiftung leider keine Auskunft geben über die Einsetzung eines Mannes als Leiter des Büros in Marokko, der seit Jahren mit einer Reihe konservativ- bis radikalislamischer Positionen aufgefallen ist bzw. die Nähe zu solchen Positionen immer wieder wiederholt. Die Hanns-Seidel-Stiftung hatte vorab die Gelegenheit leider nicht genutzt, entsprechende Fragen zu Azzaoui aus dem Weg zu räumen, die ihr von TE zugesandt wurden. Es kam folgende Antwort zurück:

„… beachten Sie bitte, dass sich die Hanns-Seidel-Stiftung grundsätzlich nicht zu Einzelheiten in Personalangelegenheiten äußert.“

In einem von zwei Telefongesprächen wird sich der Pressesprecher später auf eine Fürsorgepflicht berufen, dann will er Azzaoui doch noch ins Gespräch holen, auch die Leitung der Hanns-Seidel-Stiftung soll darüber informiert worden sein, so der Sprecher, aber zuletzt will man wohl erst einmal abwarten, was die andere Seite präsentiert. Schattenboxen also im Wohlfühlschatten eines ziemlich üppigen Berges aus Steuergeldern.

Fragen, die einer Antwort bedürfen

Aber womit hatte TE den Pressesprecher zum Schweigen gebracht? TE wollte lediglich wissen:

Was befähigt den Grünen Mounir Azzaoui vor allen anderen, in Marokko das Büro der Stiftung (…) zu leiten?

Wenn es sich die Stiftung in Marokko zur Aufgabe gemacht hat, u.a. den demokratischen Übergang und rechtsstaatliche Strukturen zu fördern, warum macht man das mit einem politisch Grünen, der zudem Berührungspunkte zu Islamisten hat und beispielsweise eine explizite antiisraelische Haltung u.a. im Gaza-Konflikt?

Was verspricht/erhofft sich die Stiftung von der zukünftigen Arbeit von Mounir Azzaoui?

Die Stiftung betont immer wieder, ihr Ziel sei es, international tätig zu werden auf Basis von „christlich-sozialen Idealen“ – wie sehr repräsentiert ihrer Meinung nach Mounir Azzaoui als Leiter des Büros diese Ideale?

Ein Zusammentreffen Mounir Azzaouis mit Vertretern der israelischen Regierung ist im Rahmen seiner Tätigkeit denkbar und wahrscheinlich. Mounir Azzaoui vertritt allerdings im Israel-Palästina-Konflikt explizit die Seite Gazas und wird nicht müde, antiisraelische Ressentiments in den sozialen Medien mitzuteilen. Was glauben Sie, hat das für Auswirkungen für die Stiftung? Und welche Maßnahmen werden sie dahingehend ergreifen, wird oder hat es schon Gespräche dazu gegeben mit Mounir Azzaoui?

Die Hanns-Seidel-Stiftung will diese Fragen aber nicht beantworten, nicht mit und nicht ohne Azzaoui. Aber wenn sie nicht will, was sie gegenüber dem Steuerzahler aber sollte, wenn der Stiftung hier so etwas wie Transparenzgedanke fremd ist, dann müssen wir eben zunächst ohne Zutun der Betroffenen über diese Personalie reden.

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Vorab aber ein paar Worte zu diesem System der Stiftungen/Vereine, die mit über einer halben Milliarde Euro Steuergelder großzügig bedacht sind, zudem über oft üppig ausgestattete Dependancen überall in Deutschland verfügen und im Fall der Hanns-Seidel-Stiftung sage und schreibe fünfzig Büros überall auf der Welt u.a. auch in Marokko betreiben und unterhalten. Aber um dort was zu tun? Der Pressesprecher verweist TE in dieser Frage auf den Webauftritt. Dort heißt es explizit zu Marokko:

„Den Leitern unserer Auslandsbüros obliegt die Umsetzung der Ziele unserer Projektarbeit vor Ort. Diese können – wie für jedes Land – ganz transparent in unserem Internetangebot unter https://www.hss.de/weltweit-aktiv/afrika/marokko/ auch für Marokko nachgelesen werden.“

TE wird also auf eine Seite verwiesen, die etwas über die Arbeit dort sagt und „ganz transparent“ sein soll, aber wer da eigentlich tätig ist, dazu will man diese Transparenz dann lieber nicht angewandt wissen. Dr. Mounir Azzaoui wird auf besagter Webseite bereits als Leiter des Büros vorgestellt. Nebst einer Reihe von Zielen, die Azzaoui für seinen neuen Verein vertreten soll, der sich in seiner Satzung bzw. in der Rubrik „Unser Auftrag“ auf die Fahnen geschrieben hat, „demokratische und staatsbürgerliche Bildung des deutschen Volkes“ zu betreiben „auf christlicher Grundlage“. Ist er dafür der Richtige?

Doch ja, man sei zwar von der CSU unabhängig, wird an anderer Stelle explizit betont, und muss auch betont werden, will man weiter von den Steuergeldern profitieren, aber der Nachsatz umarmt die Partei dahinter wieder: man arbeite „jedoch im Sinne deren Grundwerte“ – also der CSU.

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Folgerichtig müsste das dann ja auch für die Personalie Azzaoui gelten. Was macht, dass die Stiftung über ihren Pressesprecher hier so zugeknöpft erscheint, wo doch Transparenz insbesondere gegenüber der die Öffentlichkeit informierenden Presse und gerade in umstrittenen Personalfragen eigentlich selbstverständliche Pflicht eines so finanzierten Vereins wäre?

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Zur Person: Mounir Azzaoui postete beispielsweise im Juli 2014 via Twitter, „Israel ist für die gescheiterten Friedensverhandlungen vor zweieinhalb Monaten verantwortlich“. Das ist eine gewagte These angesichts fortgesetzter Angriffe der Hamas auf israelische Siedlungen. Aber damit nicht genug, er fand damals nichts dabei, diese Raketenangriffe der Hamas auf Israel zu verteidigen, die seien eine Reaktion auf Tötungen und Verhaftungen von Palästinensern seitens Israel. Israel würde versuchen, die Hamas mit Angriffen auf Gaza zu schwächen. Kanzlerin Merkel, so Azzaoui, „sollte sich schämen in diesem Kontext davon zu sprechen „Deutschland stehe an der Seite Israels“.

Der neue Leiter der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung forderte 2014 „in den nächsten Jahren eine deutsch-muslimische Perspektive zu dem Konflikt zu entwickeln“. Warum? „Damit diese Unverschämtheiten aufhören.“ Welche meinte er? Etwa den Protest darüber, dass sich israelische Familien immer wieder ängstlich und von Sirenen dazu aufgefordert in Bunker zurückziehen müssen, weil regelmäßig Raketen auf Juden abgeschossen werden von extremistisch-terroristischen Muslimen? Für das deutsch-israelische Verhältnis ist es jedenfalls nicht förderlich, wenn die CSU jetzt einen Mann vor Ort schickt, der ein deutsch-muslimisches Projekt an seine Stelle setzen will.

Ein Grüner im Zentralrat der Muslime und in der CSU

Wer also genau ist der neue Leiter der Dependance der CSU-Stiftung in Marokko, der diesen Politikwechsel vorantreiben soll? Dr. Mounir Azzaoui war fünf Jahre lang Sprecher des Zentralrates der Muslime in Deutschland. Er ist oder war Parteimitglied der Grünen und in NRW Mitbegründer des Arbeitskreises Grüne Muslime, für die er auch als Sprecher tätig war. Da die Stiftung keine Auskunft geben mag, wer da für sie arbeitet, müssen wir weiter zurückgehen. So findet sich 2007 ein Interview Azzaouis in der Islamischen Zeitung, wo dieser über den Arbeitskreis „Grüne Muslime“ berichten soll. Dort kritisierte er u.a. von ihm behauptete Assimilierungsbemühungen an Muslimen durch die CDU/CSU und ihre Leitkulturdebatte, die „weit über die Verfassung“ hinausgehen würden. Die SPD sei im Übrigen die Partei, welche dem Islam sehr kritisch gegenüberstehen würde. Es gäbe in der SPD „noch viel stärker als bei den Grünen auch laizistische Strömungen“, welche „dem Islam und auch Religionen generell sehr kritisch gegenüberstehen.“ Das ist nun eine sehr gewagte Behauptung; eher parteipolitisch geprägt als tatsächlich. Und so geht es weiter.

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Auch die FDP vertrete „grundsätzlich ein laizistisches Programm“. Die FDP wäre sogar an Gesetzen beteiligt gewesen, welche „die Muslime ausdrücklich diskriminieren“. Nur die Grünen hätten laut Azzaoui erkannt, „dass Religion auch in der Moderne weiterhin eine wichtige Rolle spielen wird.“ Die Grünen wären die Partei des Umweltschutzes und die Bewahrung der Schöpfung sei für Muslime ein wichtiges Thema. Soll das tatsächlich die Tangente bzw. Referenz hinüber zur CSU (Hanns-Seidel-Stiftung) 2020 sein, im Sinne grundsätzlich gemeinsamer orthodox-religiöser Wertvorstellungen? Bizarr. Oder: dubios. Noch dubioser, weil Azzaoui in besagtem Interview auch noch den damaligen NRW-Integrationsminister Armin Laschet angreift, dieser hätte den islamischen Religionsunterricht zwar für über 250.000 muslimische Schüler versprochen, aber diesen dann ihre „grundlegenden Rechte vorenthalten“.

Und so geht es weiter, ziemlich weit weg von den Grundwerten der CSU und dem Auftrag ihrer Stiftung, die  „demokratische und staatsbürgerliche Bildung des deutschen Volkes“ betreiben will „auf christlicher Grundlage“. 2011 forderte der grüne Azzaoui die Abschaffung des Verfassungsschutzes, dieser würde die liberale Demokratie nicht schützen. Damit ist er im Trend der aktuellen Grünen-Politik, die den Sicherheitsapparat schleifen will.

Wiederum 2014 teilte Azzaoui per Twitter einen Beitrag, der den Spiegel kritisierte, der es gewagt hatte, eine Raketenwut der Hamas gegen Israel zu kritisieren. Im selben Jahr forderte Mounir Azzaoui, „man kann nur hoffen, dass die verantwortlichen Politiker jetzt konsequent handeln und die IGMG (Red.: Milli Görüs) aus den Berichten (Red.: Verfassungsschutzberichte) nehmen.“

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Aber er ist auch ein Mann, der Beziehungen pflegt. Auch die Stiftung Mercator fand nichts dabei, Azzaoui als Projektmanager bzw. -leiter zu verpflichten und diesen beispielsweise über „Polizei in einer pluralistischen Gesellschaft“ publizieren zu lassen. Für die Stiftung forderte der dann mehr „junge muslimische Führungspersönlichkeiten in der Gesellschaft“.  Da sei wichtig, „damit Muslime als ein selbstverständlicher Teil der Gesellschaft betrachtet werden können.“ Nun ist allerdings die Mercator-Stiftung eine weit links verortete Stiftung mit  fragwürdigen, meist an die Grünen eng angebundenen Handlungen und Partnerschaften.

Man beginnt das Schweigen der Hanns-Seidel-Stiftung zu verstehen: Diese Widersprüche sind nicht aufzulösen. Das Schweigen zieht Kreise.

Mittlerweile ist der Twitter-Account von Mounir Azzaoui nicht mehr erreichbar. Gelöscht oder gelöscht worden? Aber von wem und warum? Wir fragen auch das nach, bekommen aber auch dazu keine Antwort. Man wolle abwarten, was da kommt. Dass eine so abwartende Haltung keine besonders vertrauenserweckende Maßnahme wäre, nimmt der Sprecher zur Kenntnis. Ja, der Mann ist freundlich, man unterhält sich nett, aber der Plauderton kann ja nicht die fehlenden Informationen ersetzen.

Was also macht ein grüner Muslim, der u.a. mit einem speziellen Verhältnis zu Israel aufgefallen ist, für die CSU-nahe Hanns-Seidel-Siftung als Leiter des Büros der Stiftung, die gar keine ist, sondern ein Verein eigentlich in Marokko? Auch ein Interviewangebot mit der Stiftung bzw. Azzaoui wird abgelehnt. Selbst bei der Konrad-Adenauer-Stiftung, eher am Rand des politischen Spektrums der CDU angesiedelt, ist man irritiert über die Personalpolitik der Schwester in München. Aber auch hier: Schweigen.

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