Nach dem Auswärtigen Amt und anderen Bundesministerien möchte nun auch das Bundesverkehrsministerium nicht nachstehen und bekennt sich zur Seenotrettung vor der libyschen Küste. De facto bedeutet das die Aufnahme von Menschen in afrikanischer Strandnähe aus maroden Booten, um sie von dort aus nach Europa zu verbringen – im Endeffekt vor allem nach Deutschland.
Was das Verkehrsministerium damit zu tun hat? Das weiß zunächst die Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke von der Partei Die Linke. Die hatte sich nämlich gerade furchtbar aufgeregt, dass das Ministerium von Andreas Scheuer (CSU) Seenotrettung in den Gewässern vor Libyen verhindern würde. Auf ihrer Internetseite und in ihrem fast täglichen Newsletter titelte Jelpke nämlich: „Verkehrsministerium versucht Seenotrettung zu verhindern“.
Und gravierender kann man so einen Vorwurf kaum ausgestalten. So heißt es bei Jelpke weiter: „Die CSU hat sich mit diesem durchsichtigen und niederträchtigen Manöver auch vom letzten Krumen christlicher Nächstenliebe verabschiedet.“
Bisher gab es Ausnahmen für solche Schiffe, die für „Sport- und Erholungszwecke“ unterwegs sind. Hier waren die speziellen Sicherheitszeugnisse für Bauweise, Ausrüstung und Besatzung nicht so eng gefasst. Nun ist, was diverse Nichtregierungsorganisationen da vor der libyschen Küste veranstalten, eigentlich alles andere als Sport oder Erholung – auch wenn diese Organisationen und Ulla Jelpke das gerne weiter so hätten.
Für die Linke ist die Verschärfung der Verordnung Teil einer „tödlichen Abschottungspolitik“. Die EU-Staaten müssten nun endlich eine zivile Seenotrettung und legale Fluchtwege nach Europa einrichten. „Private Seenotrettungs-Initiativen dürfen nicht länger kriminalisiert und in ihrer Arbeit behindert werden.“
Das Bekenntnis des Bundesverkehrsministeriums kommt nun direkt von einem Sprecher auf Anfrage von TE. Der erklärt in seinem Schreiben nämlich, dass Ulla Jelpke das Gegenteil dessen verstanden hätte, was das Ministerium eigentlich will. Tatsächlich betont ein Sprecher, dass es dem Ministerium darum ginge, die ehrenamtlichen Helfer, also die Mitarbeter der NGOs auf diesen Schiffen vor der libyschen Küste besser zu schützen:
„Der Rechtsänderung liegen ausschließlich schiffssicherheitsrechtliche Erwägungen zugrunde. Ehrenamtliche Helfer sind bei zielgerichteten organisierten Einsätzen vergleichbaren Gefahren ausgesetzt wie Berufsseeleute. Die Änderung soll bewirken, dass die Schiffe der Helfer einen nach objektiven Kriterien entwickelten Sicherheitsstandard für die professionelle Seefahrt erfüllen.“
Das wäre deshalb von Bedeutung, weil „Deutschland auch seinen internationalen Verpflichtungen als Flaggenstaat“ nachkommen muss. Und jene Schiffe der NGOs, die unter deutscher Flagge fahren, müssten jetzt die „hierfür erforderlichen Schiffszeugnisse vorweisen“ dann bliebe es ihnen „unbenommen unter der Bundesflagge zu operieren.“
„Die deutschen Behörden arbeiten vertrauensvoll mit diesen zusammen.“
Anders gesagt: Der deutsche Staat hat sich also in einer weiteren Facette seines Handelns de facto den Nichtregierungsorganisationen gebeugt und scheint noch stolz darauf zu sein.