Die Meldungen zur Asylaffäre überschlagen sich im Stundentakt: Nun sind es längst nicht mehr nur „Unregelmäßigkeiten“ im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), wenn FDP und AfD einen Untersuchungsausschuss fordern, nachdem bekannt wurde, dass ein Gruppenleiter des Bundesamtes im internen Schriftverkehr in einer Mail eine „geräuschlose“ Aufklärung tausender unrechtmäßiger Asylbescheide angemahnt hatte. „Interne E-Mails zeigten, dass die BAMF-Zentrale schon früh von fragwürdigen Vorgängen wusste, diese aber allenfalls schleppend und offenbar nur widerwillig aufklären wollte.“
Bisher 18.000 weitere Verdachtsfälle sollen von einem intern rasch zusammengewürfelten Team aus 70 Mitarbeitern „stichprobenhaft“ überprüft werden. Eine Innenrevision beispiellosen Ausmaßes: „Es würden die positiven Bescheide seit dem Jahr 2000 von rund 70 Mitarbeitern in planmäßig drei Monaten kontrolliert, hatte BAMF-Präsidentin Jutta Cordt am Freitag gesagt.“ Für die FDP und die AfD längst zu spät: Eine vom internen BAMF-Sumpf unabhängige Untersuchungskommission soll her, da zu befürchten steht, dass das Bundesamt aus sich heraus keine ordnungsgemäße Aufklärung mehr gewährleisten kann.
Wie Peanuts machen sich da Skandale aus, wie der von Anfang 2017 in Braunschweig, als über eine couragierte Mitarbeiterin bekannt wurde, dass die Leitung des Landesaufnahmebehörde einen Stapel Akten einfach im Keller verschwinden lassen wollte, der Hinweise hätte geben können auf dreihundertfachen Sozialbetrug durch Asylbewerber.
Über ein Jahr später teilt die Staatsanwaltschaft auf Nachfrage von TE dazu mit, dass leider keine Auskunft erteilt werden könne, was nun aus diesen Fällen geworden ist, da diese im gesamten Haus nach Alphabet verteilt seien und nicht zentral erfasst werden könnten: Zuviel Arbeitsaufwand.
Weiter befanden die Journalisten, dass die Meldung einen Eindruck von Verwirrung und politischem Kontrollverlust erweckt hätte, von dem sich die Bundesregierung bis heute nicht ganz erholen konnte. Das BAMF ist also Vorreiter und Initiator eines noch viel größeren Kontrollverlustes, wie die genannten aktuellen Ereignisse um zigtausendfache, offensichtlich betrügerische Anerkennungsverfahren von Asyl zeigen. Der nun bekannt gewordene Emailverkehr deutet zudem daraufhin: Dieser Kontrollverlust ist im Bundesamt als Methode etabliert.
Die rasend schnelle Metamorphose des Tweets aus dem Bundesamt, führte 2015 zu Sätzen wie denen einer Syrerin am Wiener Hauptbahnhof, die meinte zu wissen: „Merkel hat gesagt, sie schickt große Schiffe aus der Türkei, um Syrer zu retten.“ Peter Györkös, der ungarische Botschafter in Deutschland, wusste von der serbischen Polizei, dass diese wenige Tage nach der Twitter-Meldung durch das BAMF auf ihrer Seite der Grenze Tausende weggeworfener Pässe gefunden hätten: „Von dem Moment an war plötzlich jeder Flüchtling ein Syrer.“ Und er war auf der Reise nach Deutschland. Und Mitarbeiter des Bundesamtes waren in den Außenstellen anschließend tausendfach bereit dazu, gesetzeswidrig und in Zusammenarbeit mit korrupten Anwälten und Dolmetschern vollendete Tatsachen zu schaffen: Syrer ist, wer Syrer sein will. Der Schaden scheint irreparabel, wenn sich das Amt heute schon fragt, wie man irregulär erteilte Aufenthaltsgenehmigungen überhaupt wieder rückgängig machen könne.
Leitungen, Abteilungen, Gruppen, Referate, wissenschaftliche Fachberatungen, dezentrale Außenstellen in Hülle und Fülle – das Organigram des Bundesamtes eskalierte zu jener Krake, die heute den Beginn des Zusammenbruchs des Systems verantwortet. Ein Irrgarten selbst noch für Eingeweihte. Ein Eldorado für Betrügereien im großen Stil?
Nicht nur tausende neue Mitarbeiter wurden eingestellt, es wurden auch Mitarbeiter neu eingestellt, die diese Einstellungen vornehmen sollten. Eine Voraussetzung hierfür konnte beispielsweise ein abgeschlossenes Studium der Sozialwissenschaften sein, wie Stellenausschreibungen von 2016 zeigen. Die Arbeitsplatzbeschreibung lautete u.a.: „Selbstständige Durchführung von Auswahlgesprächen nach umfassender Einarbeitung und Treffen von Auswahlentscheidungen.“
Dann, wenn die deutsche Amtsstube, dort, wo der Beamte nach Recht und Gesetz zuverlässig seine Aufgabe zu erfüllen hat, zu einem Ort groß angelegter Betrügereien – oder fast noch schlimmer – zu einem Ort individueller privater Gewissensentscheidungen expandiert ist: Die Metamorphose des klassischen deutschen Befehlsempfänger-Beamten, der sich nun mehr auf Zivilcourage und einer Art zivilen Ungehorsam im Amt beruft, wenn „Geflüchteten“ über das geltende Recht hinaus Schutz gewährt wird, als wäre das BAMF nunmehr die Verwaltungseinheit als weltliche Alternative zum bedingungslosen Kirchenasyl.
Angekommen im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Die Hysterie der Gutmeinenden in Personalunion mit kriminellen Machenschaften.