Nein, die Berliner Sozialdemokraten wollen nicht die Clan-Kriminalität selbst verbieten. Die sozialdemokratische Partei des regierenden Bürgermeisters debattiert auf ihrem Landesparteitag lieber darüber, den Begriff abzuschaffen. Das muss man sich vorstellen: Der Begriff soll verschwinden, dann sei auch das Problem verschwunden? Die Erinnerung an die Diskussion um „Nafris“ kommt auf, damals, als man der Polizei untersagen wollte, bestimmte Intensivtäter aus Nordafrika über den internen Sprachgebrauch mit einem Kürzel als Gruppe schneller und präziser erfassen zu können, wenn Handlungsbedarf besteht – nicht nur an Silvester.
Ahmad Mansour ist unermüdlicher Verfechter und Befürworter eines gemäßigten Islam. Und er ist ein mutiger Mann insofern, als er sich nicht von Extremisten einschüchtern lässt und einfach laut sagt, was ihm gegen den Strich geht.
Das kann der Autor dieser Zeilen leider nicht von sich sagen. Denn gerade vorgestern und nach einem längern Telefonat habe ich ein dringendes Anliegen lieber erst einmal zur Seite gelegt. Eine mutige Frau hatte mich angerufen, die seit Jahren von einem kriminellen Clan auf verschiedenste Weise terrorisiert und belästigt wird, weil diese den Teil der Straße nicht verlassen will, den der Clan neuerdings für sich beansprucht, wo die Anruferin aber viel länger als dieser schon Eigentum besitzt.
Mit verschämten Grummeln im Magen hatte ich Vermeidungsstrategien überlegt und nach Kollegen gesucht, an die ich diese wahnsinnige Geschichte weiterschieben kann. Warum? Aus Sorge, dann selbst belästigt zu werden, zu nah dran zu sein, zu viel zusätzlicher Stress zu jenem Stress, den man eh schon hat, wenn man meint, auch 2020 noch sagen zu müssen, was ist. Aber dann in diesem Fall eben nicht mehr.
Ja, Ahmad Mansour ist ein mutiger Mann. In ihm ist wohl ein unbedingter Gerechtigkeitssinn als auch eine Portion Nächstenliebe eingeschrieben. Er kann nicht anders. So jedenfalls erlebt man ihn in Publikationen, in Talkshows, in Gesprächen.
Aktuell erregt sich der vor 44 Jahren in Tira/Israel geborene Psychologe und Autor über einen Antrag auf dem Landesparteitag der Berliner SPD, wo die Genossen sich vorgenommen haben, gewerbetreibende Migranten zukünftig vor dem Vorwurf zu schützen, sie hätten etwas mit dem Clan-Milieu zu tun. Antrag 31/1/2020 widmet sich „dem Schutz des migrantischen Berliner Gewerbes. Gegen die Nutzung des Begriffes der „Clan-Kriminalität“!“
Das Ausrufezeichen ist hier tatsächlich Teil des Antrags, betont also für die Genossen auf seine Weise die Dringlichkeit der Behebung dieser angeblichen Diskriminierung. Antragsteller auf dem Landesparteitag ist die „AG Migration und Vielfalt LDK“.
Die Antragstellenden wollen, dass das migrantische Gewerbe in Berlin unterstützt und vor Angriffen geschützt werden. Aber um welche Form von Angriffen geht es hier? Solche der unter Rassismusverdacht gestellten Berliner Polizei? Also auch jene Ermittlungen wie zuletzt mit 1800 Beamten auf der Straße, die jetzt „Angriffe“ gewesen sein sollen?
Die Antragsteller forden weiter einen „dialogorientierten Ansatz“ zu verfolgen. Die „rechtsstaatlichen Prinzipien und die Wahrung des respektvollen Umgangs mit den Gewerbetreibenden“ soll so sichergestellt werden. An der Stelle des Antrags wird der Begriff „Respekt“ eingeführt. Die Forderung nach Respekt gehört nämlich längst zum Repertoire noch der auflagenschwächsten Gangsterrapper und hat nur noch sehr wenig zu tun mit jenem Respekt, den man sich in Deutschland auf der Basis von Tugenden verdienen musste, als diese noch Allgemeingut waren. Respekt heute geht vielerorts einher mit Frauenverachtung, Klein- und Schwerkriminalität und einer schon prinzipiellen Missachtung von Anstand und Sitten.
Das allerdings ist den Antragstellern in der Berliner SPD offenbar vollkommen schnuppe, wo ein „Schikaneverbot“ gefordert wird und die Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsprinzips. Auch sollen bei Polizeikontrollen Kunden des Geschäftes nicht mit durchsucht werden dürfen, was der AG Migrantion besonders wichtig ist.
Ahmad Masour hat sich nicht zum ersten Mal zur explodierenden Clan-Kriminalität geäußert. Zum Antrag auf dem Landesparteitag der Berliner Sozialdemokraten schreibt er jetzt via Twitter:
„Während #Clankriminalität in #Berlin wütet, während deren „Geschäfte“ Millionen von Euros erzielen, diskutiert #SPD in Berlin über den Begriff (Red.: Clan-Kriminalität) & lehnt in als rassistisch ab. Auch hier sucht man vergeblich nach Unterstützung der #Polizeiarbeit – doch das Gegenteil ist der Fall.“
Nein, das muss nicht weiter kommentiert werden. Eine Bemerkung in eigener Sache allerdings sei erlaubt, wo Mansour davon spricht, die Polizeiarbeit zu unterstützen, sagte die eingangs erwähnte terrorisierte Frau am Telefon, die Polizei hätte ihr gegenüber angedeutet, dass den Beamten aus gewissen Gründen die Hände gebunden seien. Und sie hatte die Einlassungen der Beamten als Hinweis verstanden, doch besser auszuziehen um irgendwo anders ruhiger weiterleben zu können. Allerdings lebte sie ja ursprünglich in einem ruhigen Viertel, erzählte sie. An einem Ort, der ihr wie selbstverständlich Heimat war.