Bis gestern Abend konnte man der Idee anhängen, Sahra Wagenknecht sei zwar Sozialistin, aber eine, der es um die Menschen im Lande geht, eine, die im Grunde genommen der sozialen Marktwirtschaft eines Ludwig Ehrhard nachweint, wie sie es einmal ähnlich formuliert hatte.
Wagenknecht ist aber offenbar vor allem eines: an Macht und Partizipation interessiert, interessiert daran, sich wieder ins Geschäft zu bringen, nachdem sie in ihrer Linkspartei so krachend damit gescheitert war, ein Stimmchen zu erheben gegen die Massenzuwanderungspolitik der Kanzlerin, des Establishments und der Medien, um damit Punkte abzugreifen, dort, wo viele Linkswähler abgewandert waren.
Sahra Wagenknecht war für einen Moment lang mal Oppositionelle, bis sie sich zunehmend in der Partei isoliert sah. Jetzt aber ist alles wieder gut. Wagenknecht orientiert sich an ihrer Parteivorsitzenden Katja Kipping, jener Bundestagsabgeordneten, die zuletzt der Parteigenossin Martina Renner in kollegialer wie herzlicher Umarmung zur Seite sprang, als diese im Bundestag vom Bundestagsvizepräsidenten Wolfgang Kubicki einen Ordnungsruf hinnehmen musste, weil sie einen Sticker der Antifa durch das hohe Haus trug.
Sahra Wagenknecht bei Anne Will im O-Ton:
„Wenn es nicht diesen unglaublichen Druck gegeben hätte, wenn nicht so viele Leute direkt auf die Straße gegangen wären vor die FDP-Zentrale auch in Berlin, wenn es diesen Druck nicht gegeben hätte, dann wäre wahrscheinlich dieser Test von Thüringen auch nicht so schnell beendet worden, das muss man klar sagen.“
Großer Applaus im eingeladenen Publikum der öffentlich-rechtlichen Sendung.
Der als Gast vorgeladene Wolfgang Kubicki wagt es dann noch im Zwischenruf an die eingeschlagenen Scheiben, die Schmierereien und die persönlichen Bedrohungen gegen seine Parteifreunde zu erinnern – beispielsweise in Halle wurde an das FDP-Büro geschmiert: „Antifa is watching you“, „Keine Cooperation mit Nazis“, „FCK FDP“. Im gesamten Bundesgebiet radikalisierten sich Hundertschaften von Randalierern und Demonstranten gegen die Büros der Freidemokraten.
Katja Kipping, Martina Renner, Sahra Wagenknecht – die Damen sind keineswegs Ausnahmen in der Partei, wenn es darum geht, Antifa und Co zu hofieren im Glauben, die Macht der Straße würde der Linkspartei irgendwie zu Gute kommen, wenn die Opposition bis hin zur FDP vom linksradikalen Mob bedroht wird.
Nein, die drei Genannten sind nicht die Ausnahme bei der Linkspartei, wenn jüngst auch die Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke aus ihrem Herzen keine Mördergrube machte, als sie sich wortreich solidarisierte mit einer gerade als verfassungsfeindlich verbotenen Internetseite von und für Linksradikale. Als Jelpke schrieb: „Das Verbot von indymedia.linksunten ist ein illegitimer Akt der Zensur.“ Dieses Portal stehe „für eine linke, antikapitalistische Gegenöffentlichkeit. Diese in ihrer Reichweite und internen Diskussion einzuschränken, betrachte ich als willkürliche Beschneidung der Meinungs- und Pressefreiheit.“ Das Verbot sei ein Versuch der Einschüchterung.
Also das Verbot eines linksradikalen Portals, das immer wieder zur Einschüchterung und Gewalt gegen Oppositionelle aufruft, sei diese „Einschüchterung“.
Kipping, Renner, Jelpke – jetzt auch Sahra Wagenknecht. Die ehemalige Vorzeigelinke hat in den Schoß der Familie zurückgefunden.