Vom Pressesprecher der Deutschen Vermögensberatung AG zu Merkels Generalsekretär und seit 2018 Ursula von der Leyens Staatssekretär. Gut, könnte, man sagen: Shit happens, aber das wäre dann schon jammern auf hohem Niveau, wenn man dieses Auf und Ab in der Karriere des Christdemokraten Peter Tauber beschreiben möchte. Fakt ist, der 45-Jährige scheint sich beim Schrauben von Panzern für Schwangere zu langweilen, wenn der gelernte Frankfurter Historiker sich im Sommerloch mit einer grotesken politischen Forderung als Autor der Zeitung Welt anbieten muss. Weil er dort sonst keine Schreibeckchen mehr bekommen hätte, wenn er nicht tüchtig trommelt?
Jedenfalls ist es jetzt passiert: Peter Tauber hat nicht nur schlimmen Unsinn geschrieben. Der böse Eindruck entsteht, er wolle politisches Kapital schlagen aus dem Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, der mutmaßlich von einem schon in den 1990er Jahren aktiven, verurteilten und zeitweilig inhaftierten Rechtsextemen aus nächster Nähe erschossen worden sein soll.
Für Tauber ist ganz klar: Ab jetzt müssen in Deutschland andere Spielregeln gelten. Zwar bezieht er sich dabei auf den Mord, aber Zeile für Zeile wird deutlicher, dass es Tauber viel mehr um das Beinahe-Desaster der Union in Görlitz geht als auch darum, ein Brandzeichen zu setzen hin zur heißen Phase der Landtagswahlkämpfe für Brandenburg, Sachsen und Thüringen. Tauber also als politischer Brandstifter mit der Fackel in der Hand.
Laut Tauber stehen „Repräsentanten des deutschen Staates auf der Liste der neuen Nazis.“ Diese seien nicht mehr nur bereit, sie schritten nun zur Tat. Und nachdem die Kirchen, allen voran EKD-Chef Bedford-Strohm gerade den Dialog mit dem Oppositionsführer im deutsche Bundestag aufgekündigt und Abgeordnete, Anhänger und Wähler der „Gottlosigkeit“ bezichtigt hatte, folgt nun der weltliche Akt der Ausgrenzung an prominenter Medien-Stelle aus der hinteren Reihe der Christdemokratie von Peter Tauber, der es nicht mehr bei Zutrittsverboten wie auf dem Kirchentag belassen will, sondern der nun den Paragrafen 18 des Grundgesetzes endlich angewandt wissen will gegen Verfassungsfeinde.
„Nach der Ermordung des deutschen Außenministers Walther Rathenau durch Rechtsextreme erkannten er und andere, was leider heute Menschen wie der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsschutzes Hans-Georg Maaßen oder die namenlosen Wichtigtuer von der Werte-Union nicht einsehen wollen: Die politische Rechte kann man nicht integrieren oder einbinden.“
Nun ist Artikel 18 des Grundgesetzes eindeutig. Und der Artikel hat in seiner Eindeutigkeit eine besonders hohe Hürde gesetzt, wenn es da heißt, die Grundrechte auf Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit, Vereinigungsfreiheit usw. können überhaupt nur vom Bundesverfassungsgericht beschnitten (verwirkt) werden. Ergo gibt es keine rechtlich legitimierten Standgerichte gegen Rechts oder Rechtsradikal. Schon gar nicht gegen Konservativ, wenn Maaßen und Co. sich plötzlich im Fadenkreuz dieses selbsternannten kleinen Chefinquisitors der Union wieder finden.
Für Peter Tauber ist schon die Sprache verdächtig, die verboten werden muss. Die Sprache der „AfD im Deutschen Bundestag“ sei es ebenso, wie die der „Höckes, Ottes und Weidels“, die enthemmt und zur Gewalt führt. Tauber gibt also einer Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel die Mitschuld am Mord, sie hätte demnach mitgeschossen: „mitschuldig am Tod Walter Lübckes.“
Wäre es nicht zu albern, man könnte mutmaßen, diese Bedforth-Strohms (Kirche), Anja Reschkes (Öffentlich-Rechtlich), Peter Fischers (Präsident der Frankfurter Eintracht) und die Politik in Gestalt Peter Taubers hätten sich irgendwann zum Käsehäppchen getroffen und dieses politische Kabarett konspirativ verabredet, so schön der Reihe nach werden gerade diese Nebel- und Schwefelkerzen im Vorfeld der Wahlen in den neuen Bundesländern abgefeuert.
Nein, der Historiker Tauber ist nicht so dumm, anzunehmen, sein Vorschlag würde an den Verfassungsschützern im Land vorbeikommen, so dass bald jeder böse Bube und Bürger vom Sheriff um die Ecke per Schnellgericht seiner Bürgerrechte beraubt werden kann.
Angst und Schrecken soll herrschen unter den Bürgern. Und die Gräben sollen noch viel tiefer sein, wie es beispielsweise der Präsident von Eintracht Frankfurt gefordert hatte.
Peter Tauber fordert: „Wehret den Anfängen!“ Dafür sollen Verfassungsfeinde ihre Grundrechte aberkannt bekommen. Und Tauber benennt jene, die in Gefahr sind, die demnächst wohl als Vogelfreie leben zu müssen. Sein „scharfes Schwert“ schneidet bis tief in die Union hinein, wenn sogar die Werte Union bedroht ist:
»Artikel 18 (ist) heute ein Instrument nicht nur gegen Rechtsextreme, sondern auch gegen alle anderen, die sich ebenfalls dem Kampf gegen unsere Freiheit verschrieben hab«en. Um es kurz zu sagen, es geht mir nicht um eine „Entbürgerlichung“, sondern um eine „Entpolitisierung“ der Feinde unserer Verfassung.«
Hier stellt sich eigentlich als erstes die Frage, wie die Zeitung Welt überhaupt einen solchen – sowohl historisch als auch juristisch – haarsträubenden Unsinn abdrucken konnte, als hätte man dem Autoren gegenüber keine Verantwortung. Nein, man muss nicht jeden Veitstanz abbilden.
Auch an den öffentlichen Dienst möchte Tauber das Schwert ansetzen: „Es ist offenkundig gar nicht so leicht, jemanden, dem es offensichtlich an Loyalität gegenüber dem Dienstherrn mangelt, aus dem Dienstverhältnis zu entfernen. Das muss geändert werden.“ Also soll hier die Causa Maaßen noch bis in die hinterste Amtsstube Anwendung finden.
Für den Staatssekretär unter Ursula von der Leyen ist klar: „Neben dem Recht braucht es politische Klarheit.“
Ja, so beginnen Diktaturen, wenn neben dem Recht auch noch eine neue politische Klarheit herrschen soll.
„Wir brauchen wieder die Klarheit eines Joseph Wirth.“, so Tauber weiter. Die CDU als bürgerliche Kraft dürfe nicht wanken. Tauber wünscht sich, dass die Partei sich an Wirth erinnert und klar mit den Worten Wirths sagt: „Da steht der Feind, der sein Gift in die Wunden eines Volkes träufelt. – Da steht der Feind – und darüber ist kein Zweifel: Dieser Feind steht rechts!“ Wirths Verdienste als Politiker in der Weimarer Republik sind tatsächlich unbenommen. Aber Wirth ist eben auch „Stalin-Friedenspreis“-Träger 1955, verliehen wurde ihm die Auszeichnung an Stalins Geburtstag. Peter Tauber ist also nicht nur ein lausiger Jurist – nein, er ist gar keiner – er ist auch ein nur mittelmäßiger Historiker.
Und er hat in der Welt gerade die Marschrichtung der Union für den Wahlkampf im Osten vorgegeben: Eine Schlammschlacht ohne jede Moral. Und eine geschichtsvergessene dazu.
Das wurde dann sogar Ulla Jelpke, der Bundestagsabgeordneten der Partei Die Linke, zu viel, die dem Autor hier gerade noch per Email zu Taubers Kamikazeflug gegen die Grundrechte mitteilt: „Wer so etwas fordert, arbeitet den demokratiefeindlichen Zielen der Naziterroristen geradezu in die Hände.”