Dafür, dass die Verantwortung wahrlich schwer wiegen muss, nehmen es die Eigner und Betreiber der Aquarius verdammt leicht: Über 30.000 Migranten sollen es nach Selbstauskunft seit 2016 sein, die das Schiff von Libyen nach Europa gefahren hat – bzw. so lange die Schlauchboote eskortiert hat, bis in der Nähe fahrende Schiffe zur Aufnahme gerufen wurden.
30.000 Schicksale, 30.000 meist junge Männer aus afrikanischen Ländern, die nun ihr Heil auch in Deutschland suchen, also 30.000 mal 12.680 Euro plus eine ganze Reihe weiterer Kosten, die hier noch nicht verbucht wurden. Wir reden also über 380.400.000 Euro zuzüglich der immensen weiteren Kosten des bürokratischen Aufwands usw., multipliziert mit bis zu drei Jahren Aufenthaltsdauer abzüglich jener, die dann doch in Italien geblieben oder nach Schweden oder sonst wo weiter gezogen sind.
Jetzt haben die „Flüchtlingshelfer“ genannten Seeleute verkündet, sie würden die Aquarius aufgeben. Die Hilfsorganisation SOS Méditerranée teilt offiziell mit, Grund für die Entscheidung sei „eine Reihe von gezielten politischen Angriffen auf die lebensrettende Arbeit“. Eine glatte Lüge? Dann jedenfalls, wenn es erst die Anwesenheit solcher Schiffe vor der libyschen Küste waren und sind, welche die Schlepper zum Signal nahmen und nehmen, ihre maroden Schlauchboote aufs Meer hinaus zu fahren; mitunter sogar begleitet, um dann die Motoren nach Erreichen internationalen Gewässers wieder mit zurück an die Küste zu nehmen. Die dann tatsächlich in Seenot geratenen Personen wurden bizarrer Weise sogar teilweise ausgestattet mit Satellitentelefonen, wo die Telefonnummer der Seenotrettungsleitstelle in Rom für diesen Bereich des Mittelmeeres schon eingegeben gewesen sein soll.
Nun das Ende. Und das, obwohl zahlreiche Helfer alles getan haben, diese Aktion zu unterstützen und nahezu jeden Kritiker zu diskreditieren und zu diffamieren, der es nur wagte, diese Form der Seenotrettung zu debattieren bzw. als das zu benennen, was es nun einmal im Laufe der letzten Jahre wurde: ein Desaster mit einer kalt kalkulierten Zahl von Todesopfern, wenn mit der steigenden Zahl der Überführungen automatisch die Zahl der Ertrunkenen anstieg bzw. mit nachlassender Tätigkeit zurückging. Diesem Sachverhalt werden sich die Schiffsbetreiber stellen müssen. Moralisch. Und immer öfter auch unter der Regie der Justizbehörden der Mittelmeeranrainer wie Italien, Malta oder Spanien, wenn hier auch zunächst vornehmlich wegen Bagatell-Delikten.
Aktuell liegt die gemeinsam von Ärzte ohne Grenzen und SOS Méditerranée betriebene Aquarius im französischen Marseille vor Anker, berichtet Welt.de. „Zuletzt warfen italienische Behörden der NGO vor, illegal Müll in Italien entsorgt zu haben, und drohten mit der Beschlagnahmung des Schiffs.“ Nun haben die Betreiber angekündigt, „sobald wie möglich“ ein neues Schiff zu organisieren um zu neuen Einsätzen ausfahren mit dem Ziel, weitere Migranten zu „retten”.
Die Direktorin bzw. Geschäftsführerin von SOS Méditerranée in Deutschland erklärte am Freitag in Paris: „Wir haben den Höhepunkt der Kriminalisierung von humanitärer Hilfe auf See erreicht. Dass wir jetzt dazu gezwungen sind, den Betrieb der ‚Aquarius‘ einzustellen, während europäische Mitgliedstaaten ihrer Verantwortung, Menschen im Mittelmeer zu retten, nicht gerecht werden, ist ein Armutszeugnis für Europa.“
Aber die Nichtregierungsorganisation bleibt dennoch optimistisch: »Für uns ist die „Aquarius“ natürlich ein großes Symbol gewesen.« Aber es sei am Ende des Tages nur ein Schiff – und Schiffe könne man auswechseln. „Das Team steht, die Struktur steht – wir brauchen nur ein Schiff, und dann können wir weitermachen.“
Aber weit gefehlt. Schon ruft mit der Dresdner Mission Lifline e.V. eine weitere Nichtregierungsorganisation quasi zum Sturm auf die libysche Küste auf, wenn mit der so genannten Aktion „YachtFleet“ Yachtbesitzer aufgefordert werden, in großer Zahl selbst noch mit Segelyachten zur Aufnahme der per Schlepper in marode Schlauchboote gesetzte vor die nordafrikanische Küste zu eilen. Wörtlich heißt es da:
„Ausgestattet mit Rettungswesten, medizinischer Ausrüstung, einem Rettungsschlauchboot etc. sind auch kleinere Schiffe in der Lage, Menschen in Seenot beizustehen! Daraus wollen wir mehr machen, denn während größere Schiffe widerrechtlich am Retten gehindert werden, wird dies bei kleineren Schiffen kaum gelingen. Denn, es gibt tausende Yachten… An der Aktion kann sich jede*r beteiligen! Wir finden Besitzer*innen, die ihre Yacht zur Verfügung stellen, suchen die passende Crew und rüsten die Yachten zu Mini-Rettungsschiffen um. Dafür benötigen wir Ihre Unterstützung!“
Und direkt an Yachtbesitzer gewandt:
„Sie möchten Ihre Segelyacht (Standort Mittelmeer) zur Verfügung stellen und Teil der „YachtFleet“ werden? Die Segelyachten müssen hochseetauglich, mindestens 12 Meter lang sein und Kojen für mindestens 6 Besatzungsmitglieder haben. Es wäre schön, wenn Sie einen Wassermacher an Bord haben. Es besteht grundsätzlich das Risiko einer Beschädigung und des Totalverlustes, das bitten wir einzukalkulieren. Senden Sie uns Bilder Ihrer Yacht, damit wir einen Eindruck gewinnen. Kommen Sie auf uns zu, um alles Weitere zu klären:
logistik (at) mission-lifeline (Punkt) de
Wir fragen uns jetzt: Ob dort wohl schon viele Mails eingegangen sind? Die tausende von Yachthäfen der europäischen Mittelmeerküste jedenfalls sind gut ausgelastet.