Am Freitag fragten wir hier, ob Angela Merkel als Bittstellerin nach Spanien fährt oder mit dem Scheckbuch. Die Antwort ist noch ernüchternder, als sowieso schon zu befürchten war: Eine einzige Farce, wenn man nachliest, wie die Kanzlerin selbst ihr Gespräch mit dem spanischen Premier nacherzählt. Wer also noch blauäugig hoffte, dass wenigstens ein paar dringende Probleme Lösungsansätze erfahren könnten, der wurde enttäuscht.
Nach der mittlerweile als dilettantisches Täuschungsmanöver zu bezeichnenden Rücknahmevereinbarung mit Spanien nun also der nächste Beweis einer deutschen Regierung im Ausnahmezustand: Arbeitsverweigerung und Kapitulation vor den wichtigen Fragen unserer Zeit. Es bleibt ein Jammer.
Fangen wir mit der so genannten Rücknahmevereinbarung an: Theoretisches Ziel war es hier, Spanien aufzufordern, EU-Regeln einzuhalten und registrierte Asylbewerber, die weiter nach Deutschland gezogen sind, zurückzunehmen. Nun gibt es keine spanisch-deutsche Grenze. Alleine dieser Sachverhalt hätte schon vorher zu denken geben müssen, denn im Klartext heißt das, dass es keine vernünftige Rücknahmevereinbarung mit Spanien geben kann, wenn nicht auch Frankreich eine solche mit Spanien abschließt bzw. wenn Frankreich die Durchreisenden quasi stellvertretend für Spanien an der deutsch-französischen Grenze „zurücknimmt“, wenn Deutschland sie abweist bzw. diese dann – wie auch immer – nach Spanien zurückgeführt werden.
Nun hat Frankreich seine Grenzkontrollen zu Spanien längst wieder aufgenommen und intensiviert. Denn die Zuwanderer bleiben nicht in Spanien, sie ziehen nach Norden. Dort treffen sie nun auf den „geballten Widerstand“ der französischen Sicherheitskräfte, berichtete das Handelsblatt. Wirklich? Nun ist so ein Widerstand relativ, gäbe es ihn wirklich, würden es keinen Anlass geben für ein Rücknahmeabkommen zwischen Spanien und Deutschland, dann wäre die spanisch-französische Grenze dicht und Spanien blieben nur zwei Möglichkeiten: Entweder die Zuwanderer aufzunehmen, korrekt zu registrieren oder endlich von der EU massive Hilfe zu fordern bei der Sicherung der EU-Außengrenzen, also auch bisher rein nationale Befugnisse der Grenzsicherung zu übertragen.
Und Spanien hat längst erklärt, um was es bei diesem Abkommen in Wahrheit geht: Lediglich um eine „Geste“ zur Unterstützung der Bundeskanzlerin. Aber Unterstützung gegen was oder wen? Gegen die deutsche Bevölkerung? Als eine Art Verschleierung einer Schlechtleistung, einer Bankrotterklärung bzw. einer eklatanten Arbeitsverweigerung? Nein, wenn Spanien die Kanzlerin unterstützen will, dann hat Spanien seine Grenzen zu schützen bzw. seine Asylbewerber ordnungsgemäß zu registrieren und zu versorgen. Sollte der Grenzschutz allerdings versagen, müssen eben entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden, ob nun auf nationaler oder EU-Ebene.
Angela Merkels Auftrag zu Besuch beim spanischen Premierminister sollte also überdeutlich gewesen sein: Diesen völlig sinnbefreitem Rücknahmeabkommen nun endlich etwas Wirksames folgen zu lassen. Was dann allerdings folgte, liest sich, wie aus der Zeit gefallen. Merkel begrüßte beim gemeinsamen Presseauftritt mit dem Spanier in Sanlucar de Barrameda zunächst das Abkommen mit Spanien. Aber warum? Was ist daran begrüßenswert? Rein gar nichts.
Aber Merkel geht noch weiter, wenn sie allen Ernstes und wider besseres Wissen behauptet, mit dem Abkommen könne nun „mehr Ordnung in die Sekundärmigration“ gebracht werden. Das ist schon eine Unverschämtheit zu nennen oder wahlweise kaltschnäuzig. Merkel wurde weiter auf der Pressekonferenz gefragt, ob das Abkommen nicht doch eher einen symbolischen Wert hätte. Ihre Antwort lautete, dass Abkommen würde deutlich machen, „dass Deutschland und Spanien auf europäische Lösungen setzen“.
Erinnern wir uns: Seehofer gab Merkel im Streit um seinen Masterplan Asyl ein paar Tage, um endlich auf EU-Ebene Lösungen zu bewirken. Nichts hat sich seitdem getan. Immer nur weiter die selben inhaltsleeren Willensbekundungen.
Drücken wir es vorsichtig aus: keine so neue Erkenntnis, wenn Merkel erklärt, wie sie zu diesem bahnbrechenden Schluss gekommen ist: „Nach der Theorie dürfte nie ein Migrant oder ein Flüchtling in Deutschland ankommen“. Nach welcher Theorie? Der Dublin-Theorie? Nach einem Dublin-Verfahren, dass Merkel selbst auf monströse Weise außer Kraft gesetzt hat?
Politik wie aus der Kapitänskajüte der Titanic. Immerhin, die Kapitänin suggeriert weiterhin, sie sei gewillt, als letzte von Bord zu gehen. Die Passagiere indes werden sich davon immer weniger beruhigen lassen.