Die deutsche Pop-Ikone Nena in Sachen Corona-Maßnahmen hat schon einmal durch ihre Aktivitäten in den sozialen Medien Aufsehen erregt: Sie hatte Herzchen vertwittert an den aus dem Mainstream-Raster gefallenen deutschen Ausnahmesänger Xavier Naidoo. Klar, man kennt sich in der Branche, beide nehmen sehr ernst, was ihre erste Profession ist: das Singen. Aber sie nehmen auch ernst, was darüber hinaus geht und was die Politik viel lieber ohne Meinungsäußerungen der singenden Querköpfe organisieren würde.
Die Frankfurter Allgemeine fragt jetzt: „Hat Nena ein Herz für Corona-Leugner?“ und die Bild fragt garnicht mehr, sie weiß es schon: „Demo in Kassel – Nena solidarisiert sich mit Corona-Gegnern.“ Das ist allerdings schon deshalb ziemlich doof, weil ja alle Menschen Corona-Gegner sein sollten, Corona ist ja nichts Schönes. Corona ist böse, Corona tötet. Aber seien wir nachgiebig: Wenn der Begriff „Corona-Leugner“ auch bei Bild abgemeldet ist, weil doch zu ungenau, da tut man sich schwer damit, plötzlich „Corona-Maßnahmen-Kritiker“ zu schreiben, einfach zu lang für die Schlagzeile. Und die Überschrift „Wir sind Nena“ geht auch nicht, denn der erste Merkel-Kritiker der Nation ist beurlaubt; Chefredakteur Julian Reichelt hat die Zügel nicht mehr in der Hand.
Das interessiert Gabrielle Susanne Kerner, genannt Nena, die heute 61 Jahre alt wird, aber nicht. Sie legt direkt nach und schreibt weiter zu den besagten Aufnahmen: „Liebe wird aus Mut gemacht …Nena.“ Und das ist nicht einfach nur eine Aufmunterung in Richtung der Demonstranten in Kassel, sondern auch ein Zitat aus einem der erfolgreichsten Titel der Sängerin, „Irgendwie, irgendwo, irgendwann“. Neben Marius Müller Westernhagens „Freiheit“ gibt es wohl kaum einen Song, der die Stimmung auf einer regierungskritischen Demonstration besser unterstützen könnte. Aber solche Demos mit Stoßrichtung Berlin (früher Bonn) sind selten geworden.
Ja, Solidaritätsdemonstrationen mit einem Weltprotestphänomen wie „Black-Lives-Matter“ oder Fridays-for-future-Kids – da ist die Politik rasch zur Stelle, die Inhalte für sich zu reklamieren und die Veranstaltung zu vereinnahmen. Demontrationen, die sich gegen die Regierungspolitik richten, sind aber pfui und passen angeblich nicht zur Bürger- und Zivilgesellschaft: Was gäbe es auch dagegen zu demonstrieren, wenn man kein Contra-Revolutionär ist? Das klingt so albern wie es ist.
Schade. Denn was für eine Einladung zur Debatte wäre das gewesen? Der Spiegel erinnert stattdessen an Nenas Instagram-Post im vergangenen Jahr und befindet: „Damals waren ihre Worte noch offen für Interpretationen. Jetzt bezog sie klar Stellung zu der Querdenker-Demo in Kassel.“ Mit dem Du-Du-Finger Richtung Sängerin schreibt das Hamburger Magazin weiter darüber, dass es „Angriffe auf Journalisten und Polizisten“ gegeben hätte. Allerdings ohne zu erwähnen, dass mindestens ein Journalist, nämlich Boris Reitschuster, mutmaßlich aus den Reihen der Antifa angegriffen wurde. Der Spiegel steht hier in vielerlei Hinsicht näher am Abgrund als die Demonstranten, die er dort hinschieben und auch hinunterstoßen will. Ganz eindeutig wäre die Solidarisierung der Sängerin mit den Demonstranten. Aber ja, so anklagend muss das dann klingen, wo man zuvor und über Monate lang jeden Protest an der Corona-Maßnahmen-Politik der Bundesregierung versucht hatte zu verunglimpfen.
Die „Impfen ist Liebe“-Antifa als Pöbel- und Schlägertruppe gegen Querdenker-Demos sieht das freilich ganz anders. Aber hier darf amüsiert erwähnt werden, dass einige Querdenker jetzt selbst schon „Wir sind die Antifa!“ proklamieren, was zumindest dahingehend stringent ist, wenn man der Gegenseite linksfaschistische Handlungsweisen bescheinigt.
Nun wäre es echt schade, wenn Nena nicht auch ein bisschen Nena von damals wäre, also etwas schräg, wie ein Text auf Instagram vom Oktober 2020 eindrucksvoll belegt, den der Spiegel allerdings gegen die Musikern gerichtet verstanden wissen will:
„Ich habe meinen tiefen Glauben an Gott. Daher kommt mein Vertrauen ins Leben. Und ich habe meinen gesunden Menschenverstand, der die Informationen und die Panikmache, die von außen auf uns einströmen, in alle Einzelteile zerlegt.“ Sie würde sich auch dank dieses Glaubens nicht „hypnotisiert von Angst in die Dunkelheit ziehen“ lassen.
Das mag der Spiegel nun bekloppt finden oder zur Diffamierung nutzen wollen. Dabei vergisst er allerdings, was vielen Menschen jeden Tag bewusster wird: Risikogruppen müssen geschützt werden, aber was diese chaotische bis vollkommen dilettantische Politik der Bundesregierung an Katastrophen in die Bevölkerung trägt, zeigt beispielsweise der ungeheuerliche Bericht der Deutschen Deppressonshilfe: Viele Menschen sterben vermutlich ohne Corona-Infektion an den Corona-Maßnahmen.