Bundesinnenminister Horst Seehofer hatte vor Monaten den Verdacht formuliert, italienische Politiker ebenso: Die sogenannte Seenotrettung vor der libyschen Küste ist der Schlepperhilfe verdächtig und hat mit unverschuldeter Seenot nichts zu tun, vielmehr mit einer verabscheuungswürdigen Form des Surfens auf einer Welle der Hilfsbereitschaft, vor allem von Deutschen und weiteren europäische Bürgern, die verstärkt 2015 eine Refugees-Welcome-Welle lostraten, die bis heute nachbebt.
Etliche Deutsche zogen ins Feld bzw. zu Wasser, um jene, die nicht schnell genug zu uns kommen konnten, bei ihren Versuchen illegaler Einreisen zu unterstützen. Insbesondere die „Seenotrettung” vor der libyschen Küste ist jetzt zum perfekten Beispiel dafür geworden, wie furchtbar schief das alles gehen kann: Einundzwanzig dieser selbsternannten Seenotretter sind jetzt in Italien angeklagt worden, unter ihnen sollen zehn Deutsche sein.
Matthias Rüb berichtet für die Frankfurter Allegemeine Zeitung aus Rom, dass auch diesen zehn deutschen Angeklagten Haftstrafen von bis zu zwanzig Jahren drohen würden. Davon ist erfahrungsgemäß kaum auszugehen, aber aufsehenerregend ist diese Anklage, sind die drohenden Prozesse alle Male, bedenkt man doch, dass Heinrich Bedford-Strohm, der Noch-Chef der evangelische Kirche in Deutschland, einer der neuen Hauptakteure dieser hoch umstrittenden „Seenotrettung” geworden ist, als der Bischof von Berlin-Brandenburg ein eigenes Schiff ins Mittelmeer schickte.
Welche Nichtregierungsorganisationen (NGO) sind unter den Angeklagten? Angeklagt sind u.a. Besatzungsmitglieder der Iuventa, eines Schiffs der Berliner NGO „Jugend Rettet“. Die Organisation berichtete schon 2018 (Internetarchiv der NGO) davon, bereits 14.000 Menschen nach Europa gebracht zu haben. Schon damals gab es erste Klagen und reflexartige Vorwürfe der privaten Organisation an die ermittelnde Staatsanwaltschaft, sie verwende „Vorwürfe aus rechtsextremen Kreisen“, all das sei doch nur eine „politisch motivierte Kampagne“, sagten damals die sogenannten Seenotretter.
Und weil alles immer noch bizarrer geht, nominierte das EU-Parlament auf Inititative der Sozialdemokratie die Organisationen Ende 2018 auch noch für den Sacharow-Preis für geistige Freiheit – die geistige Freiheit könnte sich demnächst für einige der Aktivisten in eine physischen Haftstrafe wandeln.
Während nun all das passierte und schon damals fast ein Dutzend der Besatzungsmitglieder angeklagt waren, ertranken bald weniger Menschen schlicht schon deshalb, weil weniger Schiffe der NGOs unterwegs waren. Die zynische Rechtfertigung lautete immer wieder in etwa so: Dafür hätte man doch ein vielfaches mehr an Menschen „gerettet“, die wachsende Zahl an Toten wurde auch von einigen berichtenden Medien prozentual ins Verhältnis gesetzt zu den nach Europa verbrachten Menschen. Das muss man nicht mehr kommentieren, dieses Eiseskälte der Beseelten und Gutmeinenden spricht für sich.
Die NGO, namentlich „Jugend Rettet“ gehen auch 2021 mit einer vergleichbaren Kampagne gegen die Klagen vor, wie schon 2018: Die Anklageerhebung wird als „politische Kampfansage“ bezeichnet, mit der Absicht, „Solidarität zu kriminalisieren“. Weiter heißt es von der NGO laut Frankfurter Allgemeine Zeitung, diese Klagen hätten „tödliche Konsequenzen“, weil dadurch mehr Bootsflüchtlinge im Mittelmeer ihr Leben vorloren. Das allerdings ist entwerde umstritten oder widerlegt: Es sterben sogar weniger, es kommen aber auch deutlich weniger nach Europa, damit kann dann der prozentuale Anteil der Ertrunkenen gemessen an der Zahl derer, die es versuchen, tatsächlich steigen. Wer allerdings mit so einer Zahl operiert, hat jeden Anspruch auf humanitäre Bemühungen hinreichend verwirkt.
Von all diesen langwierigen Klagen und scheinheiligen Prostesten abgesehen, konnte unter anderem das Schiff von Bedford-Strohm ungehindert mit 363 Nichteuropäern in einem sizilianischen Hafen einlaufen. Fünf verschiedene Einsätze zusammengenommen erklärt hier die hohe Passagierzahl.
Was allerdings die Anklagen auf Sizilien angeht, dürfte die Hoffnung gering sein, dass eventuelle Verurteilungen verhindern könnten, dass wieder mehr Menschen im Mittelmeer sterben, zugunsten einer viel höheren Zahl neuer Asylbewerber. Eine Anwältin der Iuventa-Crew wies die Vorwürfe der sizilanischen Staatsanwaltschaft gegenüber dem „Guardian“ bereits zurück mit den Worten: „Leben retten ist nie ein Verbrechen.“ Die Einsätze seien rechtmäßig.
TE hat mehrfach über ähnliche Praktiken von NGOs berichtet, die auf diese Weise den Menschenschmuggel von der Türkei nach Griechenland befördern. Auch hier geht es um logistische Unterstützung und Informationen über Standorte der Küstenwache, Abfahrts- und Ankunftsorte. Mittlerweile sieht sich TE rund einem halben Dutzend Abmahn- und Folgeverfahren ausgesetzt und musste auf Betreiben der Organisation Mare Liberum vorerst informative Beiträge aus dem Netz nehmen; auch Presseberichte aus Griechenland und Mitteilungen der dortigen Behörden. Nichts soll über das Treiben in Deutschland bekannt werden. Diesen Maulkorb fechten wir an und werden dies bis zur Letzt-Entscheidung bringen. Solche Verfahren ziehen sich über Monate und Jahre. Das wissen die Kläger und wollen uns so zum Einlenken zwingen. Da sie von Kirchen und dem Staat gefördert werden, setzen sie darauf, dass sie den längeren Atem haben. Sie werden sich täuschen. Wir fassen den Kampf um die Pressefreiheit als unsere Aufgabe auf, nachdem viele Blätter sich auf die Seite von „Mare Liberum“ geschlagen haben und ihren Agitationsjournalismus weiter wider die Wahrheit betreiben.