Tichys Einblick
Meint Tamara Wernli

Bond. Jane Bond?

Das Spekulationskarussell um die Rollenbesetzung für den nächsten 007-Kultagenten dreht sich rasant. Auf den gegenderten James Bond können wir aber getrost verzichten.

Ein weiblicher Bond? Schauspielerin Gillian Anderson teilte dieses Bild (links) auf Twitter

Bild: Twitter | Tamara Wernli

„Der nächste Bond – eine Frau?“, titelte die Basler Zeitung vergangene Woche und griff damit einen Gedanken des Schauspielers Idris Elba auf, der eine Frau als nächsten James Bond anregte. Im „Variety“ fragte er: „Wollen wir einen anderen Bond-Charakter haben? Es könnte eine schwarze Frau sein oder eine weisse – warum nicht?“ – „Jane Bond?“, twitterte ich, „ja genau, und dann beim rückwärts Einparken den Aston Martin zerkratzen.“ Persönlich fand ich den Witz sauglatt – wobei es zugegebenermassen häufig vorkommt, dass ich über meine eigenen Sprüche am lautesten lache.

Es lachten nicht alle mit. An der Frauenfront war der Witz für viele unzumutbar und löste grösste Twitter-Empörung aus, Vorwürfe von „Verrat!“, „bedient Klischees“, „Sexistin!“, bis zu „biedert sich an“, „macht den Spruch für Likes“ und „Ich entfolge Ihnen jetzt“, alles dabei. Eine prominente Schweizer Netzaktivistin meinte: „Lassen Sie solche widerlichen, sexistischen Aussagen, Frau Wernli, und sprechen Sie einfach für sich.“ Und weil ich Ratschläge von Menschen, die ich nicht kenne, konstant befolge, werde ich künftig Sprüche, die eine Überreizung des weiblichen Nervensystems auslösen, bleiben lassen. Grosses Indianerehrenwort! (Dennoch muss ich an der Stelle leider darauf hinweisen, dass Frauen tatsächlich langsamer und ungenauer einparken als Männer. Das haben Wissenschaftler der Universität Bochum herausgefunden: Bei Männern sei das räumliche Vorstellungsvermögen ausgeprägter, bei Frauen fehle es zudem häufig an Selbstvertrauen. Die Parklücke wird als Bedrohung gesehen, was zu unsicherem Einparken führt).

Aston Martin hin oder her, mit Leidenschaft verfolgt Hollywood seit einiger Zeit das Bestreben, die Diversität im Filmgeschäft zu fördern. Einerseits möchte man mit dem Aufsprengen der männlichen Dominanz bei den Hauptrollen das Kinopublikum besser repräsentieren, andererseits Schauspielern aus Minderheitengruppen zu mehr Rollen verhelfen und auch tragende Rollen, die oftmals an Männer gehen, vermehrt mit Frauen besetzen.

Das ist grundsätzlich eine gute Sache. Das Potential von Frauenrollen wurde lange unterschätzt, zudem ist Hollywoods Repertoire an begnadeten Schauspielerinnen riesig – und Ladys in Action- oder Agentinnenrollen von „Wonder Woman“ bis Dana Scully in „Akte X“ sind nicht nur ein Hingucker, die Filme sind gelungen. Und sowieso: Studios können selbstverständlich jene Filme erschaffen und mit Schauspielern besetzen, von denen sie sich Erfolg versprechen.

Zu den Diversitäts-Bemühungen zählen auch Neuverfilmungen mit Geschlechtertausch, und hier kommt der Haken: Die sind grottenschlecht. Man nimmt dafür erfolgreiche Originale, belässt den Plot beim Alten und ersetzt Hauptdarsteller mit Hauptdarstellerinnen. So wurde vor drei Jahren „Ghostbusters“, die Kultkomödie mit Bill Murray und Dan Aykroyd von 1984 vereinnahmt und in dem Remake zur grotesken Blödelei geschrumpft – und floppte trotz Kristen Wiig und Melissa McCarthy als Geisterjägerinnen. Vergangenes Jahr kam das Spinoff der „Ocean’s“-Reihe mit Geschlechterwechsel in die Kinos. Auch die Starbesetzung rund um Sandra Bullock und Cate Blanchett konnte nicht verhindern, dass der Streifen die Originalität eines Naturjoghurts besitzt. Das Filmstudio Warner Bros. kündigte 2017 eine Adaption des Klassikers „Herr der Fliegen“ (1990) an, des beeindruckenden Films über Gruppenverhalten und die aufkeimende Gewaltbereitschaft unter Buben in einer Extremsituation, die schliesslich im Töten endet. Für die Neugeburt aus Frauenperspektive sollen dann Mädchen statt Knaben auf einer einsamen Insel stranden. Nur sind Mädchen und Jungs halt nicht gleich. Die Geschichte würde sich mit nur Mädchen so nicht zutragen, daher ist die Neuverfilmung absurd.

Ein weiblicher Bond wäre zwar nicht ganz so abwegig. Aber der Kultagent ist eben James Bond und nicht Ethan Hunt oder Jason Bourne, weil gewisse Eigenschaften seine Einzigartigkeit ausmachen. Legendär sind sein trockener britischer Humor, sein Charme, der bei keinem so einnehmend überfloss wie bei Sean Connery, die Affären mit den Bond-Girls. Eine Jane Bond hätte mit dem Original nicht mehr viel zu tun.
Wie gesagt, mehr Frauen für Hauptrollen zu verpflichten, ist richtig (natürlich auf freiwilliger Basis, nicht durch eine Zwangsquote). Und wenn das globale Kinopublikum sich diese Filme wünscht, werden sich die Projekte an den Kassen auszahlen. Aber statt einfach Klassiker zu adaptieren zwecks Frauenförderung, warum kreieren die Studiobosse nicht neue Geschichten? Schreiben neue, originelle Drehbücher für die Damen? Erfinden neue Agentinnen und Weltretterinnen? Frauen könnten auch selbst vermehrt Scripts mit ihren Wunschrollen schreiben und Produktionsfirmen gründen, wie es Reese Witherspoon tat, nachdem sie sich in den Angeboten nicht mehr repräsentiert fand.

Vielleicht hat die Bond-Reihe ihren Zenit erreicht. Obwohl ich finde nicht, und würde gerne den schönen und sexy Briten Idris Elba als nächsten Agenten nach Daniel Craig sehen, er soll ja auch noch im Gespräch sein. Mit dem uncharismatischen Craig bin ich nie warm geworden. Falls aber dereinst kein grosses Publikum mehr bei 007 andockt, sollte man ihn besser in Würde sterben lassen, statt ihn diversitätsgerecht anzupassen.

Der Beitrag erschien zuerst in der Weltwoche.

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