Tichys Einblick
TE-Interview mit Klaus Hekking

Volksbegehren gegen Gendern: Initiative in Baden-Württemberg nimmt zügig erste Hürde

Das von Klaus Hekking initiierte Volksbegehren „Stoppt Gendern in Baden-Württemberg“ bekommt große Unterstützung – nicht nur in Städten, sondern auch in ländlichen Gebieten. Ein Gespräch mit dem Heidelberger Rechtsanwalt und CDU-Mitglied über die Ziele und den Fortgang der Initiative.

Klaus Hekking, CDU-Mitglied und Initiator des Volksbegehrens

Im Februar wurde ein von der FDP in den baden-württembergischen Landtag eingebrachter Antrag, die Verwendung der Gendersprache in Behörden und öffentlichen Einrichtungen zu untersagen, nicht nur mit den Stimmen der Grünen und der SPD, sondern auch der CDU abgelehnt. Diese hatte sich zuvor auf einer Klausurtagung ihrer Fraktion noch selbst für ein solches Vorgehen ausgesprochen. Begründung des Fraktionsvorsitzenden Manuel Hagel für die Ablehnung: „Kein Binnen-I dieser Welt und kein Genderstern dieser Welt ist es wert, dass die AfD im Landtag von Baden-Württemberg Mehrheitsbeschaffer wird.“

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Nicht alle Mitglieder der CDU sind mit dieser Beerdigung 1. Klasse des Verbots von Genderzwang zufrieden. Das zeigt jedenfalls die Initiative des Heidelberger Rechtsanwalts und CDU-Mitglieds Klaus Hekking für ein Volksbegehren mit dem Titel „Stoppt Gendern in Baden-Württemberg“. Nachdem der Antrag der FDP im Landtag gescheitert ist, will er nun, unterstützt von einigen Mitstreitern, mit Hilfe eines Volksbegehrens dafür Sorge tragen, „dass die Landesregierung und alle Behörden und Einrichtungen des Landes intern und extern nach dem amtlichen Regelwerk der deutschen Rechtschreibung (einsehbar unter www.rechtschreibrat.com) kommunizieren und auf die Verwendung der Gendersprache verzichten, wie dies in einigen Bundesländern bereits beschlossen ist.“ Der dafür vorgeschriebene Gesetzentwurf wurde von seiner Initiative vorgelegt.

Bevor ein Zulassungsantrag für das Gesetz beim Innenministerium eingereicht werden kann, muss in einem ersten Schritt ein solches Volksbegehren von mindestens 10.000 wahlberechtigten Bürgern und Bürgerinnen unterstützt werden. Dieses Quorum hat die Initiative innerhalb von nur zehn Tagen inzwischen erreicht. Besonders bemerkenswert ist dabei, dass Bürgerinnen und Bürger aus insgesamt 960 von 1101 Kommunen des Landes zugestimmt haben. Die Unterstützung für das Volksbegehren kommt somit nicht nur aus den Städten, sondern auch aus den ländlichen Gemeinden in ganz Baden-Württemberg. Wir haben mit Klaus Hekking angesichts dieses Erfolgs darüber gesprochen, welche Ziele er mit seiner Initiative verfolgt und wie es mit dem Volksbegehren nun weitergehen wird.

Tichys Einblick: Was bezwecken Sie mit Ihrem Volksbegehren und warum beschränkt sich Ihr Gesetzentwurf auf Behörden und öffentliche Einrichtungen?

Klaus Hekking: Über die Verwendung der Gendersprache sollten die Bürger selbst frei entscheiden können. Der Staat sollte keinen Sprachkanon vorgeben. Wir wollen verhindern, dass Behörden und öffentliche Einrichtungen ihre Mitarbeiter dazu anhalten, die Gendersprache zu verwenden, sei es auch nur durch Hinweise und Merkblätter, wie sie in immer mehr Behörden und Einrichtungen zur Anwendung kommen. Ich empfinde es als beglückend, wie in unserer Initiative sichtbar geworden ist, dass die Menschen im Land ihre Sprache als einen wichtigen Schatz verstehen, den sie gegen staatliche Regulierung verteidigen wollen. Übrigens nicht nur in Baden-Württemberg, sondern auch im übrigen deutschen Sprachraum, wie Registrierungen von Menschen aus Österreich, der Schweiz, dem Elsass und Ostbelgien auf unserer Website zeigen, die wir leider nicht zählen dürfen.

In der Politik wird häufig gesagt, man wolle die Verwendung der Gendersprache nicht vorschreiben oder gar verordnen, sondern den Mitarbeitern nur die Möglichkeit geben, gendersensibel zu sprechen und zu schreiben, wenn dies von einzelnen Bürgern oder Bürgergruppen erwartet werde. Die Verwendung der Sprache solle flexibler und vielfältiger werden, je nachdem, mit wem es die Bediensteten zu tun haben.

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Unabhängig von formalen Regelungen wird damit ein Konformitätsdruck zu Verwendung der Gendersprache erzeugt, dem sich viele im vorauseilenden Gehorsam unterwerfen. Darüber hinaus soll damit das öffentliche Sprechen und Schreiben einer bestimmten politischen Agenda angepasst werden, die von der großen Mehrheit der Bürger abgelehnt wird, wie Umfragen immer wieder belegen. Mit einer offenen oder auch nur subtilen politischen Steuerung von Sprache von Amts wegen droht daher auch eine Einschränkung des Grundrechts auf Meinungs- und Redefreiheit. Beides, die amtliche Regulierung der Sprache wie die Einschränkung der Meinungsfreiheit, wollen wir mit unserem Volksbegehren verhindern.

Behörden und öffentliche Einrichtungen umfassen trotz der von Ihnen gewollten Einschränkung des Geltungsbereichs Ihres Gesetzes ein weites Feld. Es betrifft sowohl die Ministerien auf Landesebene wie die Behörden der Landkreise und die Ämter der Kommunen. Hinzukommen, wie Sie in Ihrem Gesetzentwurf ausdrücklich schreiben, die Schulen und Hochschulen. Wie sieht es mit den Einrichtungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aus, wo das Gendern in den letzten Jahren besonders propagiert und auch praktiziert worden ist. Soll es den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen zum Beispiel des SWR zukünftig untersagt werden?

Die Pressefreiheit ist ein hohes Gut in einer Demokratie. Gerade deshalb ist es wichtig, dass Journalisten keine Sprachvorgaben gemacht werden. Da das Land in den Gremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks prominent vertreten ist und partiell die Rechtsaufsicht führt, würde unser Gesetz auch dort wirken.

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Ich habe allerdings aufgrund von Äußerungen des Intendanten den Eindruck, dass man auch dort begonnen hat, über Sinn oder Unsinn des Genderns nachzudenken, nachdem man immer mehr Gegenwind aus der Bevölkerung aber auch von den Linguisten gegen diesen Sprachkanon spürt. Mein persönlicher Eindruck ist, dass sich das Gendern mittlerweile schon wieder auf dem Rückzug befindet, weil sich im praktischen Alltag kaum jemand in dieser umständlichen Form äußern will. Ich denke, dass unsere Initiative diese Entwicklung weiter verstärken wird, da sie konkret den politischen Willen vieler Bürger sichtbar macht, nicht von Amts wegen verpflichtet zu werden, eine Sprache zu verwenden, die sie weder sprechen noch schreiben wollen.

Mit Ihrem Gesetzentwurf wollen Sie es den Schulen und Hochschulen im Land untersagen, Prüfungsleistungen schlechter zu beurteilen und zu bewerten, wenn die Schüler und Studenten nicht gendern. Wie soll verfahren werden, wenn dies dennoch geschieht? Gerade an den Schulen und Hochschulen befinden sich besonders entschiedene Verfechter der Gendersprache nicht nur unter den Studenten, sondern auch unter den Lehrkräften.

Ich denke, dass ein gesetzliches Verbot, Prüfungsleistungen an Schulen und Hochschulen nur deshalb schlechter zu bewerten, weil sie nicht in Gendersprache verfasst wurden, wie wir es vorschlagen, eine klare Vorgabe ist. Nicht nur die Schul- und Hochschulleitungen, sondern auch die Lehrkräfte haben sich daran zu halten, und ich habe nach den Rückmeldungen von Professoren und Lehrern auf unsere Initiative den Eindruck, dass viele von ihnen das durchaus unterstützen, weil sie sich durch Gendervorgaben in ihrer akademischen oder pädagogischen Freiheit beeinträchtigt sehen.

Wie soll umgekehrt vorgegangen werden, wenn Schüler und Studenten trotz Ihres Gesetzes weiter gendern? Sollen sie deswegen schlechter beurteilt und benotet werden?

Nochmals: Die Rede- und Meinungsfreiheit ist ein hoher Wert in einer Demokratie. Sie schützt diejenigen, die gendern, genauso wie diejenigen, die das nicht tun. Der Goldstandard ist allerdings das amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung. Es muss klar sein, dass ein Student, der in einer Klausur von „Forschern“ spricht, nicht schlechter bewertet werden darf als eine Studentin, die von „Forschenden“ redet.

Inzwischen ist das erforderliche Quorum für den Antrag auf Zulassung eines Volksbegehrens über Ihren Gesetzentwurf in Baden-Württemberg erreicht. Wie soll es nun weitergehen?

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Wir haben für unsere Initiative ein zweistufiges Verfahren gewählt: In der 1. Stufe ging es darum, möglichst viele Bürger in allen Teilen des Landes zu erreichen. Wir haben deshalb die Möglichkeit zur elektronischen Registrierung auf unserer Website geschaffen. Nachdem wir nun wissen, dass wir mehr als die notwendigen 10.000 Unterstützer für unseren Antrag gewonnen haben, müssen wir nun in der 2. Stufe sicherstellen, dass alle Bürger und Bürgerinnen, die unserem Volksbegehren bislang online zugestimmt haben, dies nun auch mittels eines persönlich unterschriebenen Stimmzettels tun. Soweit dies bislang noch nicht geschehen ist, werden wir bei den betreffenden Unterstützern, die sich auf unserer Website registriert haben, noch einmal nachhaken. Liegen die notwendigen 10.000 Stimmzettel vor, müssen wir bei den Wohnsitzgemeinden für alle Unterstützer die Bestätigung dafür einholen, dass sie wahlberechtigt für den Landtag von Baden-Württemberg sind. Danach werden wir einige Meter Aktenordner an die Landesregierung übergeben.

Mit welchem Zeitrahmen rechnen Sie bis dahin?

Ich denke, das wird uns gut noch drei bis vier Monate beschäftigen, in denen auch noch weitere Stimmen abgegeben werden können. Bei dem Quorum handelt es sich ja um eine Unter- und nicht um eine Obergrenze. Da wir im nächsten Schritt Kontakt mit rund 1000 Kommunen aufnehmen müssen, beginnt nun die eigentliche Arbeit, für die wir uns ausreichend Zeit nehmen, um ein solides und ordnungsgemäßes Verfahren zu gewährleisten. Spätestens im Sommer können dann die nächsten Schritte angegangen werden.

Welche sind dies?

Wir wollen dann mit den Landespolitikern über unseren Gesetzentwurf sprechen und dabei ausloten, wie sie dazu stehen. Vielleicht findet sich eine oder auch mehrere Parteien dazu bereit, unseren Entwurf aufzugreifen und in den Landtag einzubringen. Unsere Initiative ist nicht konfrontativ, sondern baut auf Kooperation. Es wäre schön, wenn sich dafür doch eine Mehrheit im Landtag finden ließe.

Eine solche Mehrheit hätte es womöglich auch schon bei dem Anfang des Jahres eingebrachten Antrag der FDP gegeben, hätte sich die CDU-Fraktion nicht geweigert, zusammen mit der AfD zu stimmen, obwohl sie mit dem vorgelegten Antrag inhaltlich übereinstimmte. Warum soll sie sich nun aufgrund Ihres Gesetzentwurfs anders verhalten, wenn die AfD ihnen erklärt, ihm zustimmen zu wollen.

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Als der Beschluss im Landtag gefasst wurde, waren die Abgeordneten noch nicht in Kenntnis der konkreten Haltung vieler Bürger in Baden-Württemberg zum Gendern. Ich denke, dass unser Antrag für ein Volksbegehren, der in so kurzer Zeit so viele Unterstützer im ganzen Land, vom Bodensee bis zum Odenwald, vom Schwarzwald bis auf die Ostalb mobilisiert hat, von der Landespolitik nicht einfach ignoriert und beiseitegeschoben werden kann. Das würden die vielen Menschen, die engagiert für ihre Sprache kämpfen, kaum verstehen. Wir würden uns jedenfalls freuen, wenn unsere Initiative auf eine positive Resonanz aller Parteien im Landtag stoßen würde, denn ein gutes Deutsch ist keine Frage von „links“ oder „rechts“, sondern ein Anliegen aller Menschen. Gleichwohl bereiten wir uns auch darauf vor, dass die Initiative abgelehnt werden kann.

Was heißt das?

Dann würde das eigentliche Volksbegehren beginnen mit dem Ziel der Herbeiführung eines Volksentscheids. Dafür benötigen wir die Zustimmung von einem Zehntel der wahlberechtigten Baden-Württemberger. Das entspricht etwa 770.000 Stimmen, die innerhalb eines halben Jahres zugunsten unseres Antrags abgegeben werden müssen. Eine Vorgabe, die zeigt, wie hoch die Hürden für die direkte Demokratie in Deutschland liegen, mit der das Volk unmittelbar in das politische Geschehen eingreifen kann. Angesichts des enormen Zuspruchs und der Unterstützung, die wir mit unserer Initiative im ganzen Land bislang erfahren durften, sind wir aber zuversichtlich, auch diese Hürde überwinden zu können. Nach den bisherigen Reaktionen der Menschen in Baden-Württemberg denken wir, dass beim Thema Gendern schon bald aus einem Schneeball die Lawine wird, die man für einen Volksentscheid benötigt.

Vielen Dank für das Gespräch.


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