Tichys Einblick
Nach Diffamierung durch Reschkefernsehen:

Fritz Vahrenholt: „Es gehört heute zur woken Position, die Industrieländer schuldig zu sprechen”

Nachdem das Reschkefernsehen (ARD) Fritz Vahrenholt in Bausch und Bogen diffamierte, antwortet dieser nun bei TE: Nicht er leugne den Bericht des Klimarats, sondern Politik und Presse wählen aus dem Bericht selektiv jene Elemente aus, die Angst schüren und ihre Politik rechtfertigen sollen.

IMAGO / argum

Nach der neuesten Diffamierungskampagne des Reschkefernsehens (TE berichtete), meldet sich nun Professor Fritz Vahrenholt, der von Anja Reschke der Klimaleugnung bezichtigt und dessen Buch „Die kalte Sonne” als Schundliteratur bezeichnet wurde, in einem Gespräch mit Tichys Einblick exklusiv zu Wort.

Der ehemalige Hamburger Umweltsenator gilt als einer der Pioniere auf dem Feld der erneuerbaren Energien in Deutschland. Darüber hinaus ist er Buchautor und Honorarprofessor im Fachbereich Chemie der Universität Hamburg. Im Zuge seiner kritischen Untersuchungen hinsichtlich der Ursachen des Klimawandels, wurde er wiederholt Opfer medialer Diffamierungskampagnen. Sein neuestes Buch, “Die große Energiekrise:…und wie wir sie bewältigen können” erschien im Februar 2023 beim Langen Müller Verlag, München. Sie können es hier bestellen.

Tichys Einblick: Sehr geehrter Herr Vahrenholt, die Journalistin Anja Reschke unterstellte Ihnen unlängst in ihrer Sendung Reschkefernsehen, Sie wären aufgrund Ihrer Verbundenheit mit dem Wirtschaftsrat der CDU, den sie im Dienste der fossilen Lobby verortete, ein „Klimaleugner“ und Sie würden „die Kompetenz des Weltklimarats ohne Belege infrage stellen.“ Was haben Sie diesen Unterstellungen entgegenzusetzen?

Fritz Vahrenholt: Erstens, ich stelle nicht in Frage, dass es wärmer geworden ist. Ich stelle auch nicht in Frage, dass CO2 ein Klimagas ist und Wärmestrahlung aufnehmen und auch wieder abgeben kann. Damit leistet es einen Beitrag zur Erwärmung. Doch darüber, wie hoch dieser Beitrag ist, streiten sich die Geister. Der Weltklimarat behauptet, dass die gesamte Erwärmung seit 1860 menschengemacht ist. Diese 100 % These stellen jedoch einige Wissenschaftler in Frage, zumal es eben in der Vergangenheit auch natürliche Klimaschwankungen gegeben hat. Denn 1860 ist als Ausgangspunkt für diese Temperaturentwicklung sehr fragwürdig. Es war eine der kältesten Zeiten, denn es war das Ende der kleinen Eiszeit, die Mitte des 19. Jahrhunderts zu Ende ging. Nimmt man die Durchschnittstemperatur der letzten 2000 Jahre, dann ist diese 0,5 Grad höher als 1860 und entspricht ungefähr dem Jahr 1950. Meine Position ist also, dass ein Teil der Erwärmung, die wir gesehen haben, auch natürlichen Ursprungs sein kann. Es gibt natürliche Zyklen im Klima und ich habe in mehreren wissenschaftlichen Veröffentlichungen darauf hingewiesen, dass gerade in den letzten 20 Jahren ein großer Teil der Erwärmung auch auf den Rückgang der Wolken zurückzuführen ist, das heißt durch die Interaktion von Sonne, Wolke und Erde. Das ist auch unbestritten, wird aber, jedenfalls nicht von Frau Reschke, nicht zur Kenntnis genommen.

Enthüllungsjournalismus oder was der NDR darunter versteht: Anja Reschke enttarnt die fossile Lobby
In der Wissenschaft aber ist die Diskussion entbrannt, wie groß denn der Anteil der Natur an der Erwärmung ist. Sind es Null %, oder 50 %? Es gibt starke Hinweise darauf, dass die Ozeane wie der Atlantik in 60 Jahreszyklen erwärmen und wieder abkühlen. Es ist daher sehr wahrscheinlich, dass die durch CO2 bedingte Erwärmung der letzten 30 Jahre durch die Warmphase der atlantischen Oszillation verstärkt wurde. Und wenn das der Fall ist, dann werden wir auch in den nächsten 30 Jahren nicht einfach eine weitere Fortschreibung der Erwärmung bekommen, sondern sie wird durch den sich abkühlenden natürlichen atlantischen Zyklus abgebremst. Damit stehe ich übrigens nicht alleine da, es gibt eine ganze Reihe von Publikationen, die zeigen, dass wir in den nächsten 20-30 Jahren wohl mit einer geringeren Erwärmung des Atlantiks rechnen müssen. Das heißt wiederum, dass wir alles andere als in eine Klimakatastrophe rennen. An diesem Punkt betone ich, dass wir genügend Zeit haben, um die Dinge zu ordnen, um eine Energieversorgung aufzubauen. Wir müssen nicht in Panik und Angst Fehler machen. Aber das tun wir, indem wir glauben, wir müssten alleine bis 2030 oder 2045 den CO2-Ausstoß in Deutschland auf null bringen.

Dann gibt es eine 2. Diskussionsebene, die ich auch in meinem letzten Buch „Die große Energiekrise” beschreibe. Was bei allen Diskussionen und auch beim Bundesverfassungsgericht vergessen wurde, ist, dass die Natur einen großen Teil des CO2 wieder aufnehmen kann. Das wird vom Verfassungsgericht ja total verneint und im Gegenteil behauptet, das CO2 bleibe ewig in der Atmosphäre. Das ist wissenschaftlich falsch und das bestätigt auch der Weltklimarat. Der Weltklimarat hat selbst in der Langfassung des IPCC dargelegt, dass wenn sich die Dinge nicht ändern, es reichen würde, wenn man die CO2 Emissionen nur halbiert, da nämlich die Hälfte der Emissionen im Augenblick von den Ozeanen und Pflanzen aufgenommen würden. Und das ist natürlich von ganz entscheidender Bedeutung. Ist null CO2 wirklich „null“, oder sprechen wir von „Netto Null“? Netto Null sind 45 %, denn 55% des CO2 werden von Ozeanen und Pflanzen aufgenommen. Wenn man den CO2 Gehalt in der Luft nicht weiter ansteigen lassen will, dann bräuchte es tatsächlich auch in Deutschland nur eine Halbierung und alles wäre in Ordnung. Das aber ist von entscheidender Bedeutung für die Energiestrategie. Muss ich wirklich bis 2045 auf null kommen, oder habe ich dafür auch Zeit bis 2060 oder 2070, so wie die Chinesen und Inder das machen? Entscheidend ist aber, wie sie es machen. Und ich bin ziemlich sicher, dass sie ihre fossilen Vorräte nutzen werden und das CO2 aus den Verbrennungsprozessen entfernen werden – Stichwort CCS. Daran knüpft jetzt sozusagen die neueste Debatte, die ich angestoßen habe, denn wir haben immer noch 50 Gigawatt Braunkohlekraftwerke und wenn wir wirklich was tun wollen, dann müssen wir das CO2 aus den Braunkohlekraftwerken rausholen. Das könnten wir auch wirklich sehr schnell hinbekommen, aber das macht niemand, obwohl es technisch machbar ist und sich wahrscheinlich auch wirtschaftlich rechnet. Darum stellt sich die Frage, die ich abgeleitet habe: Wie schnell und wie klug kann und muss man handeln? Man kann natürlich auch den Weg von Frau Reschke gehen, indem man sich mit der Sache gar nicht auseinandersetzen muss, weil man mich in eine Schublade „Klimaleugner“ gesteckt hat. Das wird aber nicht mehr so einfach funktionieren, da die Leute gemerkt haben, dass sie hinters Licht geführt werden.

Hierzu ein kleiner Auszug aus „Die große Energiekrise”:

Was auf jeden Fall in allen Klimapolitiken der EU, der USA oder Deutschlands bei der Formulierung eines Netto-Null-CO2- Ziels zu kurz kommt, ist die Berücksichtigung der natürlichen CO2-Senken unseres Planeten. Unsere Erde verzeiht uns nämlich so manche Überbeanspruchung durch CO2, indem sie es für uns wegpuffert. Wie das international anerkannte Global Carbon Project ermittelte, wurden 2019 31% des emittierten CO2 durch vornehmlich Pflanzen aufgenommen und 24% durch die Ozeane, zusammen also 55%.Im Pariser Klimaschutzabkommen wird im Artikel 4 als Ziel des Abkommens die Verringerung der Emissionen definiert, »um in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts ein Gleichgewicht zwischen den anthropogenen Emissionen von Treibhausgasen aus Quellen und dem Abbau solcher Gase durch Senken[…] herzustellen.

Die zusätzliche Aufnahme des CO2 durch Ozeane und Pflanzen verläuft proportional zur Konzentrationszunahme des CO2 in der Atmosphäre gegenüber dem Gleichgewichtszustand von 1860 (417ppm–280ppm=137ppm) und nicht proportional zur jährlichen Emission. Die Aufnahme steigt seit einigen Jahrzehnten stärker als die Emissionen, sodass heute schon 55% der jährlichen Emissionen von Ozeanen und Pflanzen aufgenommen werden.

Der IPCC stellt in seinem letzten Bericht in den häufig gestellten Fragen auf Seite 120 fest: »Falls die Emission und die Aufnahme von CO2 gleich sind, stabilisiert sich die CO2-Konzentration. Falls die CO2-Entfernung größer ist als die Emission, würde die Konzentration sinken.« Träfen diese Aussagen zu, würde die Halbierung der Emissionen ausreichen, um die Konzentration zu senken, denn die Aufnahme von Ozeanen und Pflanzen beträgt heute 2,7ppm, die Emission beträgt bei Halbierung 2,5ppm. Um diese so wichtige Erkenntnis nicht in der„Summary for Policy Makers“ aufnehmen zu müssen, verweist der IPCC auf Modellrechnungen, wonach bei weiterer Erwärmung die Aufnahmefähigkeit von Ozeanen und Pflanzen zurückgehen solle. Seit Jahrzehnten ist aber trotz Erwärmung das Gegenteil der Fall : Ozeane und Pflanzen nehmen immer mehr der gestiegenen CO2 Emissionen auf. Null wäre also nicht erforderlich, Netto Null ist etwas mehr als die Hälfte der Emission: das anzustreben reicht, um ein neues, stabiles, nachhaltiges Gleichgewicht zu erreichen.

Während einerseits der Widerstand gegen die Heizungspolitik der Ampel wächst und Skandale rund um Graichen und die Agora die Nation bewegen, entschloss man sich beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen stattdessen über Sie und ihre angebliche Verbindung zur fossilen Lobby zu berichten.

Ich finde es eine Unverschämtheit, mich überhaupt mit Fossilen in Verbindung zu bringen. Ich habe Zeit meines Lebens in der Industrie mit erneuerbaren Energien zu tun gehabt. Ich habe bei der Shell Erneuerbare gemacht. Natürlich ist Shell ein Ölkonzern, hatte damals aber eine Solarsparte errichtet, die ich in Deutschland angeführt habe. Außerdem habe ich ein eigenes und sehr erfolgreiches Windkraft-Unternehmen gegründet. Die erste Windkraftanlage trägt sogar meinen Namen, da steht Fritz dran und die steht heute noch in der Nordsee, das war damals sozusagen als Hommage meiner Mitarbeiter gemeint. Und dann war ich noch bei RWE und habe dort die Wind-, Wasser- und Biomassesparte geleitet. Es ist also eine Unverschämtheit mich als fossile Lobby zu diffamieren, weil ich natürlich auch gleichzeitig sage: Bevor ihr den Leuten in den Heizungskeller steigt und Gaskraftwerke baut, wäre es doch viel einfacher und vernünftiger, ihr würdet bei Braunkohlekraftwerken die CO2 Abscheidung einführen. Dann hätte man sofort eine Reduktion erreicht und es wäre mit Sicherheit preiswerter. Aber jeder, der sich für einen vernünftigen Weg ausspricht, ist natürlich fossile Lobby.

An anderer Stelle wird behauptet, Sie würden die Kompetenz des Weltklimarates ohne Belege infrage stellen. Tun Sie das?

Der Weltklimarat zitiert mich ja immerhin an 3 Stellen. Dazu muss man auch sagen, dass man der Langfassung der Darstellung des Weltklimarates IPCC, einer Publikation von 3000 Seiten, gar nicht widersprechen kann, weil es sich dabei nur um eine Zusammenfassung von wissenschaftlichen Publikationen handelt. Zitiert wird allerdings dann – und das ist das Entscheidende – nicht aus der Langfassung, sondern aus der daraus abgeleiteten „Summary for Policy Makers“ (Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger) von etwa 30 Seiten. Das ist Eklektik, denn da erfolgt eine Auswahl von Literaturstellen, die einem politisch in den Kram passen und stellt sie ins Rampenlicht. So erscheint dann auf einmal in der Zusammenfassung die Behauptung, es habe nie eine kleine Eiszeit gegeben. Dazu gibt es zwar eine Publikation, diese ist aber umstritten, kommt aber dennoch in die Kurzfassung. Meine Publikation, die zeigt, dass es eine kleine Eiszeit und eine mittelalterliche Warmzeit gegeben hat, kommt aber nicht rein. Die wird dann in der Langfassung zitiert und man hat seine Pflicht getan. Diese Zusammenfassung der Summary for Policy Makers machen allerdings nicht Wissenschaftler, sondern politische Delegierte, Abgesandte der beteiligten Staaten. Das ist eine Vollversammlung von 180 Delegierten, für Deutschland ist ein Vertreter des Bundesumweltministeriums dabei, der genau das macht, was Frau Lemke für richtig hält. So passiert das in vielen anderen Staaten auch. Dass Entwicklungsländer auch gerne lieber etwas Dramatik in die Zusammenfassung einbringen, die dann am Ende zu Panik und zu Angst führen kann, hat auch ökonomische Beweggründe. Denn die Entwicklungsländer kämpfen immer noch für einen 100 Milliarden Fonds.

So ist auch das Pariser Abkommen gestrickt, das klar unterscheidet, dass allein die Industrieländer die CO2 Emissionen senken müssen, während die Entwicklungsländer zusätzliches CO2 emittieren dürfen. Und das größte Entwicklungsland ist nach UNO Nomenklatur noch immer China und muss deswegen auch gar nichts tun. Das hat China auch frech ausgenutzt und nach Paris gemeldet, dass sich die chinesischen Emissionen bis 2030 noch mal um 50 % erhöhen werden. China ist die größte Exportnation der Erde und es muss legitim sein daran zu erinnern, dass wenn wir schon CO2 senken wollen, wir auch diejenigen nicht auslassen sollen, die im Augenblick mit 30% dabei sind und nachweislich kein Entwicklungsland mehr sind. Wir reden hier jetzt nicht von Lesotho, denn ich kann verstehen, dass Lesotho als rückständiges Land erst mal die Industrialisierungsphase erreichen muss und dafür mehr CO2 ausstoßen darf. Aber China so auszulassen ist sträflich.

Es bleibt letztendlich also ein Politikum, denn man trägt hier wissenschaftliche Daten zusammen, um im Endeffekt selektiv zu interpretieren und eine genehme Handlungsweise abzuleiten. Die Abhängigkeit der Entwicklungsländer vom Geld der Industrieländer erkannte man letztes Jahr auch sehr deutlich an den Aufständen in Sri Lanka, die dadurch verursacht waren, dass eben solche „Policy Makers“ dem Land Förderung versprochen hatten, wenn sie sich an bestimmte ökologische Vorgaben hielten. Man verzichtete zugunsten eines der weltweit höchsten ESG-Scores (ein internationaler Vergleichswert für Umwelt, Soziales und Governance) auf Düngemittel. Die Landwirtschaft brach ein, es brach eine Hungersnot aus und das Land stand innerhalb weniger Monate am Rand des gesellschaftlichen Kollaps.

Ich will Ihnen ein anderes Beispiel geben. In der Summary for Policy Makers ist eine Grafik enthalten, die die Temperaturentwicklung für unterschiedliche zukünftige CO2 Ausstöße skizziert. Sehr viel, weniger viel, gleich viel, oder deutlich weniger in den nächsten 50 Jahren. Das sind unterschiedliche Szenarien. Und das oberste Szenario? Das geht von einer Verdreifachung der CO2 Emissionen in der nächsten 50 Jahren aus und wird in der Wissenschaft als völlig absurd angesehen. Ich habe das genau nachgerechnet, da würde uns sogar die Kohle ausgehen, doch genau das Szenario wird uns immer wieder von Journalisten und Politikern in Deutschland um die Ohren gehauen. Dieses völlig irreale Szenario, dass die CO2 Emissionen und damit auch die CO2 Konzentration sich verdreifachen, würde natürlich auch zu mehr Erwärmung führen. Dann entstehen diese häufig zitierten Szenarien von 3 bis 5 Grad, mit denen man dann natürlich Panik generieren kann. Genauso aber läuft das Spiel. Der IPCC beruft sich darauf, ja nur 5 verschiedene Varianten hier zur Diskussion gestellt zu haben. Zwar kann theoretisch natürlich eine Verdreifachung passieren, doch angesichts der Entwicklungen ist dies völlig unwahrscheinlich. Dann aber passiert folgendes. Die FAZ titelt dann „Weltklimarat: Es kann bis zu 5 Grad wärmer werden.“ Die Tagesschau titelt „Es kann bis zu 5 Grad wärmer werden“. Das gleiche in der Süddeutschen, das gleiche im Spiegel. Die nehmen sich dann die Schlimmste der Varianten heraus und erwecken den Eindruck, dass dies die zentrale Aussage des Weltklimarats wäre. Sieht man sich aber die wahrscheinlichste Variante des Weltklimarats an, dann ist das weniger erschreckend. Dann kommt man auf 2,5 Grad. Das wäre der Fall, wenn wir auf dem jetzigen Niveau bleiben, oder sogar noch bis 2040 leicht ansteigen und dann mit der CO2 Emission auf die Hälfte zurückgehen.

Sie haben bereits zuvor die kleine Eiszeit und die mittelalterliche Wärmeperiode erwähnt. Erst kürzlich las ich dazu bei Recherchen, dass „Faktenchecker“ das nun so erklären, dass die mittelalterliche Wärmeperiode in Europa zwar zu Wachstum geführt hätte, es sich aber nur um eine lokale Erscheinung gehandelt habe.

Das ist der übliche Trick. Genau deswegen haben Lüning und ich fünf Publikationen – und zwar in sehr hochrangigen und anerkannten wissenschaftlichen Zeitschriften – veröffentlicht, die nachweisen, dass diese mittelalterliche Warmzeit auch in Afrika, in Südamerika, in Australien, in der Antarktis und natürlich auch in Europa stattgefunden hat. Dabei handelt es sich um Publikationen, ich zitiere sie auch in meinem Lebenslauf, die peer reviewed sind. Wir haben das mittels sogenannter Proxies wirklich sehr akribisch nachgewiesen. Damals gab es natürlich keine Temperaturmessungen, vor allem nicht in entlegenen Weltgegenden wie der Antarktis. In Deutschland und Europa gab es zumindest Berichte über Weinbau in England, woraus man schon erkennen kann, dass es wärmer gewesen sein muss.

Aber die entscheidenden Informationen haben wir aus Proxies. Das sind Sedimente, Baumringe etwa, die durch ihre Dicke Hinweise über Temperatur und Wetterverhältnisse Auskunft geben, einfach gesagt: der Baum wuchs besser und schneller, wenn es warm und feucht war. Dazu gibt es wissenschaftliche Untersuchungen an abgestorbenen Bäumen, alten Sedimenten, Tropfsteinhöhlen, die wir gesammelt haben. Wir stellten fest, dass es diese mittelalterliche Warmzeit überall gab und es sind diese Publikationen, die auch in der Langfassung des Berichts des Weltklimarats zitiert worden sind. Da wird zwar gesagt, Lüning und Vahrenholt kommen zu folgendem Ergebnis, aber es wird nicht weiter vertieft, sondern lediglich zitiert. Damit haben sie das Thema abgearbeitet und in der Kurzfassung kommt es nicht mehr vor. In meinem neuesten Buch gehe ich auf diese Dinge ein. Keiner der Kritiker hat mir an dieser Stelle bis heute einen Fehler nachweisen können, sonst hätte man das schon längst gemacht und mir um die Ohren gehauen. Das ist nicht passiert, es ist unwidersprochen und sauber belegt.

Meine Position zum anthropogenen Klimawandel ist dazu eindeutig. Ich gehe nach wie vor davon aus, dass CO2 ein schwaches Klimagas ist und auch zur Erwärmung beiträgt. Aber wir wissen nicht wirklich in welchem Ausmaß. Das einzige, was man mir vorwerfen könnte, ist, dass der Weltklimarat sagt, der Beitrag wäre 100 %, aber diese Diskussion halte ich aus. Ich finde es schon sehr gewagt, mir zu sagen, dass die Natur seit 200 Jahren ihre Schwankungen eingestellt hat und aufgehört hat, wärmer und kälter zu werden. Das halte ich für sehr, sehr gewagt. Und ich halte es nach wie vor für falsch, dass ein Teil des CO2 sich tausende von Jahren in der Luft aufhalten soll und nicht in relativ überschaubarer Zeit von etwa 50 Jahren abbaut. Natürlich muss ich auch damit leben, dass es Wissenschaftler gibt, die sagen, dass bei weiterer Erwärmung die Aufnahmekapazität der Ozeane und der Pflanzen zurückgeht. Bis jetzt ist das aber nicht so, im Gegenteil, die Pflanzen und die Ozeane nehmen immer mehr CO2 auf. Die Erde wird grüner.

Das Waldsterben ist ja auch ein populäres Thema, das auch die Letzte Generation zuletzt in der Hamburger Kunsthalle aufgriff, als sie behauptete, die schönen Wälder Caspar David Friedrichs drohten zu verschwinden. Ironischerweise haben wir aber heutzutage wohl deutlich mehr Wald als Caspar David Friedrich im frühen 19. Jahrhundert.

Habeck hat das auch noch nicht begriffen, als er in Brasilien erzählte, in Deutschland gäbe es ja keinen Wald mehr. Stattdessen ist 32 % der Fläche in Deutschland bewaldet, Tendenz steigend.

Herr Professor Vahrenholt, vielen Dank für das Gespräch!


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