Tichys Einblick
Der Investigativjournalist im TE-Gespräch

Seymour Hersh: „Seit meiner ersten Nord-Stream-Story wurde Scholz zum Kollaborateur“

Unerbittlich geht Hersh mit den Regierenden ins Gericht. Wenn er den Irak-Krieg von George W. Bush schon äußerst unklug fand, dann könnte Bidens Nord-Stream-Anschlag noch eine Stufe höher stehen. Nach Hersh war es Bidens verzweifelter Versuch, die westeuropäischen Verbündeten bei der Stange zu halten – und sie in einen langen Krieg zu zwingen.

IMAGO / CTK Photo

Seymour Hersh, geboren am 8. April 1937 in Chicago als Kind jüdischer Einwanderer aus Polen und Litauen, ist seit mehr als 50 Jahren Reporter und investigativer Journalist, schrieb unter anderem für die New York Times, den New Yorker und die London Review of Books. Er steht mit ziemlich sicheren Beinen in der Tradition des Muckraker- oder Nestbeschmutzer-Journalismus, der Korruption, Filz und schmutzige Geschäfte durch investigative, Enthüllungs- und Sensationsberichte aufklären will. Und im Gespräch mit ihm wirkt es tatsächlich so, dass er dabei das Handeln von Regierungen gleichsam mit Röntgenstrahlen durchleuchtet.

Hersh schrieb über das My-Lai-Massaker in Vietnam (wofür er 1970 den Pulitzer-Preis bekam) und trug später zu den Enthüllungen rund um Watergate oder den Folterskandal von Abu Ghraib bei. Andere Stories – wie die über einen False-flag-Giftgasanschlag der Türkei mit der al-Nusra-Front in Syrien – waren zwar umstritten, konnten aber auch nicht widerlegt werden. 2015 gab er Einsichten in die Tötung Osama bin Ladens, wobei er den „unterwürfigen“ Medien vorwarf, auch die leiseste Kritik an Barack Obama zu scheuen. An der offiziellen Version der Geheimoperation war laut Hersh kein Wort wahr.

In diesem Februar veröffentlichte Hersh nun nach langer Recherche einen investigativen Bericht über die Sprengung der Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee vor Bornholm, der verglichen mit älteren Stories dieses Gewichts kaum Wellen schlug, zumindest nicht in der servilen US-Presse. Die deutsche Presse war etwas neugieriger. Dafür hat es die hohe Politik – zumindest soweit Ampel und Union damit gemeint sind – vermieden, zu sehr auf den Bericht zu reagieren. Als die AfD-Fraktion die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses forderte, bestritt der Unions-Abgeordnete Patrick Schnieder gar, dass die Aufklärung des Geschehens im „öffentlichen Interesse“ liegt.

Hersh legt Wert darauf, dass sich seine Standards nicht verändert haben. Seinen Nord-Stream-Artikel hatte er der NYT oder Washington Post gar nicht erst angeboten. Das wäre wohl auch fruchtlos geblieben, denn diese Medien existieren anscheinend in einer anderen Welt, in der es nicht auf Fakten aus einem investigativen Journalismus ankommt. Hersh arbeitet noch immer mit zwei Rechercheuren zusammen, die alle Fakten einer genauen Prüfung unterwerfen. Sein Telephonierstil hat auch in seinem 86. Lebensjahr nichts von seiner Agilität verloren – das gilt sogar für das Beantworten von Fragen, die er selten bis zum Schluss anhört. Vor allem ist er aber unerbittlich mit der Dummheit und der Desorientierung, Verrücktheit der Regierenden, besonders der Biden-Administration.

Tichys Einblick: Herr Hersh, Ihr erster Substack-Artikel zu dem Anschlag auf die Nord-Stream-Pipelines ist nun seit genau drei Monaten öffentlich. Anfang Februar haben Sie in einem ausführlichen Bericht beschrieben, wie die USA – mit der Hilfe Norwegens – drei der vier Pipelines mit C4-Sprengladungen gesprengt haben. Sie schreiben, dass die Planungen dazu bereits im Dezember 2021 in Washington begannen…

Seymour Hersh: Es waren keine Planungen im engeren Sinn. Die Anforderung wurde ausgegeben, kurz vor Silvester 2021, vermutlich um Weihnachten herum. Es ging darum, etwas Außergewöhnliches zu finden, das der Präsident benutzen könnte, ein Lockmittel oder eine Drohung, um Putin davon zu überzeugen, nicht anzugreifen.

Man wollte Putin dazu überreden, es beim Status quo in der Ukraine zu belassen.

Vor allem ging es um eine Drohung. Ich glaube, diese Regierung ist nicht besonders gut im Überreden. Sie funktionieren eher nach dem Motto „Du bist für uns oder gegen uns“. Die Idee war, dass man Putin sagt: Wir werden die Pipelines sprengen, wenn du die Grenze zur Ukraine überschreitest. Dazu muss ich übrigens noch etwas anderes sagen. Ich weiß nicht, warum kaum jemand darauf achtet: Putins Angriffsstreitmacht war etwa 120.000 Mann groß. Also nicht die Frontlinie, die es noch nicht gab, sondern die Reserve. Als die Wehrmacht 1939 Polen angriff, verfügte sie über 1,2 Million Soldaten. Wenn also heute immer noch Leute sagen, dass Putin Kiew einnehmen wollte, dann muss man ihnen sagen: Das ist einfach nicht so. Das wäre gar nicht machbar gewesen. Es gab mindestens 60.000 Mann Truppen in Kiew. Und weil Putin Kiew nicht eingenommen, so wird dann gerne gesagt, soll er versagt haben. Aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, wie er das mit so wenigen Truppen hätte schaffen können. Man muss auch bedenken, dass die USA und die Nato die ukrainische Armee in den letzten Jahren zahlenmäßig und den Fähigkeiten nach stark aufgerüstet haben, so dass diese Armee mindestens beachtlich war.

Sie sind also auch nicht jener Meinung, die zu Beginn des Krieges weitverbreitet war, dass Putin die gesamte Ukraine in den Blick genommen hatte und erobern wollte?

Ich habe seine Reden über Jahre angehört. Es gab eine Zeit vor zwei oder drei Jahren, als er nicht ganz so scharfsinnig war. Ich glaube, es ging ihm nicht gut. Aber in den letzten beiden oder anderthalb Jahren war er wieder ziemlich artikuliert. Er kennt seine Fakten, spricht mit Klarheit. Wenn ich das sage, dann unterstütze ich nicht jemanden, der den ersten größeren Krieg in Europa seit dem Weltkrieg begonnen hat. Das war einfach verrückt, dass er das getan hat, wegen irgendeines phantasmagorischen Traums über das Russland von Peter dem Großen, was auch immer. Das sind Interpretationen… niemand versteht wirklich, was ihn antreibt. Aber eins ist klar: Er ging nicht mit äußerster Kraft vor.

Ich denke, was mir einer meiner Freunde erzählt, der gut unterrichtet ist, könnte stimmen: Putin will die „Suzeränität“ über die Ukraine, also nicht physische Kontrolle, aber politische Kontrolle über ein Gebiet, vor allem was die Außenpolitik angeht. Er will sich die Ukraine nicht einverleiben. Niemand will sie wirklich haben, auch nicht die Nato im Gegensatz zu dem, was alle im Westen zu denken scheinen. Ich denke, Putin würde Frieden machen, wenn die Ukraine weitgehend demilitarisiert wird, was natürlich für Kiew nicht akzeptabel wäre. Das ist das Problem.

Es wird also darauf hinauslaufen, dass Russland gerne in einigen Gebieten das Sagen hätte. Und dann könnte Selenskyj einen Kompromissvorschlag machen. Aber am Ende wird es auch darauf nicht ankommen, weil wir es nicht so wollen. In den USA wurde gerade erst neues Geld zugesagt, auch Kampfflugzeuge. Wir könnten ukrainische Piloten darin trainieren, F-16-Maschinen zu fliegen – das ist übrigens ein altes Flugzeug, das die Russen relativ leicht abschießen können. Aber erzählen Sie das nicht den Zeitungsleuten. Was die USA und die Nato gerade machen, ist irgendwo zwischen dumm und verrückt.

Also keine Nato-Mitgliedschaft für die Ukraine aus Ihrer Sicht. Generalsekretär Stoltenberg hat allerdings gerade für die Zeit nach dem Krieg das Gegenteil proklamiert.

Ich glaube einfach nicht daran. Das Meiste von dem, was Stoltenberg sagt, ist ohnehin nur ein Strom von Schmähungen gegen Russland. Und das macht er nun seit langer Zeit. Er steht dem Westen sehr nah, und das schon seit seiner frühen Jugend, als er noch gegen den Vietnam-Krieg demonstrierte. Ich habe darüber geschrieben, auch wenn viele es nicht glauben wollen.

Noch einmal zur Vorgeschichte des Pipeline-Anschlags: Laut Ihnen zögerte Biden nach dem Kriegsbeginn, den CIA-Vorschlag umzusetzen. Biden habe sich erst dazu entschlossen, als im Spätsommer 2022 klar wurde, dass die Ukraine den Krieg nicht gewinnen kann. Aber worin genau besteht hier die logische Verbindung? Inwiefern half Biden die Sprengung zu genau diesem Zeitpunkt?

Zum einen wird diese Regierung niemals zugeben, dass sie für den Anschlag verantwortlich war, und die Presse in meinem Land ist vollkommen zufrieden damit. Was ich gesagt habe, ist, dass im September 2022 klar wurde, dass ein Patt das beste mögliche Ergebnis war. Der Krieg könnte also noch über Jahre so weitergehen. Wenn Putin seine Truppen entschiedener einsetzt, geht es vielleicht schneller. Denn er hat seine besser geschulten Truppen bis jetzt in der Hinterhand behalten. Aber vermutlich geht es um einen langen Krieg.

Ich habe natürlich keine Ahnung, was in Bidens Kopf vorgeht. Aber das einzige Argument, das aus meiner Sicht Sinn ergibt, ist, dass er sich letzten Sommer ernsthafte Sorgen machte, ob er auf die Unterstützung von Deutschland und Westeuropa zählen konnte. Die Vereinigten Staaten haben bis jetzt an die 120 Milliarden Dollar für diesen Krieg ausgegeben. Um ihn zu Ende zu führen, wird man noch eine Menge Geld brauchen. Und glauben Sie mir, die öffentliche Meinung in den USA stimmte dem Krieg bis vor drei oder vier Monaten mit hohen Raten zu. Danach begannen die Umfragewerte zu sinken, weil sich immer mehr Leute fragen: Warum geben wir da eigentlich so viel Geld aus?

Deutschland und Westeuropa haben heute keine natürlichen Ressourcen, kein Gas oder Öl. Seit den Sechzigerjahren beschweren sich die USA darüber, dass Russland Öl und Gas nach Westeuropa verkaufen konnte. Das wurde schon immer als „Instrumentalisierung“ aufgefasst. Aus amerikanischer Sicht benutzten die Russen das Gas, um die Unterstützung zur Nato und für die USA zu reduzieren. Wir sahen es als Waffe. Doch Deutschland wuchs auch dadurch zu einem riesigen Industriekomplex heran. Als im Jahr 2011 Nord Stream 1 eröffnet wurde, gab es so viel günstiges Gas, dass Ihr Land einen Teil davon weiterverkaufen konnte, „downstream“, wie man das im Ölgeschäft nennt. Man machte also ein Zusatzgeschäft, und Russland ließ Deutschland gewähren. Und dann sollte 2021 eine zweite Pipeline dazukommen. Die USA brachten Olaf Scholz zwar dazu, Sanktionen über sie zu verhängen. Aber sie war schon mit Gas gefüllt, einer Menge Gas, und das flog bei der Sprengung mit in die Luft.

Was ich aus Ihren Antworten verstehe, ist: Dieser Anschlag könnte durchaus gegen Russland gerichtet gewesen sein, zielte aber mindestens genauso auf die Europäer.

Schauen Sie, es war September, der Winter stand vor der Tür. Deutschland versuchte, eine Gasreserve aufzubauen, was nur zum Teil gelang. Aber man überstand den Winter durch Flüssiggas (liquefied natural gas, LNG), das zu hohen Preisen verfügbar war. Es gab zum Beispiel LNG aus China, das durch den coronakrisenbedingten Abbau von Industriekapazitäten verfügbar war. Auch das warme Wetter half. Und natürlich war die Regierung sehr großzügig mit Beihilfen – unvorstellbar, wie viele Euros da die Tasche wechselten, Hunderte Millionen. Man kam also durch den Winter. Aber inzwischen sind die Energiepreise immens gestiegen. In einigen Teilen Frankreichs haben sich die Strompreise verfünffacht, das gleiche gilt für andere Regionen Europas.

Was wird also passieren? Wenn es im Herbst wieder kälter wird und die Gaspreise nicht sinken, dann wird es zu größerem Unmut gegen den Mann kommen, der diese Krise herbeigeführt hat, also gegen Joe Biden. Und ich weiß nicht, was Ihr Bundeskanzler tut oder getan hat. Ich kenne keinen Weg, um zu erfahren, ob er es im Vorhinein wusste oder nicht. Indem Biden die Pipelines sprengen ließ, sagte er zu den Europäern: Mir fehlt eure Unterstützung. Ich habe Befürchtungen, dass ihr wanken könntet, wenn es auf ein Patt mit Russland hinauslaufen sollte. Es war seine Art zu sagen: Ich brauche mehr Geld von den Nato-Partnern, vielleicht sogar Truppen, speziell von Deutschland.

Irgendwann wird der Krieg so unpopulär in den USA sein, dass Biden kaum noch Gelder zu vergeben hat. Und wenn dann die Wirtschaft nicht boomt, dazu Inflation, hohe Zinsen, Bankpleiten, dann wird es auch für Biden eng werden. Was er getan hat, war vermutlich so dumm wie die Entscheidung von Präsident Bush und Vizepräsident Cheney, dass die Antwort auf 9/11 die Bombardierung Bagdads sein musste. Niemand mochte Saddam, aber er hatte rein gar nichts mit islamischen Radikalismus zu tun. Danach begannen wir, ein Problem in Syrien anzuheizen, wo mit Baschar al-Assad ein weiterer weltlich orientierter Staatschef regierte. Dafür gibt es ein Wort: dumm.

Aber Biden hat durchaus Chancen auf einen Platz in der Hitliste der dümmsten US-Präsidenten nach dem Weltkrieg: Die Gasversorgung eines Verbündeten in die Luft zu jagen, so dass der deutsche Bundeskanzler heute Probleme dabei hat, für den Wohlstand und die warmen Stuben seiner Bürger zu sorgen, das ist nicht klug. Ich weiß nicht, was mit Scholz passieren wird. Ich weiß es wirklich nicht. Ich spreche mit Leuten aus dem Bundestag, aber da scheint nichts voranzugehen. Wo bleibt der deutsche Bericht? Wann wird der veröffentlicht? In 3.000 Jahren?

Ein Kernelement Ihres ersten Artikels war der Besuch von Scholz am 7. Februar in Washington, als Biden den Anschlag auf eine Art ankündigte. Auch Scholz wurde zu Nord Stream befragt, sogar drei Mal, und antwortete drei Mal so ziemlich das Gleiche, nämlich dass man gemeinsam mit den USA handeln und dabei starke Akzente setzen werde.

Aber das beweist nichts. Wahr ist, nach all den harten Worten von Biden wäre es schön gewesen, wenn Scholz gesagt hätte: Ich unterstütze den Präsidenten in allem, was er gesagt hat, aber eine Sprengung der Pipelines wäre unannehmbar. Er hat aber nichts gesagt. Sein Hauptproblem ist, dass er seit meiner ersten Nord-Stream-Story zu einem Kollaborateur geworden ist. Er hat nichts dementiert, nicht protestiert, nichts untersucht. Zumindest hätte er irgendeinen Kommentar abgeben müssen, so etwas wie: „Wir werden das sehr genau untersuchen, das ist eine sehr ernsthafte Anschuldigung…“ Aber nichts davon.

Scholz ist sicher nicht dumm und hat an verschiedenen Stellen gute Arbeit geleistet. Aber dieser ganze zweite Washington-Besuch war ein Mysterium für mich. Ich denke, das war sehr erniedrigend für ihn. Es gibt hier eine ziemlich kostengünstige Hotelkette, mit Namen „Motel 6“, wo sie für 25 oder 30 Dollar ein Zimmer kriegen, vollkommen sauber und in Ordnung für einen Trucker. Mein Witz über Scholz’ Besuch war: Ich hoffe, sie haben ihn nicht in ein Motel 6 einquartiert. Es war ein Besuch wie eine dunkle Angelegenheit: keine Reporter im Tross, keine Pressekonferenz, nicht einmal ein Communiqué, das im Nachhinein veröffentlicht wurde. Das ist schon sehr ungewöhnlich. Diese Art von Treffen hat es nicht seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs gegeben, als sich Truman und Stalin trafen, um private Konferenzen abzuhalten.

Kurz nach der Veröffentlichung Ihrer Geschichte erschien ein Online-Video von einem Luftwaffen-Veteranen aus Florida, der durch frei verfügbare Flugdaten sagen konnte, dass es tatsächlich Spuren von einer P8-Maschine über Bornholm gab. Eine P8-Maschine gibt es auch in Ihrem Artikel: sie warf demnach die Sonarboje ab und löste so die Explosionen aus. Der Luftfahrt-Experte Monkey Werx sagt, das sei keine norwegische, sondern eine amerikanische Maschine gewesen, die zudem über Polen von einem aus Deutschland kommenden Serviceflugzeug aufgetankt wurde. Könnte das ein fehlendes Puzzleteil in Ihrer Geschichte sein?

Lassen Sie mich dazu nur eine Sache sagen: Als Biden jüngst in die Ukraine geflogen wurde, um Präsident Selenskyj zu treffen, war sogar in Zeitungsberichten, in der New York Times oder auch der Washington Post, nachzulesen, dass, als die Air Force One in den polnischen Luftraum eintrat, der Transponder abgeschaltet wurde. Das ist ein Signalsender, der eigentlich zwingend gefordert wird und der allen im Umkreis via IFF-Signal mitteilt, egal ob bei Nacht, Regen oder schlechtem Wetter: „Ich bin hier, fliegt nicht in mich hinein.“ Aber die Air Force One konnte das tun. Und genau das würde auch ein Flugzeug auf CIA-Mission tun, wenn es eine Sonarboje über Bornholm abwirft.

Ob das nun eine norwegische oder eine US-Maschine war, ist eigentlich ziemlich unwichtig. Vor zwei Jahren hat Boeing die ersten P8-Maschinen mit großem Tamtam an Norwegen geliefert, US-Kräfte haben die Norweger an der P8 ausgebildet. Außerdem fliegen amerikanische P8 in Norwegen ausgiebig Patrouille. Diese Maschine kam sicher aus Oslo. Am wahrscheinlichsten ist, dass ein Amerikaner das Flugzeug flog. Denn man verlässt sich in solchen Sachen eher nicht auf Outsider. Aber welches Flugzeug da flog – ob ein norwegisches oder US-amerikanisches –, ist unwichtig und trivial.

Das Interessante an dieser Rekonstruktion des Luftwaffen-Veteranen ist ja, dass es eine unabhängige Bestätigung Ihrer Schilderung sein könnte.

Aber es ist ja noch viel einfacher: Das Flugsignal war eben abgestellt. Also war auch kein Flugzeug zu sehen. Übrigens war die Sonarboje, die sie abwarfen, kein High-End-Gerät, sondern eines, das man in jedem Geschäft kaufen konnte. Sie wollten keine Spuren von irgendetwas Exotischem hinterlassen. Der eingesetzte Sprengstoff war C4, ein sehr potenter Plastiksprengstoff, aber man muss auch wissen, wie man es zündet. Und das ging in diesem Fall nicht so einfach. Sonarbojen werden überall auf der Welt unter Wasser genutzt, weil sie Niedrigfrequenzsignale senden können. Die brauchen Zeit, kommen aber ans Ziel. Es ist ein schlichtes Klopfsignal, wie von einem Klavier oder einer kleinen Trommel.

Wie haben eigentlich die großen US-Medien auf Ihre Enthüllungsstory reagiert?

Die amerikanische Presse ist in einem grauenvollen Zustand. Die These, dass die USA für die Sprengung verantwortlich sein könnten, ist hier absolutes Niemandsland. Keine Zeitung würde das auch nur als Möglichkeit erwähnen. Aber wenn man Russland und die Ukraine als Verursacher ausschließt, dann bleiben zwei Verdächtige: Der eine ist Deutschland, der andere sind die Vereinigten Staaten. Aber in den USA sind wir leider nicht an dem Punkt, das offen diskutieren zu können.

Derzeit haben die großen Medien vor allem Angst vor einer zweiten Trump-Wahl. Trump wird also wegen gefälschter Dokumente rund um ein Fehlverhalten in Bezug auf eine Frau angeklagt, eine Prostituierte – was auch immer sie war, ich habe keine Ahnung –, eine „Frau von Welt“, mit der er für einige Zeit eine Affäre hatte. Ich möchte hier nicht verraten, wieviele männliche Staats- und Regierungschefs auf der ganzen Welt so ein „Gspusi für zwischendurch“ haben. Das wäre eine ziemlich ansehnliche Zahl. Aber wenn Trump in der Sache gewinnt und ungeschoren davon kommt, könnte es durchaus zu einer Wiederauflage des Duells mit Biden kommen.

Stimmt es, dass inzwischen verschiedene Regierungen Ihrem Bericht mehr Glauben schenken als allen offiziellen Statements?

Zumindest gibt es einige Personen in verschiedenen Regierungen, die glauben, dass die von mir geschilderten Details von Interesse sind.

Wie sehen Sie denn nun die Rolle Deutschlands in der gesamten Angelegenheit? Sind wir schlicht die Opfer und Leidtragenden?

Was kann ich Ihnen dazu sagen. Ich hatte in all den Jahren eine Menge Kontakte mit deutschen Geheimdienstlern. Deutschland ist ein guter Verbündeter mit einem unglaublich hohen Bildungsstandard, mit einigen der größten Universitäten im Land. Es ist eine gebildete Gesellschaft, die hart arbeitet, sehr kompetent ist und in der Freizeit eine Menge Spaß hat. Ich habe viel Zeit in Berlin verbracht, als Stefan Aust den Spiegel machte. Aber das Blatt hat sich seitdem ziemlich verändert. Einmal traf ich mich mit einem Geheimdienst-Kontakt in Berlin, und einer meiner Söhne war zu der Zeit im Nahen Osten. Er flog herüber und wir gingen alle drei zusammen etwas essen. Wohin führte er uns? In ein amerikanisches Steakhouse im Osten der Stadt, das er kannte und in dem es ein Bier aus Brooklyn gab, das er mochte. So etwas gibt es nur in Berlin.

Aber wissen Sie was lustig an der deutschen Politik ist: Es gibt heute eine Linke und vor allem eine grüne Partei, die sich sehr viel enger mit diesem Krieg alliiert hat als Teile der Rechten.

Die Grünen sind keine Linken mehr. Sie haben es geschafft, eine Menge Kriege zu mögen, soweit ich sehen kann. Das Parteiensystem hat sich in den letzten zehn oder 15 Jahren stark verändert.

Aber Sie haben auch gesagt, dass Deutschland Probleme hat.

Deutschland hat heute riesige Probleme, weil es nicht mehr dieselbe Menge an Gas hat wie früher. Ich glaube nicht, dass die Regierung noch einmal einen solchen Betrag an Subventionen zahlen kann. Sie kann also nur um einen weiteren milden Winter beten.

Vielen Dank für das Gespräch.

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