Tichys Einblick

Wenn korrupte Wissenschaft die Weltpolitik bestimmt

Nichts hat unser tägliches Leben in den vergangenen vier Jahren so nachhaltig negativ beeinflusst wie die Coronaviruspandemie, deren gesundheitliche, wirtschaftliche und gesellschaftliche Auswirkungen bis heute zu spüren sind. Nichts lag unmittelbar zu Beginn der Pandemie näher als nach deren Ursprung zu fragen – auch von Seiten der Wissenschaft. Von Roland Wiesendanger

IMAGO

Bereits Ende Januar 2020 erachteten international bekannte Virologen, wie beispielsweise Kristian Andersen vom Scripps Institut in Kalifornien, einen Laborunfall in einem virologischen Institut der Stadt Wuhan in China für sehr wahrscheinlich, nicht zuletzt aufgrund zahlreicher Auffälligkeiten im Erbgut des SARS-CoV-2 Virus (Zitat von Andersen: „Die Version des Entweichens aus dem Labor ist deshalb so verdammt wahrscheinlich, weil sie [gemeint sind Forscher in Wuhan] diese Art von Arbeit bereits gemacht haben und die molekularen Daten mit diesem Szenario völlig übereinstimmen.“)

Andersen informierte Anthony Fauci, den damaligen Direktor einer Unterabteilung der „US National Institutes of Health“ und Gesundheitsberater zahlreicher US-amerikanischer Präsidenten, über seine Erkenntnisse bezüglich der Herkunft des neuartigen Coronavirustyps, woraufhin Fauci umgehend eine Telefonkonferenz am 1. Februar 2020 initiierte, an der neben Kristian Andersen auch Jeremy Farrar, Leiter des Wellcome Trust, und Christian Drosten von der Berliner Charité teilnahmen. Obwohl diese Telefonkonferenz geheim war, wissen wir aus freigeklagten E-Mail-Korrespondenzen von Anthony Fauci sowie von Slack-Nachrichten, dass Andersen am Tag nach dieser Telefonkonferenz, also am 2. Februar 2020, Folgendes an seinen Kollegen Andrew Rambaut schrieb:

„Sowohl Ron [gemeint ist Ron Fouchier] als auch Christian [gemeint ist Christian Drosten, beides ebenfalls Teilnehmer der Telefonkonferenz] sind viel zu zwiegespalten, um über dieses Thema nachzudenken – für sie ist die Hypothese eines versehentlichen Ausbruchs aus dem Labor so unwahrscheinlich, dass sie sie nicht in Betracht ziehen wollen. Das Hauptproblem ist, dass ein versehentliches Entweichen in der Tat sehr wahrscheinlich ist – es handelt sich nicht um eine randständige Theorie.“

TE 05-2023
Professor Wiesendanger: Virenforschung wie in Wuhan verbieten
Umso erstaunlicher ist es, dass gerade dieser Kristian Andersen gemeinsam mit vier Kollegen wenige Tage danach einen Fachartikel mit dem Titel „The proximal origin of SARS-CoV-2“ konzipierten, in dem die Autoren gleich zu Beginn in der Zusammenfassung sagen: „Wir glauben nicht, dass irgendeine Art von laborbasiertem Szenario plausibel ist. Unsere Analysen zeigen eindeutig, dass SARS-CoV-2 weder ein Laborkonstrukt noch ein absichtlich manipuliertes Virus ist.“ Dieser Artikel erschien dann am 17. März 2020 in der berühmten Fachzeitschrift „Nature Medicine“ und ist mittlerweile über 6.000-mal zitiert. Er diente damals den Leitmedien und den sogenannten „Faktencheckern“, die durchaus plausible Labortheorie von Anfang an zu verwerfen und als „Fehlinformation“ oder „Desinformation“ zu brandmarken.

Unterstützt wurden sie dabei durch eine zweite Veröffentlichung in der Fachzeitschrift „The Lancet“ vom 19. Februar 2020, in der 27 Virologen, darunter auch Christian Drosten, öffentlichkeitswirksam erklärten: „Die rasche, offene und transparente Weitergabe von Daten über diesen Ausbruch wird nun durch Gerüchte und Fehlinformationen über die Herkunft des Virus gefährdet. Wir stehen zusammen um Verschwörungstheorien, die besagen, dass COVID-19 keinen natürlichen Ursprung hat, entschieden zu verurteilen.“ Dabei nannte diese Gruppe von Virologen unter anderem auch den bereits erwähnten Fachartikel in „Nature Medicine“, der als Vorabdruck bereits seit dem 16. Februar 2020 öffentlich zur Verfügung stand, als Quelle für ihre Behauptung. Damit war vorgezeichnet, dass jeder andere Wissenschaftler, der die Laborursprungshypothese für wahrscheinlicher hielt, fortan als „Verschwörungstheoretiker“ im öffentlichen Raum abgekanzelt wurde.

Kaum jemand unterzog sich damals der Mühe, die Publikation von Andersen und Kollegen in „Nature Medicine“ von der ersten bis zur letzten Zeile zu lesen, denn sonst wäre schon damals aufgefallen, dass dort keinerlei Beweise für einen natürlichen Ursprung des SARS-CoV-2 Virus enthalten waren. Was wir jedoch mittlerweile hundertprozentig durch freigeklagte E-Mail-Korrespondenzen und Slack-Nachrichten aus USA wissen, ist, dass die fünf Autoren des „Nature Medicine“ Artikels damals selbst nicht an die Schlussfolgerungen ihrer eigenen Veröffentlichung glaubten, weder zu dem Zeitpunkt, als diese geschrieben wurde, noch als diese bei der Fachzeitschrift eingereicht wurde, noch als diese publiziert wurde (siehe hierzu unter anderem die Gegenüberstellung der Aussagen der fünf Virologen in der Veröffentlichung und in privaten Kommunikationsverläufen anbei).

TE-Interview
FBI stützt Labortheorie: Roland Wiesendanger im Interview
Dadurch wird belegt, dass die Veröffentlichung des extrem einflussreichen Artikels in „Nature Medicine“ das Ergebnis wissenschaftlichen Betrugs und wissenschaftlichen Fehlverhaltens war und ist. Darauf hat am 26. Juli 2023 eine Gruppe von circa 50 internationalen Wissenschaftlern, darunter auch der Autor dieses Beitrags, in einem offenen Brief an den Herausgeber der Fachzeitschrift „Nature Medicine“ hingewiesen (siehe hier), ohne dass in den darauffolgenden Monaten eine Reaktion seitens des Herausgebers der Fachzeitschrift oder des Verlags SpringerNature erfolgt wäre. Die US-amerikanische Organisation „Biosafety Now“ startete ferner im Juli 2023 eine internationale Petition mit dem Ziel, dass die betrügerische Arbeit über den Ursprung von Covid-19 zurückgezogen werden muss. Diese wurde mittlerweile von weit über 5.000 Unterzeichnern weltweit unterstützt und diese Woche persönlich durch zahlreiche Wissenschaftsvertreter an den Herausgeber der Fachzeitschrift „Nature Medicine“ in New York übergeben.

Für das offensichtliche Fehlverhalten der beteiligten Virologen mag es verschiedene Erklärungsmöglichkeiten geben. Eine beruht auf einer weiteren freigeklagten E-Mail-Kommunikation, wonach die „internationale Harmonie“ und der Wissenschaftsbetrieb durch einen nachgewiesenen Laborunfall nicht gestört werden sollten. Diese Erklärung mag ein „höheres Ziel“ vermuten lassen, jedoch wurden mit der Bekämpfung der Laborursprungshypothese gleichzeitig wertvolle Informationen unterdrückt, die wesentlich für eine wirksame und effiziente Reaktion auf die Pandemie gewesen wären. Vielleicht mag die Erklärung jedoch viel banaler sein: Anthony Fauci hat über viele Jahre hinweg extrem riskante virologische Experimente, unter anderem in Wuhan, mit vielen Millionen US-Dollar gefördert. Sollte es sich bewahrheiten, dass diese Experimente zu einer weltweiten Tragödie mit vielen Millionen Todesopfer geführt haben, so wäre dies für ihn persönlich, aber auch für seine Institution, hochgradig problematisch, insbesondere wenn man an Haftungsfragen in diesem Zusammenhang denkt. Kristian Andersen, der seine Meinung über den Ursprung des SARS-CoV-2 Virus zwischen dem 2. und 4. Februar 2020 um 180 Grad änderte, erhielt kurze Zeit später Forschungsgelder in Höhe von 9 Millionen US-Dollar von Anthony Fauci bewilligt. Ein Repräsentant des US-Kongresses kommentierte dies während einer öffentlichen Anhörung zur Frage des Ursprungs der Coronapandemie gegenüber Andersen persönlich wie folgt: „Dies waren offensichtlich 9 Millionen guter Gründe, die Meinung kurzfristig um 180° zu ändern.“

TE-Interview Roland Wiesendanger
„Es spricht alles gegen einen natürlichen Ursprung des Virus“
Durch Personen, die sich der Wahrheit verpflichtet fühlen, ist ein Forschungsantrag aus USA mit dem Titel „DEFUSE“ an die Öffentlichkeit gelangt, in dem eine Gruppe von US-amerikanischen Wissenschaftlern, darunter Peter Daszak und Ralph Baric, gemeinsam mit Wissenschaftler aus Wuhan, darunter Zhengli Shi, im Jahr 2018 Experimente zur gezielten Manipulation von SARS-artigen Coronaviren vorschlugen und quasi eine Bauanleitung für die künstliche Synthese eines SARS-CoV-2-ähnlichen Virus entwarfen. Durch freigeklagte E-Mail-Korrespondenzen im Vorfeld der Einreichung dieses Forschungsantrags weiß man nun, dass die Antragsteller die US-amerikanische Forschungsförderorganisation zunächst bezüglich möglicher Gefahren solcher Experimente beschwichtigen wollten, indem die Wissenschaftler angaben, dass die Experimente in angeblich sicheren (BSL-3) Bio-Laboren in USA durchgeführt werden sollten.

In privaten Chats sprachen die Antragsteller jedoch davon, dass man nach einer Bewilligung die Experimente in Wuhan durchführen wollte, da die Sicherheitsanforderungen dort geringer seien (BSL-2 Labore). Dass hoch riskante virologische „Gain-of-function“ Experimente tatsächlich unter sträflich geringen Sicherheitsstandards in Wuhan durchgeführt wurden, bestätigte und kommentierte der oben erwähnte Kristian Andersen bereits am 8. Februar 2020 in einem privaten Chat wie folgt: „Dies ist nicht nur geschehen, sondern wird gerade in Wuhan durchgeführt. In BSL-2. Das bedeutet an sich schon, dass wir eine Labortheorie nicht einfach mit der Aussage ‚nicht möglich‘ abtun können. Das wäre sehr leichtsinnig.“ Gleichzeitig wurden die Leitmedien und die sogenannten „Faktenchecker“ nicht nur über diese bereits damals vorliegenden Erkenntnisse nicht informiert, sondern durch gegensätzliche Äußerungen im öffentlichen Raum von Seiten zahlreicher Virologen fehlgeleitet. Dies zuzugeben wäre der Anfang einer Korrektur von Fehlentwicklungen der vergangenen Jahre im Bereich des Journalismus.

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Doch damit nicht genug. Seit dem offiziell verkündeten Ende der Coronapandemie wird die Weltpolitik durch ein weiteres Thema, welches starken Wissenschaftsbezug hat, dominiert: die angeblich menschengemachte Klimakrise und der angeblich unabdingbare schnelle Handlungsbedarf von Seiten der Politik. Obgleich in diesem Falle ein anderes Wissenschaftsfeld tangiert wird, existieren erstaunliche Parallelen zu den oben geschilderten Vorgängen bei der Frage nach dem Ursprung des SARS-CoV-2 Virus. In beiden Fällen wurde und wird nach wie vor auf einen angeblichen „wissenschaftlichen Konsens“ verwiesen, den es zu keinem Zeitpunkt gegeben hat und bis heute nicht gibt. Dieser Begriff ist an sich schon unwissenschaftlich, da es in der Wissenschaft – im Gegensatz zur Politik – nicht um Mehrheiten geht (die im Wissenschaftsraum ohnehin noch nie abgefragt wurden), sondern um wissenschaftliche Evidenz, die mehr oder weniger überzeugend sein kann.

Eine weitere Parallele ergibt sich mit Verweis auf freigeklagte E-Mail-Korrespondenzen, die auch im Falle der Klimaforschung eindeutig auf korruptes Verhalten im Wissenschaftsraum hindeuten. Hier ist zunächst einmal die Veröffentlichung von circa 6000 E-Mail-Korrespondenzen von Klimaalarmisten im November 2009 anzuführen, welche damals zum sogenannten „Climategate“-Skandal geführt haben. Aus diesen E-Mails ging eindeutig hervor, dass mit der Behauptung eines vornehmlich menschengemachten Klimawandels und dem Ausrufen einer Klimakrise eine politisch motivierte Agenda verfolgt werden soll, welche durch den wissenschaftlichen Erkenntnisstand – bis zum heutigen Tage – nicht überzeugend begründet werden kann. Dies hat unter anderem der Klimaforscher Timothy Ball in seinem 2014 erschienenen Buch „The Deliberate Corruption of Climate Science“ eindrücklich dokumentiert, ebenso wie die zahlreichen Beispiele von absichtlichen Manipulationen von Klimadaten, welche nicht nur wissenschaftliches Fehlverhalten darstellen, sondern darüber hinaus nicht mehr verantwortbare Konsequenzen für die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen weltweit, und vorrangig auch in Deutschland, mit sich bringen.

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Deshalb sind gerade in letzter Zeit unter anderem mehrere Physik-Nobelpreisträger, wie etwa John Clauser, an die Öffentlichkeit gegangen und haben diese Fehlentwicklungen im Wissenschaftssystem wie folgt offen angesprochen: „Das populäre Narrativ über den Klimawandel spiegelt eine gefährliche Korruption der Wissenschaft wider, die die Weltwirtschaft und das Wohlergehen von Milliarden von Menschen bedroht. Die fehlgeleitete Klimawissenschaft hat sich zu einer massiven Schock-journalistischen Pseudowissenschaft ausgeweitet.“ In dieser Einschätzung wird er unterstützt durch zahlreiche, weltweit angesehene Klimawissenschaftler, wie etwa William Happer von der Princeton Universität, Richard Lindzen vom Massachusetts Institute of Technology, John Christie von der Universität von Alabama, Judith Curry vom Georgia Institute of Technology und vielen weiteren renommierten Forscherpersönlichkeiten, denen die Glaubwürdigkeit ihres eigenen Wissenschaftsgebiets am Herzen liegt. Gerade Judith Curry hat jüngst ein bemerkenswertes Buch mit dem Titel „Climate Uncertainty and Risk: Rethinking Our Response“ veröffentlicht und in der Vergangenheit viele Interviews gegeben, welche unter die Haut gehen, wenn man Wissenschaft noch als Suche nach der Wahrheit und nicht primär nach staatlich bereitgestellten Geldmitteln begreift. Sie sprach dabei jüngst auch noch einmal über den „Climategate“-Skandal, „der aufdeckte, dass sogenannte Klimawissenschaftler Informationen verschwiegen, Studienergebnisse verfälscht und Redakteure schikaniert hatten“.

Wissenschaftler, Wissenschaftsorganisationen, Wissenschaftsförderer, Universitäten, wissenschaftliche Akademien und alle Personen, die Verantwortung im Wissenschaftssystem tragen, einschließlich Herausgeber wissenschaftlicher Fachzeitschriften und Verantwortliche wissenschaftlicher Verlage weltweit sind aufgefordert, diesen Fehlentwicklungen im Wissenschaftssystem der vergangenen Jahre massiv entgegenzutreten und wissenschaftliches Fehlverhalten nicht nur verbal anzuprangern, sondern vehement durch Taten zu bekämpfen. Nur so kann Wissenschaft wieder zu dem werden, was sie einmal war und auch zukünftig sein sollte: der Wahrheit und dem Wohle der Menschheit verpflichtet.


Roland Wiesendanger ist Physik-Professor an der Universität Hamburg sowie Ehrendoktor der Technischen Universität Posen. Er ist Mitglied zahlreicher nationaler und internationaler Wissenschaftsakademien, darunter auch der beiden nationalen Akademien „Leopoldina“ und „acatech“. Er ist ferner Fellow mehrerer internationaler Wissenschaftsorganisationen und ist durch über sechshundert wissenschaftliche Publikationen sowie über sechshundert wissenschaftliche Vorträge in verschiedenen Wissenschaftsbereichen weltweit bekannt und vernetzt.

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