Tichys Einblick
Energiewende

Windräder im Wald: Erschreckend hohe Risiken für Waldeigentümer bei Pachtende

Windkraftanlagen sind bei vielen Waldeigentümern populär. Erstaunlich ist, dass die damit verbundenen Risiken kaum diskutiert und die Entscheidungen ohne Beachtung aller wesentlichen Gesichtspunkte – vor allem der Dimension der Rückbaukosten – getroffen werden. Von Ferdinand Graf Spiegel

IMAGO

Dieser Text behandelt Risiken für Grundstückseigentümer im Zusammenhang mit der Verpachtung von Waldflächen für die Errichtung und den Betrieb von Windkraftanlagen (WKAen):

1. Waldbauliche Schäden durch die Errichtung von WKAen im Wald
Der Wald wird durch WKAs massiv und dauerhaft (Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte) geschädigt.

Die Dokumentation bei ZDF-Info vom 3. September war ein Meilenstein. Etwa ab Minute 24 wird es für Waldeigentümer in dieser Dokumentation besonders interessant: Die weiträumige Fragmentierung und Zersplitterung der Bestände durch großzügige Straßen und Kranarbeitsflächen für die WKAen sind schon waldbaulich sehr nachteilig. Geradezu prekär ist jedoch darüber hinaus die erhebliche sommerliche Aufheizung der harten Oberflächen der oft kilometerlangen Straßen (4 Meter breit plus 1 Meter Bankette) sowie der großräumigen Freiflächen für die WKAen. Diese Temperaturerhöhung führt logischerweise zu einer weiteren Verschärfung der klimabedingten Austrocknung der benachbarten Waldböden. Ausgerechnet die größte Gefahr für das Überleben unserer Wälder, die durch den Klimawandel verursachte Trockenheit der Bestände, wird durch die WKAs im Wald noch erheblich verschärft.

Professor Ibisch legt in der Dokumentation eine Temperatur-Satellitenaufnahme auf das normale Satelliten-Foto. Detailliert und präzise sind die deutlich höheren Temperaturen (bis zu 6 Grad bei Sommerhochtemperaturen) im Umkreis der WEAen und auf den Oberflächen der Straßen und der Freiflächen zu erkennen. Durch diese durchdachte Methode hat Professor Ibisch eindeutig nachgewiesen, dass WEAen im Wald gerade die Faktoren, die den Wald derzeit so schwer gefährden, nämlich hohe Temperaturen und Trockenheit, erheblich verstärken. Die Ausführungen von Professor Ibisch sind absolut plausibel und überzeugend und sollten deshalb sehr ernst genommen werden. Auch wenn die Auswirkungen der WKAen auf die zunehmende Trockenheit der Bestände nicht kurzfristig, sondern erst über einen längeren Zeitraum erkennbar werden sollten, die großen waldbaulichen Risiken sind real.

2. Wirtschaftlich hängt die Windkraft vom Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ab, das dem Betreiber über 20 Jahre vielerlei ungewöhnliche finanzielle und sonstige Vorteile gewährt. Der Bestand dieses Gesetzes ist jedoch über diesen langen Zeitraum keinesfalls sicher.
Es ist nicht auszuschließen, wenn nicht sogar wahrscheinlich, dass irgendwann in der Zukunft ein zuständiges Gericht oder eine nach einer Wahl dann vielleicht nicht mehr grün orientierte Regierungskoalition das EEG aufheben wird und damit die großzügige Politik zugunsten der Windenergie faktisch beendet wird. Bei einer Wende in der Energiepolitik stünde die Aufhebung oder mindestens eine umfassende Neufassung des EEG im Vordergrund des Politikhandelns: Das EEG ist die zentrale Gesetzesnorm für die derzeitige fatale Energiepolitik, die die erneuerbare Energie aus Wind und Sonne als mehr oder weniger einzige Energiequelle akzeptiert.

Die Folgen einer Aufhebung des EEG wären dramatisch für die Windenergie im Wald und damit für die betroffenen Waldeigentümer: Mit der Aufhebung des EEG fallen die weit über dem Markt liegenden Einspeisevergütungsansprüche für Wind- und Sonnenstrom mit sofortiger Wirkung weg. Der Betreiber der WKA wird in der Regel illiquide, da die Betreiber (meist reine Projektgesellschaften mit typischerweise hoher Fremdfinanzierung und geringem Eigenkapital) neben den Einspeisevergütungen wohl nicht über nennenswerte weitere Einnahmen verfügen.

Für den Waldeigentümer, der nicht selbst Betreiber der WKAen sondern nur Grundstücksverpächter ist, tritt damit eine weitgehend unbekannte bedrohliche Konsequenz ein: Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fallen dann für den Waldeigentümer nicht nur die Pachteinnahmen weg, sondern es konkretisiert sich ein betragsmäßig derzeit unkalkulierbares, aber mit ebenfalls an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kritisch großes finanzielles Risiko ein.

3. Rückbau-Pflicht (§ 35, Absatz 1, Ziffer 5 und Absatz 5, Satz 2 BauGB)
Der Betreiber der WKA ist nach „dauerhafter Beendigung der Nutzung“, also in der Regel nach 20 Jahren (außerplanmäßig eben auch bei einer Beendigung des Betriebs nach Aufhebung des EEG) verpflichtet, die Anlage zurückzubauen und die Bodenversiegelungen zu beseitigen. Das bedeutet, dass die Anlage komplett abgebaut und gesetzeskonform entsorgt werden muss. Darüber hinaus ist das gesamte Fundament (nicht nur ein Teil davon), die Kabel und Trafostationen sowie die Zuwegungen und alle anderen Bodenversiegelungen zu beseitigen. Das Grundstück ist in den Originalzustand wie vor der Nutzung durch die WKA zurückzuversetzen. Das bedeutet auch, dass bei der Beseitigung von Bodenversiegelungen nur Original-Waldboden und nicht gewöhnlicher Humus in die ausgekofferten rückgebauten Zuwegungen usw. eingebracht werden darf, da sich Waldboden mikrobiologisch deutlich von Ackerboden und sonstigem Humus unterscheidet.

4. Der Grundstückseigentümer haftet gesetzlich als „Zustandsstörer“ unbeschränkt für die Kosten des Rückbaus einer Windkraftanlage und der Beseitigung von Bodenversiegelungen, wenn der Pächter (= Betreiber der WKA) seines Grundstücks ausfällt. Der Eigentümer hat dann auf eigene Kosten den Rückbau durchzuführen.
Bodenversiegelungen beeinträchtigen die Trinkwasserversorgung. Sie stellen deshalb juristisch eine sogenannte „Störung“ dar, die beseitigt werden muss. Mit der Insolvenz der Betreibergesellschaft tritt eine „Zustandsstörung“ des Grundstücks ein, da die gesetzliche Rückbauverpflichtung nach BauGB wegen der Insolvenz nicht mehr greift. Für die Kosten der Beseitigung der Zustandsstörung haftet der Grundstückseigentümer jetzt allein und unbegrenzt für die Rückbaukosten abzüglich der völlig inadäquaten geringen Sicherheitsleistung (= meist Bankbürgschaft).

Staatliche Unterstützung ist kaum zu erwarten: Wenn der Eigentümer vorher jahrelang auf Kosten der Stromverbraucher hohe Pachteinnahmen erzielt hat, wird es die Gesellschaft gewiss nicht schätzen, wenn der Staat dem Waldeigentümer bei Ausfall des Betreiberpächters für den gesetzlich geregelten Rückbau finanziell unter die Arme greifen sollte. Die Politik wird sich daran wahrscheinlich orientieren und der Waldeigentümer wird für die gesamtem Rückbaukosten wohl allein einstehen müssen.

5. Die gesetzlich geforderte kostspielige Sicherheitsleistung wird aus politischen Gründen viel zu niedrig angesetzt. Das Risiko der Unterdeckung trägt der Waldeigentümer.
Im Dezember 2022 hat das Bundeswirtschaftsministerium nicht selbst, sondern über die Bundesnetzagentur und damit weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit die Einspeisepreise für Windstrom um 25 Prozent erhöht. Grund war, dass bei den Ausschreibungen für WKAen keine Gebote mehr eingingen, da die Kosten für Errichtung und Betrieb neuer Anlagen so stark gestiegen waren, dass neue Anlagen trotz der weit über den Marktpreisen für Strom liegenden Einspeisevergütungen nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden konnten.

Die Kosten der geforderten Sicherheitsleistungen (in der Regel Bankbürgschaften) sind erheblich und hängen natürlich wesentlich von der Betragshöhe ab. Wie die erwähnte substantielle Erhöhung der Einspeisevergütung im Dezember 2022 zeigt, ist die Wirtschaftlichkeit von WKAen essentiell für den politisch gewollten zügigen Ausbau der Windkraft. Die Politik tut deshalb alles, um die finanzielle Attraktivität von WKAen zu gewährleisten. Deshalb ist es Ziel der Politik nicht nur die Erlöse zu maximieren sondern auch die Kosten der Windkraft zu minimieren. Um die Windenergie auch über niedrige Kosten preislich wettbewerbsfähig zu gestalten, akzeptiert die Politik Sicherheitsleistungen mit irreal niedrigen Beträgen (s.u.), was aber den gewünschten Effekt hat, dass die Kosten für die Sicherheitsleistung, die der WKA Investor zu tragen hat, deutlich sinken. Das erhöht natürlich wie gewünscht seine Rendite. Die Risiken der massiven Unterdeckung trägt jedoch allein der Eigentümer! Gut für Staat und Investoren und katastrophal für die Grundstückeigentümer…

6. Nach 20 Jahren explodiert eine finanzielle „Zeitbombe“ mit katastrophalen Folgen für den Waldeigentümer.
Wie oben geschrieben sind die Betreiber (und Pächter) kleine Projektgesellschaften, meist in der Form von Kapitalgesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH), die über ein bescheidenes Eigenkapital verfügen und mit Bankkrediten hoch fremdfinanziert werden. Auch große oder sehr große Windkraftinvestoren wählen diese rechtliche Konstruktion aus Haftungsgründen. WKAen erzielen normalerweise auf Kosten der Stromverbraucher 20 Jahre lang hohe, stabile und relativ sichere Erlöse. Banken lieben gut vorsehbare, stabile, langfristige Cashflows und sind deshalb wegen des anscheinend geringen Risikos gerne bereit, mit erheblichen Krediten einzusteigen, die innerhalb der 20 Jahre planmäßig und in vollem Umfang zurückgezahlt werden.

Nach 20 Jahren hört dieser paradiesische Zustand aber auf: Der von den WKAen danach produzierte Strom kann nur noch zu Marktpreisen weit unter der Höhe der Einspeisevergütung nach dem EEG verkauft werden. Dazu steigen die Kosten für den Betrieb, da die Anlagen im Alter immer reparaturanfälliger werden. Die Projektgesellschaft schreibt jetzt mit Stromproduktion und -verkauf operative Verluste, ohne Hoffnung auf eine mögliche Verbesserung der Situation in der Zukunft, und hat das Eigenkapital weit übersteigende hohe Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit der Rückbauverpflichtung.

Vom Standpunkt der Gesellschafter der Projektgesellschaft hat diese Beteiligung damit jeden Sinn verloren. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit werden die Gesellschafter deshalb nicht nachfinanzieren, sondern die Projektgesellschaft ungerührt in Insolvenz gehen lassen. Diese Entwicklung mit dem Endpunkt der Überschuldung und Liquidation der Betreibergesellschaft war von Anfang an Teil des Investitionskonzeptes, weshalb die Beteiligung in der Bilanz der Gesellschafter Jahr für Jahr entsprechend abgeschrieben und spätestens nach 20 Jahren wohl einfach ausgebucht wird.

Die besondere Situation bei der Windkraft mit sehr attraktiven langfristigen Einkünften aber ohne hohe eigene substantielle Vorabkosten (Investitionen) ist psychologisch gefährlich: Normalerweise kommt vor hohen Einnahmen eine längere Periode des Ansparens des Investitionsbetrags durch Konsumverzicht und danach die finanzielle Ernte mit laufenden Erlösen aus der Investition. Der oft unvermeidbare vorherige Konsumverzicht führt meist zu umsichtigen und risikobegrenzten Investitionsentscheidungen.

Durch die Verpachtung von unprofitablen (Kalamitäten) oder wenig profitablen Waldgrundstücken für WKAen verschafft sich der Waldeigentümer mit den Pachteinnahmen einen beeindruckend hohen 20-jährigen Einkommensstrom. Risiken scheint es bei diesem Geschäft nicht zu geben. Die Rechnung kommt aber wie dargelegt nach 20 Jahren durch die Haftung für die Rückbaukosten! Wer nicht diszipliniert einen wesentlichen Teil der Pachterlöse laufend zur Abdeckung der späteren hohen Rückbaukosten zurückgelegt hat, erlebt nach 20 Jahren ein böses Erwachen (herausfordernd bleibt auch die vermögenserhaltende disziplinierte und professionelle Zwischenanlage der laufenden als Rücklagen bestimmten Pachtteilbeträge über den 20 Jahre Zyklus). Offen bleibt dennoch weiterhin, ob die geschaffenen Rücklagen auch wirklich hoch genug sind, um die tatsächlichen Rückbaukosten in voller Höhe zu decken, denn wir kennen sie erst, wenn sie real weit in der Zukunft fällig werden.

Da die Haftung des Eigentümers betragsmäßig unbegrenzt ist, droht dem Waldeigentümer auch in der Rolle des Verpächters tatsächlich ein finanzieller GAU!

7. „Rettungsmöglichkeiten“
Eine „Brandmauer“ zwischen den betreffenden Grundstücken und dem Eigentümer könnte sich anbieten. Man könnte daran denken, diese Flurstücke aus dem Grundbuch herauszunehmen und zum Beispiel in eine GmbH & Co KG einzubringen. Diese könnte wie die Projektgesellschaft des Betreibers nach dem Ende der Einspeisevergütungen in Insolvenz gehen, ohne dass dies den Waldeigentümer haftungsmäßig belasten würde.

Man muss jedoch wohl davon ausgehen, dass der Staat eingreifen wird, wenn dieses Beispiel Schule machen würde. Es würde ja gerade dazu führen, dass für die Wassergewinnung schädliche dauerhafte Bodenversiegelungen ausgerechnet in den für das Wasser so besonders wichtigen Wäldern zunehmen würden. Das wollte der Gesetzgeber aber gerade mit dem Rückbaugebot in § 35 BBauG verhindern. Als Gegenmaßnahme des Staates könnte in § 35 BBauG ein Satz eingefügt werden, der als Vorbedingung für die Baugenehmigung eine Veräußerungssperre im Grundbuch der entsprechenden Grundstücke für die Dauer des Windkraftprojekts fordert.

Wegen des Verbots der Rückwirkung könnte eine solche Grundbuchsperre als Bedingung für die Baugenehmigung wohl nur für zukünftige Projekte in Frage kommen. Bei realisierten laufenden Windkraftprojekten sollte eine dauerhafte „Brandmauer“ wahrscheinlich möglich sein…

Auf jeden Fall wäre eine „Brandmauer“ dieser oder ähnlicher Art aber aufwendig umzusetzen und hätte ein völlig unübersichtliches Grundbuch des Forstbetriebs mit vielen Kleinstparzellen zur Folge.

Zusätzliche Ausführungen:

Zu 3.:
Sicherheit des Weiterbestands des EEG
Es ist definitiv nicht auszuschließen, dass es im Rahmen einer „Politikwende“ nach einer Bundestagswahl eine parlamentarische Mehrheit für die Beseitigung des EEG (des zentralen Gesetzes der deutschen Klimapolitik) geben wird. Derzeit spricht viel dafür, dass es schon 2025 einen Machtwechsel geben könnte. Vorstellbar ist natürlich auch, dass ein zuständiges Gericht das EEG zum Beispiel wegen Unwirksamkeit der deutschen Klimapolitik in Bezug auf das globale Klima aufheben wird.

Bei einer Veranstaltung in München vor ein paar Jahren wurde erörtert, ob es bei einer Aufhebung des EEG durch den Gesetzgeber oder ein Gericht einen verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz zu Gunsten von Investoren geben würde. Dabei bestritt ein kompetenter Verfassungsjurist einen solchen Vertrauensschutz. Sein überzeugendes Argument war, dass es jedem vernünftigen und informierten Menschen klar sein müsste, dass die Energieversorgung eines Industrielandes niemals ausschließlich mit unstetem Wind und Sonne gewährleistet werden kann. Auch habe Deutschland mit seinem minimalen CO2-Anteil von unter 2 Prozent an den globalen CO2-Emissionen im Alleingang ohne Abstimmung mit den wirklich großen CO2-Emittenten wie China, USA und Indien mit seiner Umstellung der Energieerzeugung auf Sonne und Wind keinerlei Einfluss auf das Weltklima. Die in vielerlei Aspekten sehr problematische deutsche Windenergiepolitik ist deshalb ungeeignet, den Klimawandel positiv zu beeinflussen. Sie ist zerstörerisch ohne erkennbaren Nutzen. Ein klassischer Fall von fehlerhafter Abwägung von Vor- und Nachteilen eines Gesetzesvorhaben, was zur Verfassungswidrigkeit des EEG führt. Wer trotz dieser deutlich erkennbaren und rational nicht bezweifelbaren Tatsachen im Vertrauen darauf investiert, dass wegen der Existenz des EEG kein Risiko bei Investitionen in die Windkraft bestünde, handele leichtfertig und verdiene deshalb keinen rechtlichen Investitionsschutz.

Es besteht deshalb kein Zweifel, dass die so attraktiv erscheinenden Investitionen in die Windkraft rechtlich und damit finanziell tatsächlich hoch risikoreich sind, weil der Bestand des EEG, eines Gesetzes, das die rechtliche und wirtschaftliche Grundlage für die Windkraft in Deutschland bildet, keinesfalls gesichert ist.

Zu 6.:
Der Grundstückseigentümer haftet laut Bundes-Baugesetz für die Kosten des Rückbaus einer Windkraftanlage, wenn der Pächter seines Grundstücks ausfällt.

Wie oben dargestellt wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Betreibergesellschaft nach etwa 20 Jahren durch Insolvenz aufgelöst werden. Damit ist der Grundstückseigentümer als „Zustandsstörer“ zum Rückbau auf seine Kosten verpflichtet.

Bleibt für den Waldeigentümer nur noch die in der Baugenehmigung verlangte Bankbürgschaft zur Deckung der Rückbaukosten, um einen finanziellen Großschaden zu vermeiden. Begrenzt diese aber wirksam die Risiken der Waldeigentümer?

Vor einigen Jahren wurden von den Genehmigungsbehörden für die notwendige Baugenehmigung Rückbaubankbürgschaften in Höhe von 140.000 Euro als angemessen verlangt. Wegen der heute höher geschätzten zukünftigen Inflationsentwicklung und den mit dem Größenwachstum der Anlagen verbundenen generell höheren Rückbaukosten moderner Großanlagen liegen die heute für die Baugenehmigung geforderten Bürgschaftsbeträge weit darüber (mir wurden von Bankseite 400.000 Euro für derzeit übliche große WKAen genannt).

Generell sichert die Bank vertraglich ihr Bürgschaftsrisiko mit einem entsprechenden Einbehalt von Guthaben sowie der Vorabverpfändung der zukünftigen Einspeisevergütungen ab. Faktisch sichert die Bank ihr Bürgschaftsrisiko zu 100 Prozent ab.

Während die Bank ihr Risiko voll abdeckt, bleibt der Waldeigentümer im vollen Risiko hinsichtlich der Rückbaukosten, sollte der Betreiber insolvent werden und die Bankbürgschaft betragsmäßig nicht ausreichen.

Es stellt sich natürlich die Frage, wie hoch dieses Risiko hinsichtlich der

1. Eintrittswahrscheinlichkeit und der
2. finanziellen Dimension eines eventuellen Schadens bei Insolvenz der Betreiberin ist.

Die Eintrittswahrscheinlichkeit hängt ausschließlich davon ab, ob die Höhe der Bankbürgschaft ausreicht, die Kosten des Rückbaus in 20 Jahren abzudecken, da im Fall einer sicher anzunehmenden Insolvenz des Betreibers nach Ende der Einspeisevergütungen außer dem Waldeigentümer niemand dazu verpflichtet ist oder ein finanzielles Interesse daran hat, die Anlagen auf eigene Kosten zurückzubauen.

Deshalb ist der Waldeigentümer gezwungen, im Rahmen seiner grundsätzlichen Entscheidung, ob er WKAs in seinem Wald haben will, zu schätzen, wie hoch in 20 und mehr Jahren (!) die Rückbaukosten einerseits und der Restwert der Anlagen andererseits sein werden. Diese Rückbaukosten reduziert um Verwertungserlöse muss er dann mit der Höhe der Rückbaubankbürgschaft vergleichen.
Rückbaukosten in 20 Jahren schätzen? Ein schlechthin unmögliches Unterfangen bei einem so langen Prognosezeitrahmen! Wer kann auch nur eine vage faktenbasierte Vorstellung davon haben, wie hoch die Rückbaukosten und des Restwertes der Anlagen in 20 Jahren tatsächlich sein werden?

Im Immobilienbereich gibt es langfristige Finanzierungen und bewährte Verfahren, langfristige Risiken abzuschätzen. Die Prognoserisiken sind jedoch bei Immobilienkrediten ungleich geringer als bei der Windkraft. Immobile Wirtschaftsgüter sind mit der allgemein geteilten Annahme gesegnet, dass Immobilien langfristig im Wert steigen werden (wenigstens meistens), sodass sich mit dem Zeitablauf das Kreditrisiko für die Bank durch den normalen langfristigen Wertzuwachs von Immobilien üblicherweise automatisch reduziert. WKAen hingegen verlieren über die Zeitläufe an Wert, da während ihres 20-Jahre-Lebenszyklus die potentielle zukünftige Stromproduktion jedes Jahr um ein Zwanzigstel des Ausgangswertes schrumpft und sich der Zeitwert der Anlage dadurch entsprechend laufend automatisch vermindert. Die mit dem Alter steigende Reparaturanfälligkeit der WKAen verringert ihren Wert darüber hinaus in der späteren Lebensphase der Anlagen Jahr für Jahr. Im Gegensatz zu einer Immobilienfinanzierung schrumpft das WKA-Risiko des Waldeigentümers also nicht über den Zeitablauf, sondern es wächst von Jahr zu Jahr und erreicht den Höhepunkt mit der Stilllegung der Anlage!

Die Eintrittswahrscheinlichkeit des Risikos, dass die Rückbaukosten beim Eigentümer des Waldes bleiben werden, kann über so lange Zeiträume einfach nicht rational quantifiziert werden. Da die Politik wie dargestellt ein starkes Motiv hat, aus Kostengründen die Beträge für die teuren Sicherheitsleistungen zu minimieren, kann man den in den Rückbaubürgschaftsbeträgen von derzeit 400.000 Euro pro WKA implizit über 20 Jahre projizierten Schätzungen für Rückbaukosten in gleicher Höhe absolut nicht trauen: Die Rückbaubankbürgschaften sind um Dimensionen zu niedrig, um die in 20 Jahren tatsächlich anfallenden Rückbaukosten abzudecken.

Es gibt nicht viele Quellen, die die zu erwartende Höhe der Rückbaukosten nachvollziehbar beziffern. Eine vertrauenserweckende Schätzung findet man in der Antwort auf eine Anfrage eines Mitgliedes des saarländischen Landtags vom 09.09. 2019.

In diesem Dokument aus dem Jahr 2019 wurde versucht, die Rückbaukosten für eine moderne WKA zu schätzen. Aber nur der Anlage, nicht die Kosten der Beseitigung der Bodenversiegelungen! Die Kosten des Anlagenrückbaus werden brutto nach Abzug von Verwertungserlösen auf ca. 600.000 Euro Stand 2019 berechnet. Prognostiziert auf das Jahr 2039 und unterstellt Kostensteigerungen von nur 3,0 Prozent p.a. werden die Kosten allein für den Rückbau der Anlage auf etwa 1,2 Millionen Euro, also dreimal so hoch wie die derzeit verlangte Sicherheitsleistungen für den gesamten Rückbau von Anlage und Bodenversiegelung geschätzt.

Noch ungleich viel höher als die für den Rückbau der WKA werden die Kosten für den Rückbau der Straßen und Kranflächen sein. Meist kilometerlange, großzügige (4 Meter breite Fahrbahn plus zweimal 50 cm Bankett) bis zu 1,20 Meter tief schwerlastfähig ausgebaute Straßen müssen vollständig ausgekoffert und mit Original-Waldboden verfüllt werden (im oben erwähnten Dokument wird festgestellt, dass bei der Rückverfüllung von Bodenversiegelungen „Original-Waldboden eingebaut werden müsse, mit Substraten angereicherter Boden aus Kompostieranlagen wäre nicht zulässig“). Wenn der Waldeigentümer beim Bau der Straßen nicht sichergestellt hat, dass sein ausgehobener Boden vollständig für die Rückverfüllung gelagert wird, steht er vor dem riesigen Problem, wo große Mengen von Waldboden überhaupt käuflich erworben werden kann. Die Kosten für Waldboden werden sicher astronomisch sein.

Offen bleibt dabei, ob die Forderung nach Waldboden in der Realität auch immer von den Behörden durchgesetzt wird. Falls nicht, wäre dies aber ein rechtswidriger Gesetzesvollzug. Ich persönlich kenne jedenfalls einen Fall, bei dem die zuständige Behörde den Einbau von Ackerboden für die Verfüllung von sturmbedingten Wurzeltellerlöchern wegen anderer mikrobiologischer Eigenschaft tatsächlich verboten hat.

Bei konservativer Risikoeinschätzung wäre der Waldeigentümer sicherlich gut beraten, von der Pflicht zur Verfüllung mit Original-Waldboden auszugehen und nicht auf einen rechtswidrigen Gesetzesvollzug zu hoffen.

Einige Waldeigentümer teilten mit, sie können die großzügigen Straßen und befestigten Flächen ja gut für die Waldbewirtschaftung brauchen. Sie verzichten deshalb auf die gesetzlich geforderte Entfernung der Bodenversiegelung. Das Gesetz verlangt die Entfernung der Bodenversiegelungen aber aus grundsätzlichen ökologischen Gründen, weshalb es nicht im Ermessen des Waldeigentümers liegt, ob diese tatsächlich entfernt werden: Der Wald ist ein wichtiger Filter und ein wesentlicher Speicher für das Grundwasser. Bodenversiegelungen beeinträchtigen diese beiden für die Gesellschaft kritisch wichtigen Funktionen des Waldes. Ihre Beseitigung kann deshalb nicht im persönlichen Ermessen des Waldeigentümers liegen.

Das Volumen des auszukoffernden Straßenmaterials und die Menge des einzubauenden Bodens sind meist gewaltig. Damit ist bei vernünftiger Analyse der Situation klar: Die Kosten für den Rückbau von Straßen und befestigten Flächen werden mit Sicherheit – auch abgesehen von der Frage, ob Verfüllmaterial Waldboden oder nicht – enorm sein, wenn auch derzeit nicht zu quantifizieren.

Das Ausmaß der Unterdeckung der staatlich geforderten Sicherheitsleistungen ist bei genauerer Analyse schlechthin so atemberaubend, dass man nicht mehr von Eintrittswahrscheinlichkeit des Risikos des Waldeigentümers für enorm hohe Rückbaukosten sprechen kann, sondern von Sicherheit des Eintritts.

Die potentielle finanzielle Dimension des Schadens für den Waldeigentümer bei einem Risikoeintritt (= Insolvenz des Betreibers) ist bei Unterschrift des Pachtvertrags nicht rational einzuschätzen. Es gilt zweifellos: Niemand ist in der Lage vorherzusehen, wie hoch in 20 Jahren die Kosten des Rückbaus und der Restwert der Anlagen tatsächlich sein werden. Wie schon oben bei der Diskussion der Eintrittswahrscheinlichkeit dargelegt: Die Haftung für heute nicht quantifizierbare aber mit Sicherheit enorm hohe Rückbaukosten könnte leicht den finanziellen Ruin für den Waldeigentümer bedeuten.

Wichtig ist dabei auch zu verstehen, dass sich bei dieser Situation ein Schereneffekt zu Lasten des Grundstückseigentümers entwickelt: Die Rückbaubankbürgschaft ist ein bedingter Nominalanspruch des Waldeigentümers gegen die Bank. Das heißt, dieser Anspruch unterliegt bis zur Inanspruchnahme der Bürgschaft der Wertminderung durch Inflation. Es ist durchaus denkbar, dass nach 20 Jahren bei Inanspruchnahme der Bürgschaft der Realwert dann bei Null liegt, da die Inflation jedes Jahres auf dem Sockel aller vorherigen Jahrespreissteigerungen aufsetzt und ein so langer Zeitrahmen von 20 Jahren eine hohe Dynamik bei der inflationären Steigerung bewirkt („Zinseszins-Effekt“).

Die Kosten für die Erfüllung der Verpflichtung des Grundstückeigentümers zum Rückbau sind jedoch Realkosten. Sie steigen mit der Inflation und werden deshalb wegen der zu erwartenden Inflation in 20 langen Jahren mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit weit über dem inflationär über 20 Jahre reduzierten nominalen Betrag der Bankbürgschaft liegen. Die Schadensdimension bei der fast sicheren Insolvenz des Betreibers und gleichzeitiger inflationärer Aushöhlung des nominalen Rückbaubürgschaftsanspruchs gegen die Bank und inflationärer Steigerung der Rückbaukosten können wahrlich atemberaubend werden. Sie hat zweifellos das Potential, wenn nicht sogar die sehr große Wahrscheinlichkeit, den Waldeigentümer finanziell zu ruinieren.

Nicht die Ratio wirkt bei der Einschätzung des Risikos, ob Kosten des Rückbaus und wenn in welcher Höhe letztendlich vom Waldeigentümer zu tragen sind, sondern nur ein offensichtlich sehr fehleranfälliges Gefühl hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung der Höhe von bestimmten mit dem Rückbau verbundenen Preisen und Kosten über 20 Jahre. Vielleicht spielt auch die real sicherlich unbegründete Hoffnung mit, der Staat werde die Waldeigentümer in einer solchen Situation nicht hängen lassen, eine Rolle. Und dieses unzuverlässliche vage Gefühl – vielmals wohl auch genährt von intensivem Wunschdenken – entscheidet in einem meist unstrukturierten Prozess letztendlich, ob zukünftig WKAen in dem Wald des Eigentümers stehen werden!! Die Dimension der potentiellen Schadenhöhe durch Errichtung und Betrieb von WKAen auch in der Pachtvariante sind dabei jedoch wahrlich atemberaubend und können sich leicht, wenn nicht sogar hochwahrscheinlich zu einem finanziellen Desaster entwickeln.

Umso mehr verwundert, dass WKAen einerseits bei vielen Waldeigentümern und ihren Verbänden äußerst populär sind, ohne dass andererseits die damit verbundenen unter Umständen katastrophalen Risiken vertiefend diskutiert werden und ohne dass die Entscheidungen in einem angemessen qualifizierten Prozess unter Beachtung aller wesentlichen Gesichtspunkte (vor allem der Dimension der Rückbaukosten) getroffen werden.

Wahrscheinlich gilt auch hier die Berufserfahrung krediterfahrener Banker: Gier macht blind.

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