Der Verband des Deutschen Blumen-, Groß- und Importhandels (BGI) mag nicht der größte und bedeutendste Interessenverband hierzulande sein, doch auch seine Stimme hat Gewicht, wenn es um die Beschreibung der Lage auf den Straßen geht. Konkret: wie die Branche unter der erneuten Erhöhung der LKW-Maut leidet.
„Der Blumen- und Pflanzengroßhandel muss seine Produkte auf der Straße transportieren; eine Verlagerung auf andere Verkehrswege ist zurzeit keine Option“, beginnt die Pressemitteilung vom 11. Dezember 2023. So sei unter anderem aufgrund der verderblichen, empfindlichen Produkte und fehlender Infrastruktur ein Umstieg auf die Bahn illusorisch. Besonders bedrohlich für die Branche hält der Verband die LKW-Maut durch die sogenannte CO2-Komponente mit 200 Euro pro Tonne.
Die Zweckbindung der Maut entfällt
Es wirkt grotesk. Durch die Erhöhung möchte die Bundesregierung Anreize schaffen, den Güterverkehr zu nutzen, da er im Vergleich günstiger wird bzw. weniger teuer. Mindestens für den BGI ist dies jedoch keine Option. Hinzu kommt die Erhöhung des CO2-Preises auf Benzin und Diesel im Januar 2024, was einer Doppelbesteuerung gleichkommt.
Vor allem aber entfällt mit dem 1. Dezember 2023 die Zweckbindung der Maut. Vorher war es so, dass die Einnahmen vor allem für Straßen und Brücken ausgegeben werden, was keine schlechte Idee ist, angesichts der Tatsache, dass ein Drittel aller Straßen in Deutschland Mängel aufweisen.
Doch das ändert sich. In einer Pressemitteilung der Bundesregierung vom 14. Juni 2023 heißt es: „Die Verwendung der Mauteinnahmen wird neu geregelt. Die Mauteinnahmen sind zweckgebunden für die Verbesserung der Bundesfernstraßen-Infrastruktur sowie für Maßnahmen im Mobilitätsbereich zu verwenden – mit Schwerpunkt auf den Bundesschienenwegen.“
Die Maut wird auf den Verbraucher abgewälzt
Unternehmen zahlen also immer mehr für die Benutzung maroder Straßen, die im Zweifel gar nicht wiederhergestellt werden. Die Bahn kann nur teilweise Ersatz bieten. Angesichts der Unsicherheit immer wiederkehrender und rechtlich fragwürdiger Streiks kann die Deutsche Bahn kaum eine Alternative für alle Unternehmen bieten. Anders gesagt: So manch ein Betrieb zahlt eine Gebühr, ohne eine Leistung dafür zu erhalten.
Daher ist die Sorge der Logistikbranche nur folgerichtig. Neben ihren Unternehmen werden vor allem die Verbraucher die Mehrkosten am Ende zahlen. „Je nach Länge des Monats und der Einsatztage kostet uns das pro Monat zwischen 250.000 und 300.000 Euro mehr, die wir natürlich auf die Kunden umlegen müssen, da das von der Firma nicht tragbar ist“, sagte der Geschäftsführer von TUH Logistics, Steffen Heuschkel, gegenüber dem MDR.
Detlef Müller ist Bundestagsabgeordneter der SPD und sieht das ähnlich. Die Kosten für die Maut müssen am Ende de Endverbraucher tragen, sagt der Chemnitzer: „Klar ist, dass die Produkte teurer werden. In jedem Produkt, von der Zahnpasta bis zur Maschine, stecken Transportkosten.“ Trotzdem hat die Ampel das Gesetz beschlossen.
Auch Camper könnten zur Kasse gebeten werden
Neben einzelnen Spediteuren kritisiert auch der Branchenverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) die Pläne. Vorstandssprecher Prof. Dirk Engelhardt warnte laut Tagesschau bereits früher, dass die Mauterhöhung – aufgrund der niedrigen Margen der Unternehmen – eins zu eins durchgereicht werde. Für einen Vier-Personen-Haushalt rechnete der Hochschullehrer mit Mehrkosten von 350 bis 400 Euro im Jahr.
Doch bei der reinen Erhöhung für den LKW bleibt es nicht. Ab Juli 2024 soll die Maut auch für 3,5-Tonner gelten. Hierbei müssen die Fahrzeuge mit Onboard Units (OBU) ausgestattet werden. OBU ist ein System der Firma Toll Collect, das die Mautgebühren automatisiert berechnen soll. Je nach Unternehmensgröße fallen Kosten von 10.000 Euro bis hin zu mehreren Millionen Euro an.
Auch für den einen oder anderen Camper könnte sich ab Juli nächsten Jahres einiges ändern. Zwar sind viele Fahrzeuge von der Maut befreit, dennoch ist Vorsicht geboten: Die Wohnmobile müssen von außen eindeutig als Wohnmobil erkennbar sein. Was das genau heißt, erklärt der ADAC: „Keine Mautpflicht gibt es generell laut Bundesamt für Logistik und Mobilität (BALM) für Fahrzeuge, die mit Wohneinrichtung (u.a. Toilette, Dusche, Betten, Kochgelegenheit, Wohnraum) dauerhaft und fest ausgestattet wurden und die ausschließlich der Personenbeförderung und nicht dem Transport von Gütern dienen. Dies gilt auch für LKW mit Kofferaufbau, die nachträglich dauerhaft zum Wohnmobil umgestaltet wurden.“
Gift für die deutsche Wirtschaft
Kompliziert wird es bei Wohnmobilen mit Ladebereich, zum Beispiel Pferdeabteil, Heckgarage oder Transportanhänger. Hier muss der Wohnbereich mindestens 50 Prozent der Nutzfläche betragen, und sie dürfen ausschließlich für private Fahrten verwendet werden. Wie dies kontrolliert wird, lässt der Gesetzgeber offen. Camper dürfen sich wohl auf deutschen Autobahnen auf einige unangenehme Gespräche mit der Polizei gefasst machen.
Wie viele Campingfahrzeuge also tatsächlich betroffen sein werden, ist derzeit auch bei den Fachleuten unklar: „Das wissen wir nicht genau“, sagt ADAC-Experte Zöllner. Es gebe etliche Fahrzeuge auf LKW- oder Omnibus-Chassis, „die auf den ersten Blick von außen nicht eindeutig wie ein Wohnmobil aussehen“.
Ob 3,5 oder 40 Tonnen. Bis ins Jahr 2027 wird die Maut schrittweise erhöht. In Zeiten hoher Rezession in Verbindung mit einer hohen Inflation ist diese Maßnahme Gift für die deutsche Wirtschaft und damit auch eine Gefahr für den Wohlstand. Denn es gibt keinen Wohlstand ohne ökonomische Prosperität. Wenn diese Regierung nicht bald abgelöst wird, verliert das Land beides.