Tichys Einblick
Geschichten aus dem Lockdown

Wer tröstet Kinder, denen man das Rodeln verbietet?

Ein Kind freut sich aufs Rodeln. Doch dann kommen die Beamten. Aus unserer Reihe "Geschichten aus dem Lockdown" heute die Erlebnisse einer Großmutter. Schicken Sie uns auch weiter Ihre persönlichen Geschichten und Erfahrungen.

picture alliance/dpa | Uwe Zucchi

Meine Enkelin wünschte sich zu Weihnachten Schnee! Sie kannte den Schnee nur aus Märchen, von der Eiskönigin und aus dem Liedertext „Schneeflöckchen Weißröckchen, wann kommst Du geschneit!“

„Der Weihnachtsmann kommt mit dem Schlitten“ hatte man ihr erzählt!

Und endlich – einige Tage nach Silvester fiel der erste Schnee! Sie hüpfte fröhlich durch den Garten, fing die ersten Schneeflocken mit ihren kleinen Händchen auf,  ließ einige auf ihrer Zunge zerschmelzen und tanzte mit den dicken weißen Flocken auf dem zarten weiß überzogenen Rasen, versunken in ihrer Zauberwelt!

Nun sehnte sie den Tag herbei, bis endlich die Hänge und Hügel in der umliegenden Gegend mit genug Schnee überzogen waren, und konnte es kaum erwarten, bis sie endlich mit Omi zum Rodeln mit ihrem neuen Schlitten aufbrechen durfte.

Liebe Leser
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Wir rodelten ein, zwei, drei mal den Hang hinunter, kletterten wieder hinauf und wiederholten unentwegt den Spaß, der im Moment das größte High Light an Abwechslung zum trüben Alltag nach langem Verzicht auf Sport, Ballett, Reiten, Kindergeburtstage, Freunde treffen, Spielplatz und Kita darstellte!

Einen Augenblick schienen die fröhlichen Kinderaugen, das Lachen und Jauchzen, die ausgelassenen Kinderstimmen, das Trauma der letzten Wochen vergessen gemacht zu haben!

Am darauffolgenden Wochenende brachen die Eltern meiner Enkelin erneut auf, um mit ihr in der frischen Winterluft auf glitzernden weißen Hängen das Rodeln zu genießen! Einen Augenblick Freiheit, Freude – zurück ins normale Leben mit der Familie genießen!

Doch die Vorfreude nahm ein jähes Ende, als Flatterbänder, Verbotsschilder und Ordnungsbeamte den Zugang zu sämtlichen weiß verschneiten Hängen versperrten und Eltern mit ihren Kindern zurück nach Hause geschickt wurden.

Ratlose Eltern, die ihre Kinder kaum trösten konnten, denn Schnee gibt es vermutlich in einigen Wochen nicht mehr und am Vortag war von einem Verbot noch keine Rede gewesen.

Rodlerbekämpfung?
Weiße Pracht: Polizei im Einsatz gegen das Schneevergnügen
Ich frage mich, was in den Menschen vorgeht, die derartige (aus meiner Sicht) völlig unsinnige Verbote aussprechen, Kindern jegliche Freude nehmen und jeden Spaß verbieten. Ich frage mich, ob sie es aus blindem Gehorsam oder aus Überzeugung tun, und ich frage mich, wie sie sich beim Ausüben solcher sinnlosen Verbote fühlen. 

Mit Pandemie jedenfalls lassen sich diese völlig überzogenen Anordnungen nicht rechtfertigen! Mit Schutz der Bevölkerung haben sie ebenfalls nichts zu tun! Wo gibt es Studien über die Ansteckungsgefahren von Kindern, die zu zweit auf ihrem Schlitten mit Abstand zu anderen Kindern den Berg herunterrodeln? Wo ist belegt, dass beim Aussteigen auf dem Parkplatz und dem Weg zum Rodelberg von Kindern und ihren Eltern eine Gefahr ausgeht? Und wer therapiert diese Schuldgefühle aus unseren Kindern später wieder heraus? Auch mit einer angeblichen, flächendeckenden Schneebruchgefahr lassen sich diese Anordnungen nicht rechtfertigen!

Ich mache mir große Sorgen um das Wohl und um den Schutz unserer Kinder, die gerade in dieser Zeit unter ungeheuren Verboten und kinderfeindlichen rigorosen Maßnahmen zu leiden haben, und ich fürchte, wir werden mit den Folgeschäden unserer traumatisierten Kinder noch lange Zeit zu tun haben!

Der Name der Leserin ist der Redaktion bekannt


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