Am Montag nach der Bundestagswahl konnte man im Hamburger Abendblatt – der Titel auf der ersten Seite lautete „Das Wahl-Beben“ – ein paar sehr interessante Politiker-Aussagen entdecken.
Wie sicherlich bekannt, hat die SPD in Hamburg am Wahlsonntag das schlechteste Ergebnis seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland eingefahren. Die stolze SPD kam auf 23,5 Prozent der Zweitstimmen. Ihre Politiker freuten sich aber sehr darüber, immerhin 5 der 6 Direktmandate gewonnen zu haben.
In einem Interview der Zeitung wurde Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz ob der Tatsache, dass die CDU bei den Zweitstimmen vor der SPD liegt, gefragt: „Ist dieses Zwischenzeugnis für Ihren Senat von Nachwirkungen des G20-Gipfels geprägt?“.
Politiker Scholz antwortete: „Nein. Die Wählerinnen und Wähler sind so klug, zwischen Wahlen zum Bundestag und zur Bürgerschaft klar zu unterscheiden“.
Wenn mich mein Gehör nicht sehr täuschte, dann musste sich der Nachrichtensprecher von Radio Hamburg, der über dieses Interview eines Morgens berichtete, das Lachen beim Verlesen dieser Aussage verkneifen.
Ich bin damals nach dem G20-Gipfel am Sonntag in die Schanze und nach Altona gefahren, um einen Eindruck von den Zerstörungen zu gewinnen. Im Schanzenviertel hatten Anwohner eine Leine angebracht, um dort Zettel mit Ihren Meinungen und Ansichten anzuhängen. Zwei davon möchte ich hier beispielhaft wiedergeben:
Glaubt Herr Scholz wirklich, dass diese Bürger am Wahlsonntag zwischen Bürgerschaft und Bundestag unterschieden haben?
Schnitt – Wechsel nach Nebenan
Im Wahlkreis 8 „Segeberg – Stormarn-Mitte“ (Schleswig-Holstein) hat der SPD-Kandidat Alexander Wagner klar gegen Gero Storjohann von der CDU verloren. Bei den Erststimmen unterlag er mit 27,3% zu 41,1%. Bei den Zweistimmen verlor die SPD dort mit 22,4% gegenüber 34,6% bei der CDU.
Auch Politiker Wagner hat sich im Hamburger Abendblatt zum Wahlausgang geäußert. Er sei stolz auf den Wahlkampf der SPD sowie den eigenen und fügt hinzu „Wir haben die richtigen Themen gesetzt … und die Probleme Deutschlands korrekt angesprochen“.
Mir fällt dazu diese Analogie ein:
Ein Geschäftsführer verkündet und kommentiert die Insolvenz seiner Firma mit den Worten: „Wir hatten richtig gute Produkte, nur die Kunden haben sie leider nicht gekauft. Es ist uns nicht gelungen, die Vorteile unserer Produkte herauszustellen.”
Ich habe hier nur zwei treffende Beispiele für Politiker bei der SPD herausgegriffen. Bei Frau Merkel und Teilen der CDU ist genau diese Einstellung ebenfalls zu erkennen.
Bezüglich der AfD wird bei den schon länger etablierten Parteien zwischen dem „Bodensatz“ an Wählern und den Personen unterschieden, die man wieder zurückgewinnen möchte. Wenn man in der Vergangenheit doch eigentlich alles richtig gemacht hat, womit will man diese Wähler denn dann zurückgewinnen? Stimmt, da gibt es ja noch einen Weg: „Wir müssen unsere Positionen einfach besser erklären!“. Na dann, …
Mario Schultz hat immer die Augen offen.