Tichys Einblick
Selig sind die Nehmenden

Wem die Kirche dient – und was sie verdient

Die stattliche staatliche Finanzierung der NGOs ist in der letzten Zeit etwas ins Gerede gekommen. Die zusammengestellte Liste ist eindrucksvoll. Doch die Liste ist unvollständig. Denn die größten, mächtigsten und reichsten Zahlungsempfänger fehlen: die christlich genannten Kirchen. Von Konrad Adam

V.l.: Bischöfin Kirsten Fehrs, Ratsvorsitzende der EKD; Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch; Diakonie-Vorständin Maria Loheide, Johanna Will-Armstrong, Berlin, 20.02.2024

picture alliance / epd-bild | Christian Ditsch

Die Liste mit Adressen von Zuwendungsempfängern, die neulich von der Unions-Fraktion im Deutschen Bundestag zusammengestellt worden ist, liest sich eindrucksvoll. Doch obwohl sie die Namen von mehr als fünfhundert hochsubventionierten Kampfverbänden enthält, ist sie unvollständig. Denn die größten, mächtigsten und reichsten dieser Zahlungsempfänger, die christlich genannten Kirchen, fehlen. Als Religionsgemeinschaften genießen sie allerlei Privilegien, die von der SPD geduldet, von den Grünen ausgenutzt und von der Union verteidigt werden. Das Wichtigste davon ist das Steuerprivileg.

Die Amtskirchen unter die Subventionsempfänger zu rechnen, ist schon deshalb geboten, weil die Kirchensteuer, ein deutsches Kuriosum, von den Finanzämtern eingezogen und weitergeleitet wird. Die dreizehn bis vierzehn Milliarden, die auf diese Weise Jahr für Jahr zusammenkommen, machen allerdings nur die Hälfte dessen aus, was den Kirchen an Haushaltsmitteln zur Verfügung steht. Den Rest verbuchen sie unter Begriffen wie Spenden und Gebühren, Erträge und sonstige Einnahmen, die aber auch zum allergrößten Teil aus öffentlichen Kassen stammen. Staatlich privilegiert und subventioniert, gefördert und ausgehalten wie sie sind, verstehen sich die Amtskirchen als Eckpfeiler der Zivilgesellschaft. Und so verhalten sie sich auch.

Die Kirchen wollen, was alle wollen: mitmachen und mitreden, gehört werden, sich einbringen und was dergleichen Floskeln mehr sind. Ihr Reich ist ganz und gar von dieser Welt, nicht mehr von jener. Das verlangt Abstriche vom ursprünglichen, zweitausend Jahre alten, inzwischen heillos antiquierten Programm. Gottesdienste sind unmodern, Workshops und Soirées, Stuhlkreise und Zukunftswerkstätten sind moderner. Tatsächlich spielt der Gottesdienst, zumindest der am Sonntag, im Angebot der Kirchen nur noch eine Nebenrolle. Viel wichtiger ist ihnen die Teilhabe am Weltreich des Sozialen. Die lohnt sich nämlich, und wie!

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Diakonie und Caritas, die eine der evangelischen, die andere der katholischen Kirche zugeordnet, sind die mit Abstand größten und mächtigsten Sozialindustrien des Landes. Jede der beiden beschäftigt an die 600.000 hauptamtliche, darüber hinaus dann noch einmal genau so viele ehrenamtliche Mitarbeiter – zusammengenommen ein Riesenheer von zweieinhalb Millionen Leuten. Kommandiert wird das Ganze von den Kirchen, bezahlt aber nicht, denn die Milliarden, die der Betrieb kostet, kommen nahezu vollständig vom Staat. Damit das auch so bleibt, hüten sich die Kirchen, die Hand zu beißen, die sie so großzügig mit Geld versorgt. Einen Report über die Finanzen und die Sünden der Kirchen finden Sie in diesem Band:

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Beide Kirchen – denn diesmal machen auch die Protestanten mit – betreiben eine moderne Form des Ablasshandels. Getauscht wird Geld gegen Segen. Für die Milliarden, die sie vom Staat erhalten, bieten die Kirchen Freispruch; nicht erst im Jenseits, an das sie ja selbst nicht mehr glauben, sondern hier und heute. Bischofskonferenzen und Kirchenämter mitsamt der ihnen vor- oder nachgeordneten Laienorganisationen bestätigen der Obrigkeit, in Sachen Migration, Integration und so weiter alles richtig gemacht zu haben. Wenn es mit dem multikulturellen Zusammenleben nicht klappt, weil sich die Flüchtlinge daneben benehmen, die Gastfreundschaft missbrauchen oder Autos als Waffen benutzen, verrät das Mängel in der Praxis, kein falsches Konzept. Das Konzept handelt von Menschenrecht und Menschenwürde und kann schon deshalb nicht verkehrt sein.

Der Handel lohnt sich für beide Seiten. Die Staatsorgane sichern sich eine starke und verlässliche Claque, die Kirchen mit dem Betrieb von Flüchtlingsunterkünften und Pflegeheimen eine starke Position auf den letzten beiden Wachstumsmärkten eines sterbenden Landes. Und auch privat bringt die Geschäftsbeziehung etwas ein; auch das ist wichtig, denn mit dem Gotteslohn gibt sich kein guter Samariter mehr zufrieden. Für ihren Dienst am Nächsten werden die Präsidenten der beiden kirchlich geführten Sozialunternehmen mit Einkünften in Höhe von Rundfunk- und Fernsehintendanten belohnt, Nebenbezüge nicht mitgerechnet.

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Dafür zeigen sie sich erkenntlich. „Wer die AfD aus Überzeugung wählt, kann nicht in der Diakonie arbeiten!“, hat Rüdiger Schuch, Organisator der gut bezahlten Nächstenliebe, neulich verkündet. Und weiter: „Wer sich für die AfD einsetzt, muss gehen.“ Schuch ist modern, er hat die christliche Kardinaltugend der Nächstenliebe durch die Gewerkschaftstugend der Solidarität ersetzt – mit handfesten Folgen, denn als Kollege solidarisiert man sich ja nicht nur mit jemandem, sondern auch gegen jemanden. Der Genosse hat nicht nur Freunde, sondern auch Gegner, ja sogar Feinde. Und Feinde muss man bekämpfen.

So lange jedenfalls, wie die Führung das will. Der Führung muss man folgen, und Kirchen folgen gern. Bisher haben sie noch jedes Wendemanöver mitgemacht, auch das jüngste, die sogenannte Zeitenwende des Olaf Scholz. Den Waffengebrauch lehnen sie zwar immer noch ab, doch für den Export von Waffen haben sie Verständnis. Weitere Wenden sind zu erwarten und dürften von Kerstin Fehrs und Georg Bätzing, den Rats- und Konferenzvorsitzenden, pünktlich vollzogen werden. Was diese Kirchenfürst*innen proklamieren, klingt durchweg routiniert, vorhersehbar und langweilig – dumm wie das Salz, mit dem man nicht mehr salzen kann. Womit denn sonst?, fragen sich die Gläubigen, zucken mit den Achseln und verlassen die Kirche, fast eine Million allein im letzten Jahr. Und der Kehraus geht weiter.

Dr. Konrad Adam ist Journalist, Publizist und ehemaliger Politiker der AfD. Er war Feuilletonredakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und Chefkorrespondent und Kolumnist der Tageszeitung Die Welt in Berlin.

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