Der Wahlkampf in den Vereinigten Staaten ist in seiner heißesten Phase: gegenseitige rhetorische Spitzen, Anschuldigungen, und ein harter, aggressiver Tonfall prägen das Geschehen. Was treibt die Republicans an, zum dritten Mal in Folge mit Donald Trump anzutreten? Ist die Partei von den Trumpianern restlos gekapert? Und warum meinen die Democrats, eine drittklassige Kandidatin wie Kamala Harris ins Rennen schicken zu können? Und schließlich: Welche Auswirkungen wird die US-Wahl auf Deutschland haben?
Biden-Harris-Ära mit düsterer Bilanz
Die Bilanz der Biden-Harris-Ära ist düster. In der Innenpolitik hat das völlig übermäßig neo-keynesianistische Konjunkturprogramm zu einer exzessiven Staatsverschuldung geführt, die bei über 115 Prozent Schulden im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt ein Niveau wie zu Zeiten des Zweiten Weltkrieges erreicht und zu einem irrwitzigen Schuldendienst verpflichtet. Das kann dauerhaft nur eine schwere Hypothek ergeben, zumal Bidens aggressiver Kurs gegenüber Russland und China dazu geführt hat, dass sich Staaten zunehmend vor der Verwendung des US-Dollars winden und dadurch dessen Leitwährungsfunktion gefährden.
Rekordhohe Inflation durch die aus dem Ruder gelaufene Gelddruckerei hat zu ernsthaften wirtschaftlichen Verwerfungen geführt, bis in die Mittelschicht hinein haben die um bis zu 30 Prozent gestiegenen Lebensmittelpreise zu einer spürbaren Nivellierung der materiellen Lebensqualität geführt. Gleichzeitig sind die Immobilienpreise landesweit seit 2019 um mindestens 25 Prozent gestiegen, regional sogar noch höher. Um die harte Linke bei Stange zu halten, wurde die aggressive Politik der Geschlechter- und Rassenquoten im öffentlichen Dienst noch weiter verschärft, wobei sich die Privatwirtschaft bereits wieder von der Vergabe von Führungsposten nach Kriterien wie Abstammung und Geschlecht abwendet.
Derartige Bevorzugung von Nichtweißen und Frauen aus rein politischen Gründen statt Qualifikation führt bei gewinnorientierten Unternehmen schnell zu echten Problemen. In einem multiethnischen Land führt die Betonung solcher Kriterien zu tieferen Spannungen und zur Auflösung des Kitts, der das Land zusammenhält, was die Linke vorsätzlich in Kauf nimmt.
Außen- und innenpolitisch gescheitert
Als ob das alles nicht schon durchwachsen genug wäre, hat sich Biden in der Sicherung der Grenzen und der überfälligen Reform der Einwanderungspolitik de facto offenbar ebenfalls vom linken Flügel der Partei inspirieren lassen, der eine Politik der offenen Grenzen und Multikulturalisierung forciert, die auch in Amerika nur krachend scheitern kann, und dies obgleich der historisch weit erfolgreicheren Eingliederung von Einwanderern. Nur: Diese Integration geschah seinerzeit vor dem Hintergrund kulturell ähnlicher Herkunftsländer und ganz anderer Zahlen. Mit mittlerweile geschätzt über 20 Millionen illegalen Einwanderern im Land besteht dringender Handlungsbedarf in Sachen Abschiebung und Grenzsicherung.
Auch außenpolitisch hat Biden den Karren mit Karacho an die Wand gefahren: Nach anfänglich kopflosem Lavieren unter dem sichtlich inkompetenten Außenminister Blinken hat man sich sehr aggressiv gegenüber China positioniert, mit einer undurchsichtigen Nahostpolitik nichts zur Beilegung des dort wieder aufgekochten Konfliktes beigetragen und auch in Sachen Ukraine ganz auf Eskalation statt schnellen Frieden gesetzt.
Der mittlerweile wohl nur als Stellvertreterkrieg zu bezeichnende Konflikt in Osteuropa könnte tatsächlich schnell beigelegt werden, würde man in Washington auf eine diplomatische Lösung hinarbeiten, doch dazu war der senile Greis im Weißen Haus klar nicht willens oder in der Lage. Stattdessen dominieren die „Falken“ nicht nur im Pentagon, sondern auch im Außenministerium, wo beispielsweise Kriegstreiber wie Viktoria Nuland wieder den neo-imperialen Kurs angeben dürfen. Auch unter Inkaufnahme des Zündelns am Weltfrieden und harter Konfrontation gegenüber einer Nuklearmacht dürfte sich der Krieg in Osteuropa nicht militärisch gewinnen lassen.
Die Nominierung von Harris ist Wählerbeleidigung
Angesicht dieses von der Biden-Regierung zu verantwortenden Scherbenhaufens ausgerechnet mit der sichtlich drittklassigen Vizepräsidentin Kamala Harris anzutreten, erfordert einiges an Unverfrorenheit. Nehmen wir die beiden amerikanischen Großparteien also etwas näher unter die Lupe. Warum meinen die Democrats, ihre Wählerschaft mit einer Nullnummer wie Harris gleichsam beleidigen zu können? Wer unter den demokratischen Wahlstrategen meint ernsthaft, an die verhagelte Bilanz Bidens anknüpfen zu können? Wie ist es möglich, dass eine Quotenkandidatin, die bei der Formulierung grammatisch korrekter und inhaltlich aussagekräftiger Sätze in ihrer Muttersprache klar überfordert ist, hier zum Zuge kommt?
Die Democrats haben aus der Niederlage von 2016 fast nichts gelernt und die Biden-Amtszeit setzte im Grunde genommen die Ausrichtung und auch den Inhalt der düsteren Obama-Ära einfach fort: endlose Kriege und säbelrasselnde Außenpolitik also, welche die latent vorhandenen Spannungen, gerade mit Russland, wo Obamas Arroganz alles andere als gut ankam, anheizten statt besänftigten. Statt einen Bruch mit der neo-konservativen Außenpolitik der Bush-Regierung einzuleiten, wurde weiter Porzellan zerschlagen, zum Beispiel in Libyen.
Innenpolitisch setzte Obama, vielleicht um von seinem Versagen in Sachen Bankenregulierung und Reform der Krankenversicherungsstrukturen abzulenken, gerade in der zweiten Amtszeit zunehmend auf die brandgefährliche „Identitätspolitik“. Die neue Linke, die sich von klassischen Themen wie Sozialstaat, Arbeitsmarktregulierung und Einhegung des Kapitalismus weitgehend abgewandt hat, hat ersatzweise mit quasi-religiöser Inbrunst die Umweltpolitik und Identitätsfragen rund um Rasse, Geschlecht und sexuelle Orientierung zur neuen Obsession erkoren.
Wer mit dem Kapitalismus seinen Frieden geschlossen hat und stattdessen die hohe Lehre von den 46 Geschlechtern predigt, Schwarze und andere Minderheiten pauschal zu Opfern eines angeblichen strukturellen Rassismus deklariert, und mit Regenbogenfahnen das Weiße Haus und alle US-Botschaften beflaggt, darf sich freilich nicht wundern, wenn nicht nur die weiße, sondern zunehmend auch die schwarze Arbeiterschaft von der Flagge geht.
Die Democrats haben ihre Wählerbasis verloren
Bezeichnenderweise hatte Kandidatin Hillary Clinton fast 50 Prozent der amerikanischen Wähler ja nicht an irgendeinem beliebigen Ort als „Beklagenswerte“ bepöbelt, sondern im Rahmen einer Rede an ein Publikum aus überwiegend homosexuellen Wall Street-Bankiers. Von einer klassisch sozialdemokratischen Ausrichtung im europäischen Sinne ist man also meilenweit entfernt. Ideologisch setzen die Democrats stattdessen auf eine Art vierte Amtszeit Obamas: ein dumpfes „Weiter so!“ also. Schuldenfinanzierte populistische Geschenke für bestimmte Wählergruppen statt echter linker Re-regulierung, Keynesianismus nach dem Gießkannenprinzip und dazu die Forcierung der Identitätspolitik, also der gebetsmühlenartigen rhetorischen Postulierung der angeblichen Diskriminierung von Homosexuellen, Schwarzen, Asiaten und Latinos.
Aus der inhaltlich neu-linken Ausrichtung folgt dann auch die Nominierung von Harris, wobei die überhastete Krönung beim Parteitag in Chicago unter Auslassung der Vorwahlen die Democrats unter Umständen noch teuer zu stehen kommen könnte. Denn Kamala Harris ist zwar inkompetent, kann kaum einen englischen Satz zu Ende bringen und stammelt selbst von linken Fernsehgrößen befragt entweder hohle Phrasen oder völlig unverständliche Satzkarambolagen in das Mikrofon, aber sie symbolisiert nun mal Kontinuität, ist Frau, Halbschwarze und Halbinderin, und spricht daher die zur Verfechtung der neuen Linie mutierte amerikanische Linke flächendeckend an.
Im Umkehrschluss ist damit auch erklärbar, warum die eigentliche Kernwählerschaft der Democrats schlicht unter die Räder gerät. Ganz so wie sich die deutschen Sozialdemokraten ja weitgehend von ihrem eigentlichen Klientel verabschieden, so versuchen auch die US-Democrats aus Homosexuellen, städtischem akademischen Milieu, Schwarzen und anderen Minderheiten und unverheirateten Frauen eine unstete Koalition zusammenzuschmieden. Das amerikanische Wahlsystem, das kleine Parteien systematisch diskriminiert, zwingt Linksextremisten wie Alexandria Ocasio-Cortez, Bernie Sanders oder Elizabeth Warren, weiter in der Partei zu bleiben.
Es gilt umgekehrt aber auch: Die Democrats positionieren sich weiter nach links, mittige wie der Senator Joseph Manchin aus West Virginia sind eigentlich Ausnahmen geworden und so hat dieser ja auch jüngst der Partei den Rücken gekehrt. Kamala Harris hatte sich als Senatorin im Wahlverhalten stets am linksextremen Rand der Partei orientiert, bevor sie dann als Vizepräsidentin in jene träge Apathie verfiel, die wohl charakteristischer für sie sein dürfte.
Kompetente Kandidaten der Mitte werden übergangen
Es gäbe kompetentere Kandidaten wie den Gouverneur aus Kalifornien, Gavin Newsom oder Gretchen Whitmer aus Michigan. Allein: Beide sind weiß, Newsom noch dazu ein Mann. Inhaltlich liegen freilich beide auf ähnlicher Linie. Auch der farblose Vizekandidat aus Minnesota ist kein Mann der Mitte, sondern repräsentiert den Linksdrall der Democrats und ist linientreu in Fragen der Einwanderung, der Selbstkasteiung in Fragen der Rasse und sexuellen Identität und wohl auch in den anderen Themenbereichen.
Die Gemeinsamkeiten setzen sich fort: Wenn die auswendig gelernten Sprüche aufgesagt sind, wenn sich Widerstand regt, wenn mit Menschen diskutiert werden muss, die gerne selber denken, statt die Hand an die Hosennaht zu legen, dann verrutscht die Maske. Beide sind schließlich unangenehme, aggressiv pöbelnde Personen, die gerne geifernd ad hominem angreifen, so etwa Harris während ihres entlarvenden Fernsehduells mit Trump.
Und dennoch: Es gibt ein Wählerklientel, das bereit ist, die Inkompetenz, das hyänenähnliche Gewiehere, in das Harris statt eines natürlichen Lachens ausbricht, wenn sie sich wieder einmal rhetorisch verhaspelt hat, die inhaltliche Leere und die Lügen zur eigenen Biographie zu tolerieren und gleichwohl einer Kandidatin dieses Kalibers die Stimme zu schenken. Wie ist das nur möglich?
Inhaltliche Neuaufstellung auch bei den Republikanern
Dass Donald Trump polarisiert, darf wohl als Binse gelten, beantwortet die obige Frage aber bereits teilweise. Die Republikaner sind von Trump und seinen Anhängern erst im Handstreich, dann peu à peu übernommen, schließlich unterwandert worden. Die traditionelle Partei, die breiter aufgestellt war, aber auch mittiger, existiert also nicht mehr: Zwar gibt es Grabenkämpfe und Abstufungen, aber die Trumpianer haben ihren Einfluss zumindest auf Bundesebene und an der Spitze, aber auch in vielen der Bundesstaaten geltend gemacht.
Man könnte hinterfragen, inwiefern sich die Partei von George Bush jr. nicht ohnehin überlebt hätte: mit Forderungen nach immer neuen Kriegen, Steuersenkungen gerade im Bereich Unternehmenssteuern und nicht zuletzt auch einer konservativen Ausrichtung in der Abtreibungsfrage kombiniert mit liberaler Einwanderungspolitik ist heutzutage in den USA praktisch keine Wahl mehr zu gewinnen. Die GOP der 00er Jahre war also so oder so reformbedürftig. Dass sich das Wahlvolk in Sachen Abtreibung nach links gewandelt hat, finden die Republikaner gerade heraus; Ähnliches dürfte in Sachen Homosexuellenehe, nicht aber Transsexuellenshows in Grundschulen gelten.
Trump steht für eine inhaltliche Neuausrichtung der amerikanischen Rechten, also nicht nur für eine Rückbesinnung auf die Positionierung der Reagan-Ära, wie zuweilen konstatiert. Zur Wahl steht ein Programm, das freilich so oder ähnlich schon 2016 aufgetischt wurde: Überdenken der neo-imperialistischen Außenpolitik, allerdings unter Verfolgung eines harten Kurses gegenüber Beijing, eine konservative Einwanderungspolitik nebst Rückführung von illegalen Einwanderern, eine klar wachstumsorientierte Industrie- und Standortpolitik, ein Rückbau des Beamtenapparates auf Bundesebene und ein Abwürgen der linken Identitätspolitik.
Dass ausgerechnet der Neo-Imperialist Dick Cheney, der unter Bush jr. als Vize amtierte, eine Wahlempfehlung zugunsten von Harris abgegeben hat, muss zu denken geben.
Trump hat viel versprochen, aber wenig geliefert
Nur darf man nicht außer Acht lassen: Trump tritt im Grunde genommen zum dritten Mal im Folge mit demselben Wahlprogramm an, und die Frage muss erlaubt sein, warum er im Amt vieles nicht umgesetzt hat und sich wiederholt als Amtsinhaber erstaunlich unbeständig und ungeschickt anstellte.
Er ist alles andere als ein unbeschriebenes Blatt und die ungeordnete, etwas wabernde Art zu reden, die polemischen Spitzen gegen die Gegenseite, der ganze unkonventionelle Auftritt, den die linksgerichtete Medien- und Universitätslandschaft gerne als „populistisch“ tituliert und degradiert, kommt auch in einem Land der lauten Töne nicht unbedingt nur gut oder auch überhaupt an.
Trump will die Partei klar rechts der Mitte neu aufstellen, diesbezüglich ist auch die Wahl von Vance als Vizekandidat bezeichnend. Das kann in der derzeitigen Gemengelage deshalb erfolgreich sein, weil Biden-Harris für eine toxische Melange stehen: wirtschaftspolitisches Harikiri, außenpolitische Kriegstreiberei, ungezügelte Masseneinwanderung, linke Identitätspolitik. Nur polarisiert Trump eben als Kandidat, und seine Politik ist auch nicht unbedingt massentauglich: Vergessen wir nicht, dass er 2016 nicht die absolute Mehrheit der Stimmen auf sich vereinen konnte.
Der Tonfall im Wahlkampf ist deswegen so hart und unversöhnlich, weil sich die beiden Parteien immer weiter voneinander entfernt haben und es kaum noch Überschneidungen gibt. Die Demokraten haben sich von klassisch sozialdemokratischen Positionen wohl dauerhaft entfernt und sind daher auch für sozial Schwächere nicht mehr wählbar, da helfen auch keine undurchdachten etatistischen Forderungen von Harris nach Preisregulierungen (sic) oder Wählerbestechung in Form von Schuldenerlass der auf Pump finanzierten Studiengebühren.
Welche Folgen hat der Wahlausgang für Deutschland?
Ein Wahlsieg Harris’ dürfte für eine üble und düstere Linksorientierung Amerikas sorgen und für eine Neuauflage der endlosen Kriegstreiberei in Sachen Außenpolitik. Auch die derzeit im Niedergang befindlichen vier deutschen Linksparteien dürften Morgenluft wittern, wobei die Ampelregierung aber wohl in jedem Fall keine weitere Amtsperiode halten wird. Der Niedergang der „Linken“ und auch der SPD ist zwar vermeidbar, nur fehlt es dazu offenbar an Einsichtsvermögen seitens der Parteispitze.
Wahrscheinlicher aber ist ein Wahlsieg Trumps und das könnte auch gen Deutschland Impulse aussenden und Koordinaten verschieben. Noch immer ist die Entmerkelung der Christdemokraten überfällig. Eine konservative Partei, die mit den linksdogmatischen Grünen kungelt und paktiert, ist reformbedürftig und hat offenbar den Schuss nicht gehört. Dass man zwar in Richtung AfD eine Brandmauer konsolidieren, gleichwohl aber in den Ländern mit kommunistischen Ewiggestrigen koalieren will, die sich um die linke Demagogin Sahra Wagenknecht geschart haben, demonstriert, dass nicht nur an der Parteispitze, sondern auch auf Landesebene Personal- und Politikwechsel bei der CDU dringend anstehen.
Wer eine Partei als Koalitionspartner verschmäht, die ein Parteiprogramm vorlegt, das in weiten Teilen dem eigenen von vor 2005 ähnelt, gleichzeitig aber Ministerpräsidenten wie Hendrik Wüst in der Partei duldet, die den moslemischen Muezzinruf als Beitrag zur „Integration“ verstehen wollen, zeigt, dass er sich von jedweder Form von Konservatismus verabschiedet hat.
Ob in Fragen der Außenpolitik und Ukraine, der Masseneinwanderung, der hasadeurhaften grünen Energie- und Standortpolitik oder auch der deutschen Ausgabe der Identitätspolitik: Wenn sich die deutschen Christdemokraten an Trump orientieren und sich wieder klar rechts der Mitte statt im Fahrwasser der grünen Betonköpfe aufstellen würden, könnte das Abräumen des Merkelschen Scherbenhaufens und das Abkratzen des grünen Mehltaus endlich beginnen.
Georg Menz ist Professor für Internationale Politik an der Old Dominion University in Norfolk, Virginia, USA