Tichys Einblick
Religion ist Privatsache

Um Religionsfreiheit geht es nicht

Der Islam in Deutschland und Teilen Europas verfügt nicht nur über das Potential hitziger und unnachgiebiger Debatten auf politischer Ebene. Der Islam spaltet – thematisch – auch die Gesellschaft, bis hinein in deren Keimzelle, die Familie.

@ Ralph Orlowski/Getty Images
Die Positionen sind, makroskopisch betrachtet, wie zwei elektrisch identisch geladene Pole: Es geht nicht zusammen. Nähert man sich den Kernaussagen derer an, die im Islam eine Bedrohung der westlichen, freien Welt und deren nahendes Ende sehen, erkennt man einen ganzen Strauß an Kritik. Darauf werden wir gleich unser Augenmerk richten.
Zuvor aber einen kurzen Blick auf die Seite derer, welche im Islam eine Religion wie jede andere sehen und eine Bedrohung nicht zu erkennen vermögen – oder wollen. Hier fällt bei genauerer Betrachtung auf, dass weitaus weniger differenziert, stattdessen weitestgehend pauschalisiert wird. Die Argumentation basiert in der Regel auf dem Hinweis auf den Paragraphen 4 des Grundgesetzes, meist unter dem Begriff „Religionsfreiheit“ subsummiert. Darunter wird alles, was den Islam betrifft, als sakrosankt betrachtet. Damit entzieht man sich einer sachlichen und ergebnisoffenen Diskussion, was dem Islam sehr gelegen kommt, da eine Reformierung und Modernisierung nach wie vor nicht zu erkennen sind und damit auch nicht notwendig wird.
Aber eben diese Diskussion ist wichtig, damit unsere Gesellschaft am Ende nicht am Thema „Islam“ zerbricht. Zu viele Fragen, Befürchtungen und Gefahren schweben im Raum, als dass man sie einfach ignorieren könnte oder darf. Klären wir die Fragen nicht, wird es definitv kein Konsens geben, wird eine vielleicht teilweise mögliche Integration weiterhin nicht funktionieren. Seit der bis heute noch nicht beendeten massiven Zuwanderung von Muslimen aus dem arabischen, (nord)afrikanischen und vorderasiatischen Raum stellt sich die Frage noch weitaus intensiver. Hier sind Menschen in unsere Gesellschaft eingewandert, welche eine stark abweichende Sozialisierung und kulturelle wie religiöse Prägung erfahren haben. Diese Leute können und werden nicht einfach einen Schalter umlegen und sind dann wertkompatibel zum christlich und humanistisch geprägten Deutschland und Europa.
Die kulturellen und religiösen Konflikte sind nicht neu. Seit der Einwanderung aus der Türkei und der Migration aus dem Libanon wissen wir, dass eine Integration umfassend nicht stattgefunden hat. Dass die Religion dem entgegensteht, ist kein exklusives Merkmal des Islam. Es ist noch nicht allzu lange her, da waren Ehen zwischen Katholiken und Protestanten nicht möglich, ohne dass eine Konvertierung zum „richtigen“ Glauben erfolgte. Allerdings haben wir (nicht nur) in Deutschland diese archaischen Ressentiments überwunden, was viel Schweiß und Blut gekostet hat. Der Humanismus, die Aufklärung und ein gewisser Grad an daraus erwachsender Säkularisierung haben daran ebenfalls einen erheblichen Anteil.
Die Türkei war in der Zeit vor Erdogan eine Ausnahme als islamisches Land, da Atatürk (Mustafa Kemal) mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln die Trennung von Staat und Religion durchgesetzt hat und vor den Islam warnte. Insofern war für die ersten türkischen Migranten die Trennung zwischen Staat und Religion völlig normal. Die aktuellen Generationen dagegen sind wieder auf dem Weg ins dunkle Mittelalter, wie diverse Umfragen bzw. Studien, aktuell aus Österreich bestätigen. Die Entwicklung zu einem islamischen Gottesstaat, in dem die Religion der Politik vorgeschaltet ist, sie also dominiert und darüber hinaus das öffentliche Leben bestimmt, hat in der Türkei an Fahrt aufgenommen. Durch die staatliche Religionsbehörde (DITIB), haben Erdogan und die AKP entsprechend großen Einfluss auf die in Deutschland lebenden Türken mit und ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Besonders fatal wirkt sich hier die doppelte Staatsbürgerschaft aus, welche Erdogan einen direkten und vor allem wachsenden Einfluss auf die Wahlen in Deutschland gibt.
Die bereits erwähnte Hinwendung zu mehr „Religion“, also mehr Islam bei den jungen Leuten mit türkischem Hintergrund, kommt nicht von ungefähr. Hier ist vor allem der Einfluss der bereits erwähnten DITIB auf die über 900 allein in Deutschland bestehenden Moscheevereine hervorzuheben, wo ohne Kontrolle jeder beliebige Islam, ob fundamental, konservativ oder gar radikal vermittelt werden kann. Damit werden aktiv Integration oder Assimilation verhindert, wovon Erdogan bei Auftritten in Deutschland wiederholt abgeraten hat.
In den Moscheen wird auf Basis des Koran gelehrt, dass der Islam die einzig wahre Religion sei und all jene, die diesen Glauben nicht teilen, bekehrt werden sollen – ähnlich sah das früher auch die katholische Kirche. Nach wie vor gilt, dass eine Muslimin keinen Ungläubigen heiraten darf, dass der Mann gegenüber der Frau weisungsbefugt sei, es eine klare Trennung der familiären und gesellschaftlichen Aufgaben zwischen Mann und Frau gibt. Mit weiteren Geschlechtern hat es der Koran auch nicht sonderlich, geschweige denn mit der Homosexualität, welche nach wie vor als pervers abgelehnt wird. Auch die Freundschaft zu einem Ungläubigen gilt als haram.
Der Koran gibt den Gläubigen sogar vor, wie sie sich je nach Bevölkerungsanteil in Ländern der Ungläubigen zu verhalten haben, bis das klar vorgegebene Ziel das Haus des Friedens „Dar-es-Salaam“ erreicht ist. Laut Koran kann es nur in einer muslimischen Gesellschaft Frieden geben. Ist der Islam im Lande tonangebend, werden Ungläubige sich entsprechend anpassen müssen, im günstigsten Fall konvertieren, da sonst der Zugang zu diversen Jobs und Ämtern versperrt ist und mitunter Leib und Leben bedroht sind.
Dieses Prinzip des Islam und die daraus resultierenden Denk- und Handlungsstrukturen kann und darf man nicht verallgemeinern und allen Muslimen unterstellen. Man darf sie aber auch nicht als absurd abtun. Denn nicht die Masse gibt die Richtung vor, sondern immer eine kleine Gruppe von Protagonisten, denen die Masse folgt. In der Regel sind diese Führungspersonen nicht die entspannten und liebevollen Zeitgenossen. Denn: Religion ist Macht. Religion ist gesellschaftliche und politische Macht. Sie ist dazu geschaffen worden, um große Menschengruppen zu domestizieren und zu steuern. Eine perfekte Spielwiese zur Indoktrination und zum intellektuellen wie physischen Missbrauch.
Nein, das ist kein exklusives Merkmal des Islam. Ja, es ist aber nur noch im Islam in der heutigen Zeit in dieser Form anzutreffen. Andere Religionen haben ihre dunklen Zeiten überwunden, haben sich mit der Moderne (halbwegs) arrangiert. Der Islam ist da erst am Anfang eines langen und beschwerlichen Weges, wobei man durchaus nicht sicher sein kann, dass er ihn jemals zu gehen bereit sein wird.
Insofern ist die mittlerweile über viele Jahre immer mal wieder aufflammende Debatte darüber, ob der Islam zu Deutschland gehört, die falsche Frage, der falsche Ansatz. Denn es geht nicht darum, ob irgendeine Religion zu einem Land gehört, sondern ob diese sich problemlos in die Kultur, in den gesellschaftlichen Rahmen und natürlich auch den Rechtsstaat einfügt. Hier muss eruiert werden, wo der Islam zu unserem Rechtsstaat, unserer Kultur, unserem Lebensstil und unseren Vorstellungen einer modernen und offenen Gesellschaft passt und wo es Handlungsbedarf bei den Muslimen gibt. Wohlgemerkt bei den Muslimen, nicht bei der aufnehmenden Mehrheitsgesellschaft.
All dies ist nicht neu und wird von den Kritikern des Islam immer wieder thematisiert. Unter anderem geht es um die Scharia, welche nicht kompatibel mit unserem Rechtsstaat ist oder die Gleichberechtigung der Geschlechter, welche im Islam nicht existent ist. Zudem finden wir im Islam einen tief verwurzelten Antisemitismus, welcher gerade seit 2015 vermehrt in Deutschland Einzug gehalten hat. Diese Probleme werden bis heute nicht behandelt. In der Regel werden sie ignoriert, relativiert oder eine einsetzende Diskussion mit Diskurs-Killern wie „Islamophobie“ oder „Rassismus“ (Was hat das eigentlich Religionskritik zu tun?) abgewürgt. Doch solange wir diese Probleme nicht lösen, solange kann eine erfolgreiche Integration in unsere Gesellschaft selbst teilweise nicht stattfinden.

Die „Religionsfreiheit“ ist der Joker der Integrationsverweigerung. Dabei müsste der Fokus endlich dahingehend erweitert werden, dass der Islam eben mehr ist als nur eine „Religion“. Der Islam ist die Blaupause für ein komplettes gesellschaftliches Konstrukt, welches eine Trennung von Staat und Religion, von Legislative und Judikative nicht vorsieht. Solange insbesondere die Politik dies nicht erkennen will oder bewusst ignoriert, solange wird es keine Lösung geben. Entweder der Islam reformiert sich, oder die Fronten werden stabil bleiben und wir leben wie schon seit Jahren in Parallelgesellschaften. Konstatieren muss man, dass die Mehrheitsgesellschaft aus moralisch-ideologischen Gründen seit Jahren Stück für Stück zurückweicht und sich somit schleichend dem Islam unterwirft. Ist es das, was wir wollen?


Frank Mußhoff nennt sich ein Kind des Ruhrgebiets, ist selbständiger Unternehmer und Geschäftsführer im IT-Bereich, ehrenamtlich in der Kommunalpolitik tätig.

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