Tichys Einblick
Energiewende um jeden Preis

Stromlücke und Kostenexplosion: Der Preis für Deutschlands Ideologiepolitik

Die Energiewende in Deutschland befindet sich auf unsicherem Terrain. Der hohe Preis des Atomausstiegs belastet die Wirtschaft erheblich, während erneuerbare Energien allein keine effektive Lösung bieten können. Auch der Übergang zum Wasserstoff verläuft nicht so reibungslos wie erhofft. Von Hannes Märtin

IMAGO / Chris Emil Janßen

Der deutsche Atomausstieg hat dem Land nicht nur immense finanzielle Verluste in dreistelliger Milliardenhöhe zugefügt, sondern auch die Klimabilanz erheblich verschlechtert. Mehrere Analysen zeigen inzwischen, dass durch den Erhalt der Kernenergie bis zu 600 Milliarden Euro hätten eingespart werden können – eine Summe, die sich aus den Kosten der Energiewende, wie direkten Ausgaben zum Ausbau der erneuerbaren Energien und Subventionen, zusammensetzt.

Die Abschaltung der letzten drei Atomkraftwerke im April 2023 hat jedoch nicht nur finanzielle Schäden angerichtet, sondern auch gravierende Folgen für die Umwelt verursacht. Seitdem werden jährlich mindestens 15 Millionen Tonnen zusätzliches CO2 freigesetzt, da die fehlende Kernenergie durch verstärkte Nutzung von Kohlekraftwerken kompensiert werden muss. Der Grund dafür ist simpel: Erneuerbare Energien wie Solar- und Windkraft erweisen sich als unzureichend, um den Strombedarf des industriellen Standorts Deutschland nachhaltig zu decken, sowohl hinsichtlich Effizienz als auch Zuverlässigkeit.

Trotz variierender Schätzungen, wie sie etwa in Studien von Energy Brainpool und Agora Energiewende zu finden sind, besteht ein breiter Konsens darüber, dass der Weiterbetrieb der Kernenergie eine signifikante Reduktion der CO2-Emissionen bewirkt hätte.

Wasserstoff
Grüne Fantastereien: Das Märchen vom Wasserstoff
Genau das Gegenteil von dem, wofür die Bundesregierung eigentlich eintritt: Umwelt-und Klimaschutz. Das Vorgehen der Bundesregierung ist ein weiteres klares Indiz dafür, dass die Energie- und Wirtschaftspolitik nicht wirklich den Klimaschutzzielen dient, sondern vielmehr rein ideologische Zwecke verfolgt.

Doch auch das einstige Prestigeprojekt der grünen Wende rund um den Wasserstoff gerät zunehmend ins Wanken. Insbesondere die Versorgungssicherheit und die nationale Transportinfrastruktur zeigen erhebliche Defizite auf.

Die Versorgungssicherheit bleibt mangelhaft, da Deutschland auf den Import von bis zu 70 Prozent seines Wasserstoffs angewiesen ist. Die nationale Produktion kann den prognostizierten Bedarf von 360 bis 500 TWh bis 2045 bei Weitem nicht decken. Diese Abhängigkeit von internationalen Lieferanten schafft daher erhebliche Unsicherheiten. Insbesondere in Zeiten globaler Versorgungsengpässe, wenn exportierende Länder ihre eigenen Prioritäten setzen – und Deutschland im Ernstfall im Stich lassen.

Ein markantes Beispiel hierfür ist Norwegen: Das skandinavische Land hat kürzlich seine Pläne für den Wasserstoffexport nach Deutschland auf Eis gelegt, da die damit verbundenen Kosten für den Energieriesen Equinor schlichtweg untragbar geworden sind.

Abschwung bestätigt
Wirtschaftsminister Robert Habeck gesteht dramatischen Absturz der Wirtschaft ein
Der Konzern erklärte, dass das milliardenschwere Projekt und der Bau einer Offshore-Wasserstoffpipeline nach Deutschland aufgrund der exorbitanten Ausgaben und einer unzureichenden Nachfrage nicht länger wirtschaftlich vertretbar sei. Die Gesamtkosten für die Wasserstoff-Lieferkette wurden auf mehrere zehn Milliarden Euro geschätzt. Allein die Pipeline soll rund 3 Milliarden Euro kosten.

Ein weiteres gravierendes Problem ist das bislang nicht existierende, flächendeckende Wasserstoff-Verteilernetz. Obwohl Wasserstoff als essenzieller Baustein der Energiewende gilt, fehlt eine umfassende Infrastruktur, um ihn landesweit zu transportieren.

Zwar könnten bestehende Erdgasleitungen teilweise für den Transport von Wasserstoff verwendet werden, doch für eine flächendeckende Wasserstoffwirtschaft sind langfristig gesehen eigens dafür konzipierte Leitungen unerlässlich. Diese müssen den besonderen physikalischen Eigenschaften von Wasserstoff gerecht werden.

Geplant ist, bis 2032 ein Kernnetz von nahezu 10.000 Kilometern zu errichten, das den Wasserstoff quer durch das Land leiten soll. Derzeit beschränken sich Wasserstoffnetze nämlich auf kleinere, regionale Versorgungsstrukturen, die hauptsächlich der Industrie zugutekommen. Die geschätzten Kosten für den Aufbau des Kernnetzes belaufen sich allerdings auf gigantische 20 Milliarden Euro. Es ist bislang unklar, wie diese enorme Summe finanziert werden soll.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck verfolgt zusätzlich das Vorhaben, den Großteil der bestehenden LNG-Infrastruktur künftig für die Einspeisung von grünem Wasserstoff umzurüsten – ein Projekt, das jedoch mit erheblichen Risiken behaftet ist.

Die Umstellung der Anlagen auf den Wasserstofftransport bringt technische Gefahren mit sich, da dessen extrem niedriger Siedepunkt von -253 °C die bestehenden LNG-Infrastrukturen vor massive Herausforderungen stellt und weit über ihre derzeitigen Kapazitäten hinaus belastet.

Im Vergleich zu LNG, das bei -162 °C verflüssigt wird, erfordert Wasserstoff daher eine teure und umfassende Modifikation des Verteilernetzes als auch der Terminals.

Teure Energiewende
Standby – der Strombedarf des grünen Energiesystems
Besonders kritisch ist dabei die Notwendigkeit neuer Materialien, da Wasserstoff dazu neigt, herkömmliche Werkstoffe zu verspröden und damit erhebliche Sicherheitsrisiken schafft, für welche die derzeitigen Terminals nicht ausgelegt sind.

Hinzu kommt die hohe Entzündlichkeit und das erhebliche Explosionsrisiko von Wasserstoff, das in den ursprünglichen Planungen für die LNG-Anlagen kaum bedacht wurde.

Die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen würden erneut Milliarden an Steuergeldern erfordern, was die Frage aufwirft, ob es klug ist, solch gewaltige Summen in ein derart unsicheres und riskantes Vorhaben zu investieren.

Vor allem angesichts der unbefriedigenden Investitionsbilanz der Bundesregierung in der Wirtschafts- und Energiepolitik drängt sich die Kritik geradezu auf. Man erinnere sich nur an das Intel-Desaster in Magdeburg, rund um die mit 30 Milliarden Euro subventionierte Chipfabrik, das ins Stocken geratene Vorhaben im Bereich der E-Mobilität und das Scheitern des grünen Stahls. Die Liste der Fehlschläge ist lang – und sie steht symbolisch für das Versagen einer Wirtschaftspolitik, die weder klare Visionen noch durchdachte Strategien vorweisen kann.

Selbst wenn eine Lösung in der Verteilerfrage gefunden würde, bliebe Deutschland weiterhin abhängig von den Lieferungen anderer Länder. Der Grund dafür ist einfach: Reine Wasserstoffkraftwerke existieren hierzulande noch nicht, und deren Bau scheint in weiter Ferne. Dies liegt vor allem daran, dass es aktuell an einem verlässlichen Investitionsrahmen mangelt, der für solche Projekte unabdingbar ist.

Zudem fehlen die notwendigen Elektrolyseure, die für die Spaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff benötigt werden. Der dabei erzeugte Wasserstoff kann dann in entsprechende Kraftwerke eingespeist werden, wo er in Gasturbinen verbrannt werden könnte, um Strom zu erzeugen.

Des Weiteren erfordert die Wasserstoffproduktion durch Elektrolyse enorme Mengen an Strom. Für die Herstellung eines Kilogramms Wasserstoff sind rund 39,98 kWh Energie nötig. Dies verdeutlicht, dass ein stabiler, kontinuierlicher Stromfluss unerlässlich ist, um die Elektrolyse effizient zu betreiben – ein Bedarf, den erneuerbare Energien wie Wind- oder Solarenergie schlichtweg nicht decken können.

Wenn Deutschland in Zukunft also auf Wasserstoff setzen möchte, wird dies de facto nur mit Hilfe von verlässlichem Atomstrom realisierbar sein. Denn nur Atomkraftwerke garantieren eine konstante, wetterunabhängige Energieversorgung, unabhängig von Tageszeit oder klimatischen Bedingungen.

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